Schaffhauser Beizer von Euw kalkuliert knallhart
«Vielleicht schliesse ich in einer Woche wieder!»

Ab nächster Woche ist die Wirtschaft wieder offen. Aber mit Auflagen. Lohnt sich das für die Beizer? Ein Gastronom aus Schaffhausen hat nachgerechnet – und kommt zu einem klaren Ergebnis.
Publiziert: 04.05.2020 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2020 um 07:18 Uhr
«Vielleicht schliesse ich in einer Woche wieder!»
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Beizer von Euw knallhart:«Vielleicht schliesse ich in einer Woche wieder!»
Marc Iseli

Gastronom Albin von Euw (43) ist skeptisch. Kommenden Montag wird er seine Traditionsbeiz in Beringen SH wieder öffnen. Vorerst eine Woche lang wird er mit seinem Team die Kundschaft bekochen und bedienen. Dann folgt der Kassensturz. «Vielleicht schliesse ich nach einer Woche wieder», sagt er zu BLICK. «Wenn ich das Geschäft mit den Auflagen des Bundes nicht gewinnbringend führen kann, mache ich den Betrieb wieder zu.»

Seit vier Generationen führt die Familie von Euw bereits die Dorfbeiz im Herzen vom Beringen. «Gmaandhus» nennen es die Einheimischen. Über 100 Jahre stecken in den historischen Mauern. Der Rheinfall ist nur zehn Autominuten entfernt. 76 Personen finden in der Regel Platz in den beiden Teilen des Restaurants.

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Albin von Euw: Gelernter Maurer und Koch.
Foto: Pascal Scheiber

Die Auflagen des Bundes aber schränken den Betrieb massiv ein. Um die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, müssen alle Restaurants dafür sorgen, dass die aktuellen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. Maximal vier Personen dürfen an einem Tisch sitzen. Nur Eltern mit Kindern dürfen diese Zahl überschreiten.

Grosse Unsicherheit

Von Euw, der mal Maurer gelernt hat, später dann Koch, hat ausgerechnet, was das für seinen Betrieb bedeutet. «Ich bin selber darüber erschrocken, wie viel zwei Meter eigentlich sind», sagt er. Die Konsequenz: «Im vorderen Bereich sind es jetzt 18 Plätze anstelle von 36», so der Gastronom. «Hinten 16 statt 40.» Macht in der Summe eine Maximalauslastung von 34 Personen.

Das ist das beste Szenario. Das würde bedeuten, dass an allen Tischen vier Personen sitzen. «Im schlimmsten Fall, wenn jeder allein kommt, haben wir noch genau fünf Plätze vorn und fünf Plätze hinten. Wir werden sehen, wie wirtschaftlich der Betrieb so ist.»

Für von Euw stellen sich noch weitere Fragen. Muss er Markierungen am Boden anbringen? Muss das Personal Mundschutz tragen? Muss er Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen? Muss er Polizei spielen, wenn sich eine weitere Person an einen Vierertisch setzt? Muss er die Reinigung dokumentieren? Was ist mit den Mitarbeitern, die einer Risikogruppe angehören? «Meine Mutter arbeitet im Service», sagt von Euw. «Sie ist 68 Jahre alt!»

Voller Lohn für die Mitarbeiter

Der Bund hat diese Fragen noch nicht geklärt. Die Unsicherheit ist gross – auch bei anderen Wirten. Von Euw erzählt von Bekannten, die damit rechnen, dass sie täglich 2000 Franken Verlust machen, wenn sie den Betrieb unter den aktuellen Bedingungen öffnen. Er stört sich ob der Euphorie, welche der Verband Gastrosuisse versprüht. Eine limitierte Öffnung, die überdies noch die Gefahr birgt, dass in wenigen Wochen wieder eine Schliessung verhängt wird, hält von Euw für schädlicher als ein weiteres Abwarten bis in den Juni hinein.

Diese Aussagen fallen ihm nicht leicht. Ein weiterer Stillstand kostet den Gastronomen eine Stange Geld. Jeden Tag. Es geht ans Eingemachte. Aber von Euw hat in den letzten Jahren einen Sparbatzen zur Seite gelegt. Damit wollte er Fenster und Heizung renovieren. Jetzt dient das Kapital als Notgroschen. Er kann die Fixkosten für einige Monate decken.

Von Euw fürchtet aber, dass eine limitierte Öffnung zusätzlich aufs Portemonnaie drückt. Nämlich dann, wenn er Tag für Tag Verlust macht. Deshalb ist ihm eine längere Schliessung unter Umständen lieber. Davon profitieren letztlich auch seine Mitarbeiter. Sie erhalten trotz Krise den vollen Lohn. 80 Prozent stammen aus dem Kurzarbeitstopf. Den Rest legt von Euw selbst obendrauf. Seine Versicherung zahlt nichts. Sie versteckt sich hinter dem Argument, dass es sich um eine Pandemie handelt – nicht um eine Epidemie.

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