Die Schweizer Pensionskassen sitzen dank der Börsenhausse auf den dicksten Kapitalpolstern seit zwei Jahrzehnten. Der durchschnittliche Deckungsgrad ist bis Ende August auf 116,3 Prozent gestiegen.
Zu diesem Schluss kommt der Pensionskassenberater Complementa in der jährlich durchgeführten «Risiko Check-up-Studie», die am Dienstag veröffentlicht wurde. Letztmals hatte der Deckungsgrad im Jahre 2000 mit 115,9 Prozent diese Höhen erreicht. Ein Jahr zuvor, im Jahr 1999, hatte er sich gar auf 124,4 Prozent belaufen.
Dann sei der Crash der Internetblase gekommen, weshalb die Pensionskassen hätten Federn lassen müssen, erklärten Complementa-Verantwortliche in einer Onlinemedien-Konferenz. Der Deckungsgrad gibt dazu Auskunft, zu wie viele Prozent die Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung an einem bestimmten Stichtag mit Vermögenswerten gedeckt sind. Es geht also darum, in welchem Ausmass die Vorsorgeinstitute künftige Rentenzahlungen bedienen können.
Andere Pensionskassenwelt
Allerdings sei damals die Pensionskassenwelt eine andere gewesen, hiess es an der Medienkonferenz. Früher habe man die Aktienquote bei kletternden Kursen einfach steigen lassen und sei bei einem Börsenabsturz dann einfach in den Crash gelaufen.
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Heute gebe es dagegen Bandbreitenkonzepte. So werde, wenn die Aktienquote einen bestimmten Anteil am Gesamtvermögen übersteige, ein gewisser Teil der Aktien verkauft und Gewinne mitgenommen. Mit diesem Anlagekonzept seien die Pensionskassen besser gefahren.
Zudem habe der technische Zinssatz im Jahre 2000 über 4 Prozent betragen, sagten die Complementa-Verantwortlichen. Das ist jener Zinssatz, den die Pensionskasse auf dem Deckungskapital der laufenden Rentenbezüger jährlich verdienen muss, damit die versprochenen Leistungen durch die zurückgestellten Kapitalien umverteilungsfrei gedeckt sind.
Heute liege der technische Zinssatz bei knapp 1,8 Prozent. «Wenn wir den damaligen technischen Zinssatz nehmen würden, hätten wir einen viel höheren Deckungsgrad», hiess es.
Satte Renditen erzielt
Die Entwicklung an den Finanzmärkten hat massgeblich zur Stärkung der Finanzlage beigetragen. Nach dem Einbruch im Frühling 2020 haben sich die Börsen rasch erholt und knacken seither einen Rekord nach dem anderen. So erzielten die Kassen auf ihren Kapitalanlagen seit Anfang Jahr bis August eine Durchschnittsrendite von 7,1 Prozent. Diese liegt damit deutlich höher als im vergangenen Jahr (4,7 Prozent).
Dies wirkte sich auch positiv auf den Deckungsgrad aus, der Ende 2020 erst bei 110,2 Prozent gelegen hatte. Bis August konnten dann nochmals 6,1 Prozentpunkte an Deckungsgrad hinzugewonnen werden, erklärte Complementa in der Studie.
Zinsdruck bleibt
Doch die Lage in der zweiten Säule bleibt angespannt. Die steigende Lebenserwartung und vor allem das tiefe Zinsniveau stellt die Pensionskassen vor grosse Herausforderungen. Um die Umverteilung von Vorsorgegeldern von jung zu alt möglichst einzugrenzen, sehen sich die Institute dazu gezwungen, die Umwandlungssätze laufend zu senken.
Der Umwandlungssatz wird bei der Pensionierung zur Berechnung der jährlichen Altersrente auf dem angesparten Kapital herangezogen. Im obligatorischen Teil des BVG, in den die Beiträge bis zu einem Jahreslohn von gut 86'000 Franken fliessen, gilt ein gesetzlicher Mindestsatz von 6,8 Prozent. Für die Lohnbestandteile, die über diesem Niveau liegen, wird der Satz nicht vom Gesetzgeber bestimmt und wird zumeist tiefer angesetzt.
Der Mindestumwandlungssatz im Obligatorium liege mit 6,8 Prozent viel zu hoch, stösst Complementa ins gleiche Horn, wie das Pensionskassenvertreter oder Versicherer seit Jahren tun. Der versicherungstechnisch korrekte Umwandlungssatz würde gemäss Modellrechnungen bei 4,8 Prozent stehen. Derzeit liege er durchschnittlich bei 5,5 Prozent. Auf politischer Ebene ist die Reform der zweiten Säule, die unter anderem eine Senkung des Mindestsatzes auf 6 Prozent vorsieht, bislang mehrmals gescheitert. (SDA)