Auf einen Blick
- Andermatt erlebte über die Festtage einen Besucheransturm
- Betreiber sind zufrieden, aber geringe Kundenfrequenz in Startphase der neuen Einkaufsmeile
- Andermatt Swiss Alps beschäftigt die Mehrheit der Mitarbeiter im Igniv-Restaurant von Andreas Caminada
Kurz vor Weihnachten eröffnete Andermatt-Investor Samih Sawiris (67) die Furkagasse in seinem Reuss-Quartier. An der Einkaufsmeile, die mitten durch das Trabantendorf mit mehreren Hundert Ferienwohnungen führt, haben sich Luxusboutiquen und neue Gastronomiebetriebe angesiedelt. Die Furkagasse bietet, was es sonst in Andermatt UR nicht gibt: eine Boutique mit teuren Uhren, ein Showroom einer deutschen Premium-Automarke, mehrere Shops von Wintersport-Luxuslabels. Dazu ein Ableger der Zwei-Michelin-Sterne-Restaurantkette Igniv des Schweizer Starkochs Andreas Caminada (47) und ein Lokal der Zürcher Asia-Food-Kette Nooba.
Über die Festtage hätten die Bedingungen in den Bergen nicht besser sein können. Das Wetter war prächtig, die Schneeverhältnisse absolut traumhaft. Andermatt wurde zeitweise von sonnenhungrigen Tagestouristen überrannt. Die Pisten und Alphütten waren brechend voll. An zwei Tagen musste die Autokolonne bereits in Göschenen gestoppt werden, weil alle Parkplätze belegt waren. Das Dorf im Urner Hochtal war nur mit Shuttlebussen oder der Schöllenenbahn erreichbar.
Die Betreiberin des Resorts Andermatt Swiss Alps (ASA) zeigte sich nach den Festtagen rundum zufrieden. Domenica Biedermann, Leiterin Commercial Real Estate der ASA: «Ich habe in den letzten Tagen persönlich mit allen Mietern gesprochen, und der Start in Andermatt war für alle erfolgreich.» Besonders erfreulich sei, dass die Gastronomie nicht nur hervorragend gestartet sei, sondern die Erwartungen bereits übertroffen habe.
«Wenn wir jetzt nicht verkaufen, wann dann?»
Allerdings dürften die Erwartungen in der Startphase auch nicht allzu hoch gewesen sein. Hinter vorgehaltener Hand sprechen die Ladenbetreiber von einer geringen Kundenfrequenz. «Wenn wir jetzt nicht verkaufen, wann dann?», sagte eine Verkäuferin eines Luxuslabels in der Furkagasse. Selbst in den pulsierenden Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr schlossen einige Geschäfte früher als angegeben oder schickten das Personal früher als geplant in den Feierabend.
Für die Ladenbesitzer ist das kein allzu grosses Problem, denn die meisten betreiben ihre Läden als sogenannte Pop-ups. Das heisst, sie haben keine langfristigen Mietverträge abgeschlossen und warten erst einmal ab, wie sich das Geschäft entwickelt. Abgerechnet wird spätestens im April, wenn die Wintersaison zu Ende geht. Dann wird sich zeigen, welche Betriebe an der Furkagasse bleiben und welche wieder ausziehen.
Samih Sawiris hat ein Interesse an einem möglichst attraktiven Mietermix an der Furkagasse. Ihm ist aber auch klar, dass er dafür einen langen Schnauf braucht. Dafür ist er bereit zu unterstützen, wo er kann, wie aus Andermatter Kreisen zu hören ist. Es geht um attraktive Mietkonditionen, um Unterstützung beim Personal, sogar von einer Defizitgarantie ist die Rede, von der etwa das Caminada-Restaurant Igniv profitieren soll. Domenica Biedermann nimmt dazu nicht direkt Stellung. Sie sagt, die ASA pflege ein «partnerschaftliches Verhältnis» zu den Gastro- und Detailhandelsbetrieben. «Über kommerzielle Vereinbarungen mit unseren Partnerbetrieben können wir keine Auskünfte geben», sagt sie.
Klar ist, dass die ASA erhebliche Risiken selbst trägt. So stellt Caminada im Igniv den Küchenchef Valentin Sträuli sowie die Restaurantleiterin und Sommelière Hannah van den Nieuwenhuizen. Alle anderen Beschäftigten des Restaurants sind über Sawiris' ASA angestellt, bestätigt Firmensprecher Christoph Ulrich. Sie seien aber von Andreas Caminada ausgewählt und in den Betrieb eingeführt worden. Das Nooba wird komplett von der ASA im Franchising betrieben.
Die Vision von Samih Sawiris
Samih Sawiris sagte im Blick-Interview anlässlich der Eröffnung der Furkagasse, die Einkaufsstrasse bestätige seine Vision, dass «das Quartier Reuss zu einem Teil von Andermatt wird». Er habe schon immer von einer Erweiterung des Dorfs geträumt. «Nun muss das Quartier unbedingt mit der Hauptstrasse verbunden werden, sodass beide Dorfteile verschmelzen. Ein komplett losgelöstes Quartier wäre für mich ein Horror.»
Doch bis es zu dieser Verschmelzung kommt, kann es noch Jahre dauern. Das kann er nicht im Alleingang durchziehen, sondern ist auf die Unterstützung der Gemeinde und der Bevölkerung angewiesen. Derzeit scheint vor allem das alte Andermatt von den vielen Besuchern während der Festtage zu profitieren. So sind beide Andermatter Skigebiete Nätschen und Gemsstock nicht mit dem neuen, sondern mit dem alten Dorfteil verbunden. Während im alten Andermatt wegen des Besucheransturms über die Festtage kaum ein Durchkommen war, blieb es im neuen Teil ruhig.