Smalltalk mit umstrittenen Saudi-Kronprinz
Ueli Maurer auf heikler Wüsten-Mission

Der Handel mit dem Erdöl-Reich wird immer wichtiger – für den Staat und Schweizer Unternehmen. Auch 2018 wurden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Saudi Arabien ausgebaut.
Publiziert: 28.10.2019 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 29.10.2019 um 10:51 Uhr
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Ueli Maurer (68) und König Salman ibn Abd al-Aziz (83).
Foto: Twitter
Noël Brühlmann, Pascal Tischhauser

Ueli Maurer (68) wollte das Treffen mit dem umstrittenen saudischen König Salman (83) und diversen Ministern so lange wie möglich geheim halten. Er hatte die Reise vor Monaten wegen anhaltender Kritik verschoben. Erst kurz vor Abflug am Freitag informierte der Bundespräsident über seine Reise in die Golfregion. Das ungewöhnliche Vorgehen überraschte auch die Aussenpolitiker, die just an diesem Tag eine Sitzung abhielten. Sie hätten berechtigte Fragen zu Maurers Reise gehabt.

Das Ziel des Besuchs, der via die Arabischen Emirate gestern nach Riad führte: die Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen mit Saudi-Arabien zu stärken. Es geht weder um humanitäre Anliegen noch um Menschenrechtsfragen. Die Beteuerung, die Schweiz spreche auch mit Diktatoren, um vermitteln zu können, greift diesmal nicht.

Es geht um Bankgeschäfte: Den Bundespräsidenten begleiten der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, Herbert J. Scheidt, und August Benz, der stellvertretende Direktor. Mit dabei sind auch zwei Grossbankenvertreter: der CEO der Credit Suisse Switzerland, Thomas Gottstein, und der UBS-Mann Ali Janoudi, Head Wealth Management Central Easter Europe, Middle East & Africa. Ebenfalls an Bord sind der CEO der Banque Cantonale de Genève, Blaise Goetschin, und Jos Dijsselhof, CEO der SIX, sowie Marc Lussi von F 10 Fintech Incubator & Accelerator.

Grosse Summen im Export

Die Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen zu Saudi-Arabien haben für die Schweiz einen hohen Stellenwert. So heisst es auf der Website des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten: «Wegen seiner Rolle in der Weltwirtschaft, der muslimischen Welt und dem Mittleren Osten ist Saudi-Arabien für die Schweiz ein wichtiger Partner.» Weiter sei das wirtschaftliche Potenzial vor allem wegen der Marktgrösse und den günstigen Investitionsbedingungen sehr hoch.

2018 betrug das Handelsvolumen mit den Saudis fast 2,9 Milliarden Franken. Damit ist der saudische Markt für die Schweizer Wirtschaft der zweitwichtigste in der Golfregion. Die Schweizer exportierten im vergangenen Jahr Waren im Wert von 1,9 Milliarden Franken in den Wüstenstaat. Das Wachstum gegenüber dem Vorjahr: 5,7 Prozent.

Schweizer wollen saudische Edelsteine

Der Import ist 2018 noch viel stärker gewachsen. Für 909 Millionen Franken kauften die Eidgenossen bei den Saudis ein! In acht von zehn Fällen waren es Edelsteine oder Bijouterie, wobei überwiegend Gold in die Schweiz geschifft wurde. Auf umgekehrtem Wege schickte die Schweiz mehrheitlich pharmazeutische Produkte, Uhren und Maschinen ins Reich des umstrittenen saudischen Königs Salman (83).

Auch der Spitzenverband der Wirtschaft, Economiesuisse, ist von der Wichtigkeit des saudischen Marktes überzeugt. «Angesichts der tiefgreifenden Gesellschafts- und Wirtschaftsreformen dürfte das Land an wirtschaftlicher Relevanz für die Schweizer Unternehmen gewinnen.» Dies gelte speziell für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), deren Bedeutung von saudischer Seite ausdrücklich betont worden sei.

Ivo Zimmermann, Sprecher der Denkfabrik Swissmem, fügt hinzu: «Saudi-Arabien ist generell ein interessanter Markt für technologisch hochstehende Produkte der Schweizer Industrie.»

Ostschweizer breiten sich in Saudi-Arabien aus

So ist der Technologiekonzern Bühler aus Uzwil SG seit über 50 Jahren im Königreich tätig. Mit seinen industriellen Mühlen hat sich das Unternehmen bei den Saudis einen Namen gemacht.

Dies gilt auch für den Guetsli-Hersteller Kägi Söhne aus dem Toggenburg oder die GK Grünenfelder AG aus Kriessern SG. Der Nutzfahrzeug-Bauer operiert schon seit den 1970er-Jahren im Wüstenstaat.

12'000 Personen arbeiteten 2017 insgesamt in Saudi-Arabien bei Schweizer Firmen. Neuere Zahlen gibt es nicht.

