Der Fall geht zurück auf die Zeit, als die acht Erotik-Märkte noch zum Imperium des schillernden Patrik Stöckli und seiner CNP Entertainment AG gehörten. Während mehreren Jahren verkauften diese Erotik-Läden Potenzmittel als Nahrungsergänzungsmittel. Dafür verurteilte Swissmedic Stöcklis damaligen Geschäftsführer wegen Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz. Das geht aus einem Strafbescheid der Schweizer Heilmittelbehörde hervor.
Die Potenzmittel wurden unter dem Namen «Libido Performa» und «Protecvital Plus» verkauft. Auf der Verpackung waren die Präparate als «Nahrungsergänzungsmittel» gekennzeichnet, die der erotischen Stimulation dienen sollten. Tatsächlich aber enthielten sie weitere nicht deklarierte Wirkstoffe, die der Erektionsförderung dienen. Das zeigte eine chemische Analyse von Swissmedic.
Aus «Anistud» wurde «Protecvital Plus»
Gemäss dem Swissmedic-Strafbescheid, der dem Beobachter vorliegt, handelte es sich beim verkauften Präparat «Protecvital Plus» in Tat und Wahrheit um ein unter dem Begriff «Anistud» verkauften Produkts. Der damalige Geschäftsführer beschaffte die Kapseln in Blisterpackungen aus Deutschland und verpackte sie in der Schweiz in mitgelieferte «Protecvital Plus»-Schachteln.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Bei einer Hausdurchsuchung am Firmensitz in Wollerau (SZ) und den acht Erotik-Märkten vom April 2022 stellten Swissmedic-Ermittler «unbeschriftete, blisterverpackte blaue Kapseln» sicher sowie dazugehöriges bedrucktes Verpackungsmaterial. Gesamthaft 534 Schachteln.
Ehemalige Mitarbeiterin meldete sich bei Swissmedic
Der Fall kam ins Rollen, weil eine ehemalige Angestellte eines Erotik-Marktes bei Swissmedic Meldung erstattete. Die Einfuhr falsch bezeichneter Arzneimittel sowie das Inverkehrbringen falsch bezeichneter Arzneimittel sind ebenso strafbar wie das Falschbezeichnen von Arzneimitteln.
Während der Einvernahme gab sich der Beschuldigte gemäss Strafbescheid überzeugt, es handle sich um Präparate auf natürlicher Basis, also um «Zuckerwasser». «Richtige» Produkte würden in Apotheken gekauft, sagte er aus. Der Name des Potenzmittels «Anistud», in einschlägigen Kreisen bestens bekannt, sagte dem Beschuldigten angeblich nichts.
«Es ist wurscht, was geliefert worden ist»
Er sei intern auch nicht informiert worden, dass die vom Lieferanten verrechnete Ware nicht mit der bestellten Ware übereinstimmte. Der Beschuldigte sagte in der Einvernahme: «Jemand bestellt es, jemand packt es aus. Diesen ist es wurscht, was geliefert worden ist (…) Es muss kontrolliert werden, dass die Menge stimmt.»
Dass statt des bestellten (und gelieferten) Produktes etwas anderes (nämlich «Anistud») verrechnet wurde, lag nach Auffassung des Beschuldigten daran, dass dieses Produkt vom Lieferanten anders genannt worden sei.
Das zweite Präparat, mit dem der damalige Chef der Erotik-Markt-Kette gegen das Heilmittelrecht verstiess, war «Libido Performa». Dieses Erektionsförderungsmittel wurde gemäss Swissmedic bereits verkaufsfertig aus den Niederlanden an den Hauptsitz in Wollerau geliefert.
Wirkstoff nicht deklariert
Auf der Verpackung von «Libido Performa» war aber der Wirkstoff Nortadalafil nicht deklariert, gemäss Swissmedic aber «in signifikanter Menge enthalten». Deshalb liege «eine täuschende Diskrepanz» zwischen den deklarierten und tatsächlichen Inhaltsstoffen des aus dem Ausland eingeführten Arzneimittels vor.
Der damalige Geschäftsführer der CNP Entertainment AG wurde verurteilt, weil er auch die Filialen der Erotik-Markt-Kette leitete. Als solcher verantwortete er auch das Sortiment, das Personal sowie die Gestaltung der Erotik-Märkte. In dieser Funktion, so Swissmedic, oblag es ihm, die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen sicherzustellen.
Wegen «vorsätzlicher Einfuhr falsch bezeichneter Arzneimittel» und «vorsätzlicher Herstellung von gefälschten Protecvital Plus» muss er eine Busse von 2520 Franken zahlen. Dazu kommt eine aufgeschobene Geldstrafe von 10’080 Franken (Probezeit von zwei Jahren). Übernehmen muss der einstige Chef der Erotik-Markt-Kette zudem die 5250 Franken Verfahrenskosten. Aus dem mit den fraglichen Präparaten erzielten Gewinn werden 222'870 Franken als Ersatzforderung eingezogen. Der Strafbescheid ist rechtskräftig.