Die erste Sitzprobe im frisch renovierten IC2000-Wagen der SBB fühlt sich gut an. Alles wirkt heller, freundlicher, alter Filz erstrahlt in neuem Glanz. Die Gepäckabteile über den Köpfen der Reisenden haben eine LED-Lichtleiste erhalten. Nun ist endlich sichtbar, dass der Filz in der ersten Klasse rot, in der zweiten Klasse blau ist. Kleiner Effekt, grosse Wirkung!
Nicht nur das Lichtkonzept zeigt sich erneuert, der ganze Wagen wurde frisch renoviert. Das war bitter nötig, denn die ersten IC2000-Wagen rollen seit 1997 auf dem Schienennetz – und bilden das Rückgrat der Fernverkehrsflotte der SBB.
Fit für weitere 20 Jahre
Das wird sich nicht so schnell ändern. Denn auch wenn der neue Fernverkehrszug FV Dosto endlich mal pannenfrei rollen und alle bestellten Züge geliefert werden sollten, braucht es die IC2000-Fahrzeuge weiterhin, um Schweizer Städte zu verbinden. Dank der Renovation sollen die Wagen noch weitere 20 Jahre im Einsatz bleiben.
«Das ist die grösste Modernisierung, die die SBB je durchgeführt haben», erklärt Toni Häne (63) sichtlich stolz. Der Chef Personenverkehr der SBB ist froh, für einmal nicht über den Pannenzug von Bombardier Auskunft geben zu müssen (heute im BLICK).
Grösste Modernisierung der SBB
Bis 2024 sollen alle 341 IC2000-Wagen renoviert sein. Jeweils 14 Fahrzeuge werden gleichzeitig im Werk Olten SO umgebaut. Kostenpunkt: rund 360 Millionen Franken – rund eine Million pro Wagen. Genau will das niemand beziffern, aber die Modernisierung kostet rund einen Drittel des Neupreises.
Sämtliche Wagen erhalten neue Sitzpolster und Bezüge, alle Teppiche werden neu verlegt, die Farben aufgefrischt. In der ersten Klasse verströmt ein Holz-Imitat sogar etwas Industrie-Chic. Die ehemaligen Trennwände für die Raucherabteile werden herausgerissen.
Als die IC2000 Ende der 90er eingeführt wurden, durften SBB-Passagiere noch rauchen. Das änderte sich erst 2005. Die Aussenlackierung kommt in den neuen SBB-Farben Rot-Weiss-Schwarz daher.
Kleine Details mit grosser Wirkung
Wichtige Details sind auf den ersten Blick nicht ersichtlich: Aber dank der neuen Laserraster der Fensterscheiben soll sich die Verbindungsqualität für Mobilgeräte deutlich verbessern. Die bisherigen Verstärker wurden ausgebaut. Ein Tipp eines Profipendlers: Die beste Verbindungsqualität gibt es an der Spitze des Zuges, denn dort klappt der Wechsel von einer Mobilfunk-Antenne auf die nächste am besten. WLAN gibt es weiterhin nicht in den Zügen der SBB. Dafür planen die SBB, ab nächstem Jahr in Fernverkehrszügen ein Gratis-Internet einzuführen. Derzeit findet mit Sunrise und Salt, aber ohne Swisscom, ein Test statt.
Das Strangulieren mit dem Ladekabel hat ein Ende: denn eine Steckdose für Ladegeräte aller Art befindet sich nun im neu konzipierten Abteiltisch. Dieser verfügt auch über einen selbst schliessenden Kübel. Um die Sicherheit der Fahrgäste zu erhöhen, gibt es in jedem Eingangsbereich neu einen Notfall-Knopf, der automatisch eine Verbindung mit der Bahnpolizei herstellt. Es ist zu hoffen, dass er möglichst selten benutzt wird.
Ab Herbst 2019 im Einsatz
In der ersten Klasse werden die sogenannten Businesszonen erweitert. Dort soll es sogar Induktions-Ladestationen für Mobilgeräte geben. Damit reicht es also, das Handy auf den Tisch zu legen, schon wird es mit Energie versorgt. Damit sich Blinde und Sehbehinderte noch besser in den Zügen zurechtfinden, wurde das gesamte taktile Informationssystem modernisiert und die Zeichen aussen an den Zügen vergrössert.
Der erste komplett erneuerte IC2000-Zug soll im Herbst 2019 fahrplanmässig zum Einsatz kommen.