Auch für die Banken ist der saudische Markt lukrativ. So treiben etwa die Schweizer Schwergewichte UBS und Credit Suisse ihre Wachstumspläne in Saudi-Arabien voran. Umgekehrt funktioniert die Beziehung sowieso: Rund 200 Milliarden Franken bunkern Saudis gemäss Schätzungen in der Schweiz.

Geköpft wird mit dem Säbel

Für Empörung auf der ganzen Welt sorgte vor einem Jahr die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi († 59). Der Regimekritiker wurde im saudischen Konsulat in
Istanbul auf brutalste Weise ermordet.

Als Drahtzieher hinter dem Verbrechen wird der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (34) vermutet. Der Sohn von König Salman (83) teilte mit, als Oberhau pt die Verantwortung für die Tötung zu übernehmen.

International in der Kritik steht Saudi-Arabien auch wegen des Jemen-Kriegs. Seit 2015 kämpfen die Saudis dort gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Laut Uno sind 80 Prozent der Jemeniten auf humanitäre Hilfe angewiesen. Rund 12 Millionen Frauen und Kinder sowie Männer sind akut vom Hungertod bedroht. Uno-Generalsekretär António Guterres (70) spricht von der «weltweit schlimmsten humanitären Krise». Die Uno prangerte wiederholt Völkerrechtsverletzungen an.

Homosexuelle Handlungen werden hart bestraft

Auch Terrorismusfinanzierung wird Saudi-Arabien vorgeworfen. Anfang Jahr wollte die EU-Kommission Riad deswegen auf eine schwarze Liste setzen.

König Salman und sein Sohn sind nicht nur im Ausland für ihre Gräueltaten berüchtigt. Wer bei den Saudis etwas Falsches tut oder sagt, wird verfolgt, gefoltert oder getötet.
Die Menschenrechtslage im Land ist besorgniserregend. In nur wenigen anderen Ländern werden derart viele Menschen hingerichtet – allein 2018 fast 150. Die häufigste Hinrichtungsmethode ist Köpfen mit dem Säbel.

Auch Frauen und Mädchen haben in Saudi-Arabien kaum Rechte, werden bei Zuwiderhandlung verfolgt. Zwar dürfen Frauen seit gut einem Jahr Auto fahren, für zahlreiche andere Dinge des Alltags brauchen sie aber die Zustimmung eines männlichen Vormunds. Ausserdem besteht für sie die Schleierpflicht.

Ebenso leiden Schwule und Lesben unter der Königsfamilie. Homosexuelle Handlungen werden hart bestraft – im Extremfall mit dem Tod. - Ladina Triaca

Foto einer Anti-Todesstrafe-Demo.

Für Empörung auf der ganzen Welt sorgte vor einem Jahr die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi († 59). Der Regimekritiker wurde im saudischen Konsulat in
Istanbul auf brutalste Weise ermordet.

Als Drahtzieher hinter dem Verbrechen wird der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (34) vermutet. Der Sohn von König Salman (83) teilte mit, als Oberhau pt die Verantwortung für die Tötung zu übernehmen.

International in der Kritik steht Saudi-Arabien auch wegen des Jemen-Kriegs. Seit 2015 kämpfen die Saudis dort gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Laut Uno sind 80 Prozent der Jemeniten auf humanitäre Hilfe angewiesen. Rund 12 Millionen Frauen und Kinder sowie Männer sind akut vom Hungertod bedroht. Uno-Generalsekretär António Guterres (70) spricht von der «weltweit schlimmsten humanitären Krise». Die Uno prangerte wiederholt Völkerrechtsverletzungen an.

Homosexuelle Handlungen werden hart bestraft

Auch Terrorismusfinanzierung wird Saudi-Arabien vorgeworfen. Anfang Jahr wollte die EU-Kommission Riad deswegen auf eine schwarze Liste setzen.

König Salman und sein Sohn sind nicht nur im Ausland für ihre Gräueltaten berüchtigt. Wer bei den Saudis etwas Falsches tut oder sagt, wird verfolgt, gefoltert oder getötet.
Die Menschenrechtslage im Land ist besorgniserregend. In nur wenigen anderen Ländern werden derart viele Menschen hingerichtet – allein 2018 fast 150. Die häufigste Hinrichtungsmethode ist Köpfen mit dem Säbel.

Auch Frauen und Mädchen haben in Saudi-Arabien kaum Rechte, werden bei Zuwiderhandlung verfolgt. Zwar dürfen Frauen seit gut einem Jahr Auto fahren, für zahlreiche andere Dinge des Alltags brauchen sie aber die Zustimmung eines männlichen Vormunds. Ausserdem besteht für sie die Schleierpflicht.

Ebenso leiden Schwule und Lesben unter der Königsfamilie. Homosexuelle Handlungen werden hart bestraft – im Extremfall mit dem Tod. - Ladina Triaca

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