Rivella-Chefs über Ski-Sponsoring
«Wir würden Odermatt gerne sponsern, aber Red Bull hat ganz andere Mittel»

Der Getränkehersteller hat seit knapp einem Jahr zwei CEO. Im Interview ziehen Erland Brügger (57) und Silvan Brauen (39) Bilanz über ihr Jobsharing. Zudem erklären sie ihre Marketing-Strategie – und wieso sie trotz Zuwanderung immer weniger Liter verkaufen.
Publiziert: 07.04.2024 um 13:51 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2024 um 14:06 Uhr
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Die beiden CEO von Rivella im Lager in Rothrist AG: Erland Brügger (l.) arbeitet in einem 60-Prozent-Pensum, Silvan Brauen (r.) ist zu 80 Prozent angestellt.
Foto: Linda Käsbohrer
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Rothrist im Aargau, direkt an der Grenze zum Kanton Solothurn, ist nicht der Nabel der Welt. Um trotzdem gute Leute anzuziehen, hat sich das Traditionsunternehmen Rivella einen Namen als fortschrittlicher Arbeitgeber gemacht.

Teilzeitarbeit und Jobsharing stehen hoch im Kurs. Sogar die obersten Chefs dürfen ein Privatleben haben: Silvan Brauen (39) macht einmal in der Woche Papitag, Erland Brügger (57) arbeitet gar nur drei Tage pro Woche für Rivella. SonntagsBlick trifft die Teilzeit-CEO in einer wichtigen Woche: Mit der Lancierung von Rivella Gelb wollen sie dem Betrieb mit rund 300 Mitarbeitenden neuen Schub geben.

Blick: Diese Woche lancieren Sie eine grosse Werbekampagne für Rivella Gelb, unter anderem im Blick. Neben Trams liessen Sie sogar ein Nachrichtenportal gelb einfärben. Was hat der Spass gekostet?
Silvan Brauen: Den exakten Betrag können wir nicht preisgeben. Aber wir haben einen substanziellen Teil unseres Marketingbudgets dafür aufgewendet. Es ist wichtig, dass Rivella Gelb ein Erfolg wird.

2008 haben Sie es schon einmal mit der Farbe Gelb probiert – ohne Erfolg. Auch Rivella Cliq, Refresh oder Enertea verschwanden wieder vom Markt. Wie soll es diesmal klappen?
Erland Brügger: Trotz gleichem Namen ist das Produkt komplett neu. Es ist das erste Rivella ohne Milchserum. Damit werden wir nicht nur für Veganer interessant, sondern auch für Menschen mit Laktoseintoleranz, und davon gibt es in der Schweiz fast zwei Millionen.
Brauen: Das neue Rivella Gelb enthält zudem deutlich weniger Zucker als das Original. Damit erfüllen wir ein weiteres Kundenbedürfnis, das in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hat.

Die Farbwahl spricht nicht alle an. Einige finden sie sogar unappetitlich …

Brauen: Wir haben im Unternehmen, auch mit dem Verwaltungsrat, kontrovers diskutiert, ob wir es nochmals mit einem Rivella Gelb probieren sollen. Es ist ein mutiger Entscheid, aber wir sind überzeugt, dass er richtig ist. Gelb wird mit vegan und wenig Zucker assoziiert. Dass wir damit unerwünschte Assoziationen wecken, glauben wir nicht. Beim Bier ist das ja auch kein Problem …

Rivella Gelb soll auch eine jüngere Kundschaft ansprechen. Wäre es nicht sinnvoller, dafür eine neue Marke aufzubauen?
Brügger: Mit Focuswater haben wir bereits eine starke Marke, die bei Jungen Anklang findet. Der Aufbau einer neuen Marke ist zudem kein Kinderspiel. Von hundert Innovationen setzen sich nur ganz, ganz wenige durch.

Und was ist mit Akquisitionen?
Brauen: Wir halten ständig die Augen offen, ob es Marken gibt, die zu uns passen würden. Namen kann ich keine nennen, aber es tauchen immer wieder interessante Kandidaten auf. Die Schweiz ist eine Tüftler-Nation! Wir führen auch regelmässig Gespräche. Voraussetzung für eine Akquisition ist jedoch, dass die Gegenseite verkaufen will.
Brügger: Im Fokus haben wir kleine Start-ups, deren Produkte grosses Wachstumspotenzial besitzen – und denen wir mit unserer Erfahrung und unserem Netzwerk helfen können. Genau so, wie uns das 2019 bei der Übernahme von Focuswater gelungen ist.

Trotz dieser Akquisition ist der Getränkeausstoss von Rivella in den vergangenen 20 Jahren stark zurückgegangen. 2003 setzten Sie hierzulande 105 Millionen Liter ab, 2023 waren es noch 67 Millionen Liter. Damit können Sie nicht zufrieden sein.
Brügger: Die Trinkgewohnheiten und der Lifestyle in der Schweiz haben sich in dieser Zeit stark verändert. Süssgetränke sind weniger gefragt als vor 20 Jahren und das Angebot ist deutlich grösser geworden. Der Getränkeausstoss ist für uns aber nicht die alles entscheidende Kennzahl. Wichtiger sind die verkauften Flaschen und der Umsatz. Da sieht die Entwicklung besser aus. Aber es ist klar: Wir hätten gerne mehr zugelegt.

