Schluss mit autonomen Wägeli
Milliardenprojekt Cargo sous terrain wird zur simplen Seilbahn

Die Cargo sous terrain ist ins Stocken geraten. Das milliardenteure Prestigeprojekt soll nun noch einmal Fahrt aufnehmen. Der neue CEO Christian Späth setzt dabei auf eine alte Technik. Die autonom fahrenden Container kommen aufs Abstellgleis. Sie sind zu teuer.
Publiziert: 25.04.2025 um 18:15 Uhr
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Die Cargo sous terrain soll den Gütertransport in der Schweiz revolutionieren.
Foto: PD

Darum gehts

  • Cargo sous terrain plant Neustart mit Seilbahnsystem für unterirdischen Gütertransport
  • Neue Technologie soll Kosten senken und umweltfreundlicher sein
  • Projekt kostet drei Milliarden Franken, Güterverkehr wächst bis 2050 um 30%
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Patrik BergerRedaktor Wirtschaft

Grosse Würfe sind selten geworden in der Schweiz. Strenge Vorschriften, lange Bewilligungsverfahren und das liebe Geld stehen vielen Projekten im Weg. Irgendwann geht den Initianten der Schnauf aus. An diesem Punkt stand im vergangenen Sommer auch die Gütermetro Cargo sous terrain (CST). Der CEO Peter Sutterlüti (75), ein ehemaliger Post-Spitzenmanager, hatte sich zurückgezogen, es kam zu Entlassungen. Die Umsetzung der revolutionären Idee von CST fiel bei den Kantonen durch. Cargo sous terrain stand vor dem Aus.

2016 sah es noch ganz anders aus: Die Politik war begeistert vom Megaprojekt. Nichts weniger als eine «Revolution des Güterverkehrs» wurde angekündigt, mit einem Tunnel, der vom Genfersee an den Bodensee reicht – und das Land unterirdisch mit Waren versorgt. Und noch viel verlockender: Das neue Logistiksystem soll Bund und Kantone keinen einzigen Rappen kosten, weil es komplett privat finanziert wird.

Zu den prominenten Hauptaktionären gehörten Coop, Helvetia, Migros, Mobiliar, Post, Swisscom, Vaudoise und die ZKB. Sie investierten zusammen 100 Millionen Franken. Das Versprechen: CST soll vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden, den Schwerverkehr auf den Nationalstrassen um bis zu 40 Prozent reduzieren und eine «effiziente Feinverteilung in den Städten» bieten.

«Sesselbahn für Paletten»

Jetzt will die neue Führung unter CEO Christian Späth (56) an diese glorreichen Zeiten anknüpfen. Und das milliardenschwere Infrastrukturprojekt retten. Statt autonomer Fahrzeuge sollen die Güter neu per Seilbahnsystem durch die Tunnel transportiert werden, wie die «NZZ» berichtet. Das ist eine Kehrtwende: Ursprünglich plante CST, Waren mit unbemannten Fahrzeugen unterirdisch von Logistikzentren in Städte zu bringen. Technische Gutachten zeigten aber, dass diese Lösung zu teuer und ineffizient wäre. Besonders problematisch: Die Fahrzeuge hätten den Tunnel stark aufgeheizt, teure Kühl- und Lüftungsanlagen wären nötig geworden.

Nun soll es eine Art «Sesselbahn für Paletten» richten. Auf einem umlaufenden Drahtseil sollen schienengeführte Wagen im Abstand von 60 Metern durch den Tunnel gezogen werden, jede Wagenladung entspricht drei Paletten. So könnten pro Stunde und Richtung rund 1800 Paletten befördert werden – das entspricht etwa 250 Lastwagenladungen. Das System spart Energie, reduziert Kosten und soll auch umweltfreundlicher sein, behaupten die Initianten.

Der Tunnelquerschnitt soll verkleinert werden. Soll will CST die Investitionskosten um 30 Prozent und die Betriebskosten um 15 Prozent senken. Der Fokus bleibt auf dem ersten Teilstück von Härkingen nach Zürich. Kostenpunkt: drei Milliarden Franken. Änderungen an der Streckenführung sind trotz Kritik der Stadt Zürich nicht vorgesehen – CST zeigt sich aber gesprächsbereit, um geeignete Hub-Standorte – also Stellen, an denen die Waren entladen werden können – zu finden.

Güterverkehr wächst um 30 Prozent

Christian Späth bleibt optimistisch. Der Güterverkehr in der Schweiz wird bis 2050 um 30 Prozent wachsen – und das bestehende Strassen- und Schienennetz könne diesen Zuwachs nicht bewältigen, sagt er der «NZZ». Ein Ausbau der oberirdischen Infrastruktur stösst zunehmend auf Widerstand. Der Bau eines unterirdischen Transportsystems wie CST könne da die Lösung sein. In der Vergangenheit habe man es unterlassen, die Anliegen der betroffenen Gemeinden und Kantone in die Planung aufzunehmen, sagte Späth. 

Die Finanzierung bleibt anspruchsvoll. Die aktuellen Hauptaktionäre – auf der Website werden die Migros, Coop, Post, Swisscom und Versicherungen wie Mobiliar aufgeführt – allerdings auch noch die Credit Suisse – finanzieren die Planung mit 140 Millionen Franken. Für den Bau braucht Cargo sous terrain aber dringend neue Investoren.

Wie geht es weiter? Das Bundesamt für Verkehr (Uvek) von Verkehrsminister Albert Rösti (57) verlangt bis im Juni eine erneute Überprüfung von Technik, Wirtschaftlichkeit und volkswirtschaftlichem Nutzen. Nur bei positivem Ergebnis wird der Bund den Sachplan weiter vorantreiben. Dieser soll 2028 vorliegen. Der Baustart könnte 2030 erfolgen – deutlich später als ursprünglich geplant.


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