Schliessfächer sind eine ur-schweizerische Institution. Am Bahnhof kurz das Gepäck einlagern, sicher und günstig. Das funktioniert seit Jahrzehnten. Einfach und zuverlässig. Doch die Zeiten, als man sein Fach mit Münz bezahlen und dann mit einem sperrigen Schlüssel abschliessen konnte, sind vorbei. Die SBB stellen ihre Schliessfach-Anlagen auf digital um. Und bringen viele Reisende an den Rand der Verzweiflung, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
An 19 Bahnhöfen im Land stehen bereits Automaten der neusten Generation. Etwa in Arth-Goldau SZ, Wil SG, Burgdorf BE und Zürich-Stadelhofen. Die Bedingung der Geräte setzt eine gewisse digitale Fitness voraus. Denn ohne Handy und die Preisgabe seiner persönlichen Daten kann man sein Gepäck nicht mehr deponieren. So muss man den auf der Türe des Schliessfaches angebrachten QR-Code abfotografieren. Erst dann kann man ein Fach aussuchen.
«So en Seich!»
Dazu muss man eine Handynummer und eine E-Mail-Adresse angeben. Bezahlen kann man nur mit Twint, Postfinance oder Kreditkarte. Will man sein Gepäck abholen, braucht man einen sogenannten «Abhol-Code», welchen die SBB per SMS und Mail verschicken. Den muss man aktivieren. Erst dann öffnet sich die Tür des Fachs. Alles klar? Offenbar nicht bei allen Reisenden, wie es im Bericht heisst. Viele sind mit diesem Prozess überfordert. Und fluchen zum Beispiel am Bahnhof von Locarno TI: «So en Seich!»
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Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Schliessfächer nur bei gutem Handyempfang öffnen. «Es kann vorkommen, dass aufgrund schwankender Netzabdeckung – je nach Mobilfunkanbieter – die Verbindung des Smartphones zu wenig gut ist, um eine Verbindung mit den Schliessfächern aufzubauen», heisst es bei den SBB. Am Bahnhof Locarno sei diese nicht genügend stabil. Betroffene Kunden sollen sich im Reisezentrum oder telefonisch im Contact Center der SBB melden.
«Daten werden gelöscht»
Was sagen die SBB dazu, dass man seine persönlichen Daten preisgeben muss, um für zwei Stunden einen Rucksack zu deponieren? «Daten, die aus buchhalterischen Gründen aufbewahrt werden müssen, werden nach der gesetzlichen Frist gelöscht», heisst es. In operativen Systemen würden die E-Mail-Adresse und die Handynummer nach 30 Tagen anonymisiert.
Und zum Wegfall der Möglichkeit, mit Bargeld zu zahlen? «Die Wartung und Bewirtschaftung der Schliessfächer mit Münzannahme ist technisch aufwendig und personalintensiv», so die SBB. Mit Münz gebe es vermehrt Probleme. In den Reisezentren könne man zudem weiterhin Gepäck deponieren und bar bezahlen.
Schliessfächer gibt es an allen grösseren Schweizer Bahnhöfen. Sie haben drei verschiedene Grössen und kosten zwischen 4 und 9 Franken für 24 Stunden.