Die Bevölkerung ist in den letzten zwei Jahrzehnten stark gewachsen. Wieso konnten Sie davon nicht profitieren?
Brügger: Das Bevölkerungswachstum war vor allem in städtischen Gebieten sehr gross, und dort sind wir traditionell weniger stark aufgestellt als auf dem Land. Und als traditioneller, typisch schweizerischer Brand profitiert Rivella kaum von der Zuwanderung.

Früher spielten im Rivella-Marketing die Schweizer Ski-Cracks eine grosse Rolle. Heute hält Marco Odermatt ein Red Bull in die Kamera. Wieso?
Brügger: Grundsätzlich wäre ein Ski-Sponsoring für uns noch immer interessant. Auf der Piste wird nach wie vor gerne Rivella getrunken. Allerdings sind die meisten nur wenige Tage pro Jahr auf den Ski. Für uns ist es deshalb mindestens genauso wichtig, als Sommer-Getränk und im Alltag wahrgenommen zu werden.
Brauen: Wir setzen unsere Werbemittel stärker für Sommer-Kampagnen ein. Allerdings ist es nicht ganz so einfach, dafür bekannte Werbeträger zu finden. Allzu viele grosse Schwimmstars hat die Schweiz bislang noch nicht hervorgebracht (lacht).
Brügger: Wenn wir unbegrenzt Geld zur Verfügung hätten, würden wir Odermatt und die Ski-Nati gerne sponsern. Red Bull hat aber ganz andere Mittel als wir.

Sie teilen sich nun seit rund einem Jahr die Aufgabe des CEO. Bei welcher Entscheidung gab es Konflikte?
Brauen: Wir sind längst nicht immer einer Meinung. Aber wir sind in der Lage, unterschiedliche Meinungen zuzulassen und Kompromisse zu finden.
Brügger: Auch als ich allein CEO war, habe ich meine Kolleginnen und Kollegen eng in die Entscheidungsfindung einbezogen. Zudem habe ich mit Silvan schon vorher zwölf Jahre lang eng zusammengearbeitet. Wir wussten also, dass wir gut harmonieren.
Brauen: Unsere grösste Sorge war, dass das Unternehmen langsam wird und wir unsere Spontanität verlieren, weil wir uns ständig erst absprechen müssen. Das ist aber zum Glück bis jetzt nicht passiert. Wenn es nicht um ganz grosse Sachen geht, entscheidet derjenige, der gerade vor Ort ist.

Magdalena Martullo-Blocher, eine frühere Rivella-Mitarbeiterin, die heute als Unternehmerin sehr erfolgreich ist, vertritt das Credo: «Verantwortung ist nicht teilbar». Was sagen Sie zu solchen Feststellungen?
Brügger: Gewisse Menschen können das, andere nicht. Mit Magda würde es wohl nicht funktionieren. Mit ihr würde ich deshalb auch nicht ein Co-CEO-Amt antreten. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch. Es ist fantastisch, was Magda mit der Ems-Chemie leistet. Aber um gemeinsam ein Unternehmen zu führen, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Eine davon ist, dass sich nicht alles um eine Person dreht. Zudem braucht es gegenseitiges Vertrauen und die Bereitschaft, bei Meinungsverschiedenheiten zu diskutieren und einen Konsens zu finden. Magda löst solche Dinge anders.

Sie sprechen von «Magda». Wie gut kennen Sie Frau Martullo-Blocher?
Brügger: Ich habe mit ihr studiert und hatte danach auch geschäftlich immer mal wieder mit ihr zu tun. Zudem ist ihre Schwester Miriam bei uns im Verwaltungsrat. Wir haben also durchaus Berührungspunkte mit der Familie Blocher. Aber den CEO-Posten würde ich mit Magda trotzdem nicht teilen. Das würde weder für sie noch für mich funktionieren.

Rivella gilt als äusserst progressiver Arbeitgeber, nicht nur wegen der Doppel-Spitze. Auf einer Onlineplattform schrieb ein Mitarbeiter: «Der Profit/Umsatzgedanke scheint nicht, wie bei vielen anderen Firmen, über allem zu stehen.» Würden Sie das unterschreiben?
Brauen: Mit Abstrichen. Die Zahlen sind auch bei uns sehr wichtig. Wenn es in die falsche Richtung geht, wird es uns irgendwann schlicht nicht mehr geben. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Aber wir pflegen sicher einen sehr respektvollen Umgang mit unseren Mitarbeitenden. Ende Jahr ziehen wir nicht irgendeine Hauruckübung durch, um noch ein paar Franken einzusparen.
Brügger: Es liegt auch in unserem eigenen Interesse, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wir sind in Rothrist zu Hause, nicht in Basel oder Zürich. Wir müssen deshalb etwas bieten, damit die guten Leute zu uns kommen.
Brauen: Eine wichtige Rolle spielen zudem Verwaltungsratspräsident Alexander Barth und dessen Familie. Sie fühlen sich ihren Angestellten verpflichtet, und das spürt das Personal. Die meisten unserer Leute sagen deshalb, dass sie für die Familie Barth arbeiten.

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