Das ist der «Go Star Song»
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Von Bettina Schelker:Das ist der «Go Star Song»

Schweizer Hilfe in Äthiopien – finanziert durch Velotouren
«Man muss Verrücktes tun, um Geld zu kriegen»

Chirurg Jörg «Pele» Peltzer hilft seit vielen Jahren tatkräftig im äthiopischen Gesundheitssystem mit. Ein von ihm erbautes Spital ist für das Land praktisch «kritische Infrastruktur». Gegenüber Blick erzählt er, wie es dazu kam und was seine weiteren Pläne sind.
Publiziert: 15.08.2024 um 23:55 Uhr
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Jörg Peltzer (3.v.l.) mit äthiopischen Chirurgen vor dem neuen OP-Saal im Spital Jimma.
Foto: zVg
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

«Während des äthiopischen Bürgerkriegs sah ich Menschen mit offenen Knochenbrüchen infolge Schüssen, Machetenangriffen oder auch Krokodil-Bissen – doch niemand konnte diese adäquat behandeln», erzählt Jörg «Pele» Peltzer (59).

Der Baselbieter, der heute hauptberuflich als Chefarzt am Hôpital du Jura in Delsberg (JU) wirkt, war bei einem Arbeitsaufenthalt 1999 in der Provinzstadt Metu im Südwesten des Landes praktisch der einzige Chirurg für rund zwei Millionen Menschen. Selbst in der Hauptstadt Addis Abeba gab es bestenfalls Gips und etwas Desinfektion, aber sonst nichts. «Da konnte keiner einen Knochen verplatten», sagt Peltzer. Das heisst, Frakturen mittels Platten am Knochen fixieren.

«Ich musste etwas unternehmen», sagt Peltzer am Telefon zu Blick. Der Chirurg, schon immer an Afrika interessiert und in mehreren dortigen Ländern beruflich aktiv, konnte die Situation nicht länger ertragen.

«Man muss Verrücktes tun, um Geld zu kriegen»

Seine Idee: Ein Spital in der Universitätsstadt Jimma bauen, acht Autostunden südwestlich von Addis Abeba, auf dem Weg Richtung Südsudan. Eines mit moderner chirurgischer Infrastruktur. 2006 ist es so weit. Doch Bau und Infrastruktur verzehren viel Geld. Also gründet Peltzer die Stiftung Go Star (Schweizer Chirurgen in Äthiopien), die er liebevoll sein «Lebenswerk» nennt. Diese alimentiert sich bis heute aus Velotouren.

Wie bitte? «Man muss Verrücktes tun, um Geld zu kriegen», weiss Peltzer. Zuerst radelt der passionierte Velofahrer quer durch Äthiopien und sammelt für jeden Kilometer Spendengeld. Daraus entsteht die Idee, alle paar Jahre eine Velotour durchzuführen, bei der dann auch Prominenz mitradelt und Spendengelder hereinholt. «Jeder Teilnehmer muss 20'000 Franken Spendengeld einbringen und das Ziel lautet, pro Tour rund eine Million Franken einzunehmen», so Peltzer.

1300 Velo-Kilometer durch Äthiopien

Am 31. Oktober 2024 startet die bereits fünfte Spendentour für die Stiftung Go Star (Schweizer Chirurgen in Äthiopien). Bei der zweiwöchigen «Bike Challenge 24» treten 40 Teilnehmende in die Pedale. Dieses Mal geht es über 1300 Kilometer quer durch Äthiopien. Von Arba Minch via Konso und Soddo nach Jimma, wo am Tag nach der Ankunft die Jubiläumsfeier der Stiftung stattfindet. Zu den Bikern gehören nebst Stiftungspräsident Jörg Peltzer (58) auch namhafte Persönlichkeiten wie der mehrfache Weltcup- und Olympiasieger im Mountainbike Nino Schurter (38), der ehemalige SBB-Boss Andreas Meyer (63), Globetrotter-Präsident André Lüthi (63) oder Sängerin und Boxerin Bettina Schelker (52). In Jimma werden sie auf Langstreckenlauf-Legende Haile Gebreselassie (51) sowie die Botschafterinnen der Länder Äthiopiens und Dschibuti, Tamara Mona-Münger (51) und Livia Leu (63), treffen.

Am 31. Oktober 2024 startet die bereits fünfte Spendentour für die Stiftung Go Star (Schweizer Chirurgen in Äthiopien). Bei der zweiwöchigen «Bike Challenge 24» treten 40 Teilnehmende in die Pedale. Dieses Mal geht es über 1300 Kilometer quer durch Äthiopien. Von Arba Minch via Konso und Soddo nach Jimma, wo am Tag nach der Ankunft die Jubiläumsfeier der Stiftung stattfindet. Zu den Bikern gehören nebst Stiftungspräsident Jörg Peltzer (58) auch namhafte Persönlichkeiten wie der mehrfache Weltcup- und Olympiasieger im Mountainbike Nino Schurter (38), der ehemalige SBB-Boss Andreas Meyer (63), Globetrotter-Präsident André Lüthi (63) oder Sängerin und Boxerin Bettina Schelker (52). In Jimma werden sie auf Langstreckenlauf-Legende Haile Gebreselassie (51) sowie die Botschafterinnen der Länder Äthiopiens und Dschibuti, Tamara Mona-Münger (51) und Livia Leu (63), treffen.

Ein Spital für 20 Millionen Patienten

Das viele Geld ist nötig, um modernstes Material nach Äthiopien zu bringen: Apparaturen oder auch Implantate. Auch in die Aus- und Weiterbildung von einheimischen Kräften investiert er viel.

Denn das Funktionsprinzip der Stiftung lautet «Hilfe zur Selbsthilfe». Das bedeutet, dass die Stiftung nicht einfach Geld nach Afrika verschiebt, sondern dass sie dort Infrastrukturen erstellt und Ausbildungen anbietet, also nachhaltige Wirkung erzielt. «Wir haben bereits 100 Chirurgen ausgebildet, dazu weitere Berufsgattungen wie technische Operationsassistenten, Sterilisationspersonal oder Orthopäden», sagt Peltzer.

In Kürze weiht Peltzer zwei neue Operationssäle in Jimma ein. Unter Anwesenheit von vielen wichtigen äthiopischen Persönlichkeiten. Kein Wunder: Sein Spital ist für komplexe chirurgische Eingriffe die einzige Anlaufstelle für 20 Millionen Menschen.

Hilfe zur Selbsthilfe

«Das äthiopische Gesundheitsministerium bat mich um den Bau von weiteren Spitälern», erzählt Peltzer. Doch das schon jetzt beträchtliche Engagement will er nicht erweitern.

Hier sind wir wieder bei der Anfangsidee: «Von uns ausgebildete einheimische Chirurgen arbeiten inzwischen im ganzen Land, oder auch in anderen afrikanischen Ländern.» Ein selbstständig funktionierendes Gesundheitssystem ist wesentlich – «und trägt wesentlich dazu bei, Migration zu vermeiden», schliesst der Arzt.

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