Die Eishockey-Saison ist gestartet. Zwei Drittel der Plätze im Stadion sind belegt. Mehr ist nicht erlaubt. In Zeiten von Corona sind solche grossen Ansammlungen ein Risiko. Das hat sich auch der Geschäftsmann Simon Sagasser (27) gedacht. Darum hat er neue Wärmebildkameras entwickelt. Sie erkennen, wenn eine Person Fieber hat. Aufgestellt vor grossen Stadien, Konzerthallen und Firmen, schützen sie so alle Gesunden.
Doch bisher konnte Sagasser mit seiner Geschäftsidee noch nicht durchstarten: Die meisten Klubs und Veranstalter verzichten bisher auf die Installation. Der Grund: zu teuer und zu aufwendig. Man orientiere sich stattdessen an der Covid-19-Verordnung für Grossveranstaltungen des Bundes, heisst es vonseiten der Swiss Ice Hockey Federation.
Mitarbeiter und Besucher schützen
Sagasser kommt aus dem Bauwesen. Er ist Spezialist für Mauersanierungen und Entfeuchtungen. In diesem Bereich sind Wärmekameras ständig im Gebrauch. Als die Corona-Krise ausbrach, entschied er sich, die Geräte so umzubauen, dass sie auch für den Einsatz am Menschen genutzt werden können. «Mit unseren Nova-Screen-Messgeräten können wir eine Genauigkeit von 0,2 Grad garantieren», sagt er.
Die Wärmekameras messen dank Infrarotstrahlung die Körpertemperatur von Personen. Temperaturen über 37,6 Grad gelten laut Medizinern als fiebrig und könnten bereits auf eine Virusinfektion hindeuten.
30 Personen pro Kamera
Der Markt für Wärmebildkameras konzentrierte sich vor Corona neben dem Bau auf die Bereiche Militär und Polizeiarbeit. Nun steigt das Interesse auch in anderen Bereichen – wenn auch nur zögerlich.
«Pro Kamera können 30 Personen auf einmal erfasst und kontrolliert werden», sagt der CEO vom EHC Biel, Daniel Villard (47), der Wärmekameras in der Tissot Arena in Biel BE installieren liess. Wird eine Person mit erhöhter Temperatur erfasst, ertönt ein Alarm. Auch der Lebensmittelkonzern Nestlé und die Zurich-Versicherung setzen Temperaturkameras an den Eingängen ein.
Einer der grössten Anbieter in der Schweiz ist die Firma Aptex aus Schlieren ZH, die auch den Stanser Flugzeugbauer Pilatus beliefert. Marktführer in dem Segment Wärmebildkameras sind aber die Amerikaner. Der grösste Hersteller ist Flir aus dem US-Bundesstaat Oregon. In Europa ist Xenics aus Belgien führend. Aber auch aus China kommen viele grosse Hersteller.
Versteckte Überwachung?
Doch Experten warnen: Eine hundertprozentige Sicherheit bieten die Kameras nicht. «Das System ist nicht so genau, wie wenn man das Fieber am Körper direkt misst», sagt Professor Mathias Bonmarin (41) von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Sein Team entwickelt gerade selber eine Kamera und möchte diese auch selber anwenden, zum Beispiel vor der Mensa.
Ungefährlich ist das System für eine Gesellschaft aber auch nicht. Hinter dem Vorwand des Corona-Schutzes könnte Überwachung stehen. Die Kameras scannen vor allem das Gesicht und die Augen, um die Temperatur zu erfassen. Das Thema Datenschutz und Gesichtserkennung ist noch nicht geklärt. «Die Daten sollten sofort wieder gelöscht werden. Sonst könnte es zu einer Überwachung führen, bei der aufgenommen wird, wer wann und wo ein- und ausgegangen ist», warnt Bonmarin.
Nachfrage mit höheren Fallzahlen
Trotzdem glaubt Sagasser, dessen Software zwischen 4000 und 5000 Franken kostet, fest an sein Produkt. «Wir gehen leider davon aus, dass die Fallzahlen bei kälteren Temperaturen ansteigen werden», sagt er. Dann werde auch der Absatz seiner Geräte anziehen, glaubt er. Bisher hat er nur wenige davon verkauft. Aber das Interesse sei gross.