Der Hunger nach Geflügel ist gewaltig: 12 Kilo kommen bei Herr und Frau Schweizer jährlich auf den Teller – drei Kilo oder 30 Prozent mehr als noch vor 20 Jahren. Damit rangiert das Federvieh heute auf Platz zwei in der Beliebtheitsskala hinter Schweinefleisch.
Ein Ende des Booms ist nicht abzusehen. Das hat seine Gründe: Poulet ist verhältnismässig günstig und glänzt mit guten Nährwerten: 100 Gramm Pouletbrust liefern rund 20 Gramm Eiweiss bei gerade mal einem Gramm Fett.
Und das Fett ist erst noch gesund: Hühnerfleisch enthält mehrfach ungesättigte Fettsäuren, denen positive Wirkungen zugeschrieben werden. Dazu hat es den tiefsten Cholesterinwert aller Geflügelsorten und enthält viel Zink. Zudem gibt es für den Genuss von Poulet keine religiösen Einschränkungen – egal ob Christ, Muslim oder Jude, Hühnerfleisch dürfen alle essen.
Vom Geflügelboom wollen sowohl Fastfood-Ketten als auch inländische Produzenten profitieren. Denn mit Poulet lässt sich gutes Geld machen. So eröffnet der US-Gigant Kentucky Fried Chicken (KFC) am 5. Dezember das erste Schnellrestaurant in Genf, innerhalb von zehn Jahren sollen 50 KFC-Filialen die Schweiz überziehen.
Gleichzeitig treibt die Migros die Expansion ihrer Poulet-Kette Chickeria voran. Während KFC beim Poulet auf Produzenten aus Holland und Deutschland setzt, stammen sie bei Chickeria ausschliesslich aus Schweizer Betrieben. McDonald’s hat vor fünf Jahren umgeschwenkt und produziert nach einem Pilotversuch gemäss eigenen Angaben zwar im Ausland – aber nach Schweizer Tierschutzstandards. 43 Prozent des Geflügels wird importiert.
Auf Kosten des Schweins
Derweil reiben sich die grössten Schweizer Geflügelproduzenten – Micarna, Bell, Frifag und Kneuss – die Hände. Sie produzieren über 90 Millionen Tonnen jährlich und dominieren den Schweizer Poulet-Markt mit einem Anteil von über 98 Prozent.
Die Schweizer Geflügelproduktion bei der Coop-Tochter Bell hat in den letzten zwölf Jahren um rund 52 Prozent zugenommen. Das entspricht in etwa dem Wachstum des gesamten Geflügelmarktes in der Schweiz. «Der Anteil an Freiland- und Bio-Geflügel hat sich in den letzten 12 Jahren beinahe verdoppelt», sagt Bell-Sprecher Fabian Vetsch. Umsatzzahlen gibt das Unternehmen nicht bekannt.
Die Migros-Tochter Micarna verarbeitet rund 37’000 Tonnen Geflügel im Jahr. Das entspricht einem Umsatz von knapp 300 Millionen Franken. «Tendenz steigend», sagt Micarna-Sprecher Roland Pfister. Er sieht goldene Zeiten am Poulet-Himmel aufziehen: «Die Nachfrage ist gross, die maschinelle Verarbeitung einfacher als bei Rindfleisch, die Produktionskosten tiefer.» Das kontinuierliche Wachstum im Geflügelsegment gehe vor allem auf Kosten des Schweins, sagt Pfister.
Gegen Zersiedelung und Massentierhaltung
Um der grossen Nachfrage nachzukommen, planen die Geflügelproduzenten gemäss Stiftung für Landwirtschaftsschutz (SL) in den kommenden Jahren schweizweit bis zu 300 Geflügelmasthallen. Dagegen regt sich Widerstand: Bereits 2016 kündete die SL an, Baugesuche zu bekämpfen.
Sie stört sich an der Zersiedelung der Landschaft. Hinzu kommt Opposition aus dem Lager der Tierschützer. Gemäss der Stiftung für das Tier im Recht (STR) verenden bis zu vier Prozent der Masthühner im Stall. Die Stiftung will übermorgen über Missstände bei der Hühnermast in der Schweiz informieren.
In der Schweiz lebten im Jahr 2016 rund 11 Millionen Hühner. Drei von vier waren Masthühner. Lediglich 35 Tage und zirka 3,2 Kilo Futter braucht ein Masthuhn, um zwei Kilo schwer und damit schlachtreif zu werden. Als maximale Belegung gelten 15 ausgewachsene Masthühner pro Quadratmeter. Bei den Masthühnern handelt es sich mehrheitlich um sogenannte Ross-308-Hühner. Diese wurden im Labor speziell für die Mast gezüchtet. Nur 15 Prozent der Schweizer Masthühner haben Auslauf. Anders als bei der Eierproduktion, bei der die männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet werden, sind bei der Geflügelfleischmast sowohl die männlichen als auch die weiblichen Küken verwertbar. Das Problem gemäss Tierschützer: Die Masthühner haben ein Babyskelett, auf dem ein riesiger Fleischkoloss ruht. Dies habe schmerzhafte Beindeformationen und gestörtes Verhalten zur Folge.
In der Schweiz lebten im Jahr 2016 rund 11 Millionen Hühner. Drei von vier waren Masthühner. Lediglich 35 Tage und zirka 3,2 Kilo Futter braucht ein Masthuhn, um zwei Kilo schwer und damit schlachtreif zu werden. Als maximale Belegung gelten 15 ausgewachsene Masthühner pro Quadratmeter. Bei den Masthühnern handelt es sich mehrheitlich um sogenannte Ross-308-Hühner. Diese wurden im Labor speziell für die Mast gezüchtet. Nur 15 Prozent der Schweizer Masthühner haben Auslauf. Anders als bei der Eierproduktion, bei der die männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet werden, sind bei der Geflügelfleischmast sowohl die männlichen als auch die weiblichen Küken verwertbar. Das Problem gemäss Tierschützer: Die Masthühner haben ein Babyskelett, auf dem ein riesiger Fleischkoloss ruht. Dies habe schmerzhafte Beindeformationen und gestörtes Verhalten zur Folge.