Rimuss wegen Finanzbetrug zwangsverkauft - Jetzt spricht der Patron
«Ich sterbe lieber ärmer, dafür behalten meine Leute ihren Job»

Beat S. wollte sich einen grossen Traum im Frauenfussball erfüllen. Doch damit trieb er die Traditionskellerei Rimuss beinahe in den Ruin. BLICK sprach mit ihm – und mit dem Rimuss-Patron, der ihm vergibt.
Publiziert: 11.10.2017 um 23:34 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:07 Uhr
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Robert Rahm hegt keinen Groll gegenüber seinem Ex-Finanzchef.
Foto: STEFFEN SCHMIDT
Konrad Staehelin, Patrik Berger

Die herbstliche Sonne wärmt, es riecht nach Wein, im Hintergrund sieht man stolze Rebberge. In den Hallen der Firma Rimuss in Hallau SH werden Trauben gepresst. Auch für den alkoholfreien Chlöpfmoscht, den in der Schweiz jedes Kind kennt.

Neuer Chef: Andrea Davaz.
Foto: ZVG

Doch die Idylle trügt. Anfang Woche wurde bekannt, dass der Bündner Weinhändler Andrea Davaz (52) das traditionsreiche Unternehmen kauft – über 70 Jahre nach dessen Gründung. Hauptgrund für den überraschenden Deal ist Beat S.* (56), der ehemalige Finanzchef von Rimuss und Sportchef des Frauenteams des FC Neunkirch.

S. ist nicht alleine schuld

Rimuss war Sponsor der Mannschaft. S. griff aber viel tiefer in die Firmenkasse als vertraglich vereinbart. Er leistete sich für das Frauenteam des 2000-Einwohner-Dorfs einen teuren Profibetrieb. Verpflichtete ausländische Spielerinnen. Auf dem Rasen hatte er Erfolg: Der FC Neunkirch wurde dieses Jahr Meister und Cupsieger, qualifizierte sich für die Champions League.

Ein Triumph, der sich nicht wiederholen wird: Die Spielerinnen des FC Neunkirch feiern im Sommer dieses Jahres den Gewinn der Meisterschaft.
Foto: Siggi Bucher

Seinem Arbeitgeber brach er mit seinem Tun aber fast das Genick. Laut BLICK-Informationen steckte er deutlich über eine Million Franken in den Verein. Im Frühling zeigte sich Beat S. selber an. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das vermeintliche Fussballmärchen nahm ein schlimmes Ende. Und Rimuss geriet in finanzielle Schieflage.

Und zwar im dümmsten Moment. «Der Wind im Detailhandel weht derzeit heftig, die Margen sind gerade für Markenartikler wie Rimuss unter permanentem Druck», sagt Sprecher Andreas Bantel zu BLICK. «Der Betrugsfall war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.»

«Er soll nicht alles verlieren»

Firmen-Mitinhaber Robert Rahm (79) trägt das mit Grösse. «Mir ist lieber, wenn ich ein bisschen ärmer sterbe. Dafür behalten die Arbeiter ihren Job und die Winzer ihren Abnehmer. Die Lösung mit Davaz ist für uns ein Sechser im Lotto», sagt er zu BLICK.

Gegenüber dem ehemaligen Finanzchef Beat S. hegt er keinen Groll. Mehr noch: «Ich habe seinen Kollegen gesagt, dass sie ihn nicht verstossen sollen, damit er nicht alles verliert», sagt Robert Rahm. Mehr darf er wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen. «Für die Dauer des Verfahrens ist uns jeglicher Kontakt untersagt.»

«Ich muss jetzt aufs RAV»

BLICK konfrontierte Beat S. gestern an seinem Wohnort mit dem Betrugsfall. In Adiletten und Trainerhose öffnet er die Türe, gibt sich aber wortkarg: «Ich sage nichts zum Ganzen, ich muss jetzt aufs RAV.» Der Verein, den er laut Bekannten über alles geliebt hatte, hat sich aus der Nationalliga A zurückgezogen und spielt mittlerweile wieder in den Niederungen der 2. Liga. Den Champions-League-Platz erbte der FC Zürich.

Besteht weiterhin: Die Traditionskellerei Rimuss mit Sitz in Hallau SH.
Foto: STEFFEN SCHMIDT

Die Veruntreuung ist das Ende der Ära Rahm. Doch die Kinder können weiterhin mit Rimuss anstossen. Davaz will die Produktion in Hallau und sämtliche 45 Mitarbeiter übernehmen. Auch die Marke bleibt erhalten. Seit vier Jahren gehört Rimuss einer Familienstiftung, die christliche und soziale Projekte unterhält. Die Stiftung hat auf einiges Geld verzichtet, um diese Lösung zu ermöglichen. Die Familie Rahm schreibt Darlehen ab, die sie der Firma gewährte.

* Name der Redaktion bekannt

Das Weinimperium der Familie Davaz

Andrea Davaz (52) ist einer der Grossen im Business mit Schweizer Weinen. Sein Handwerk erlernte er bei Emil Rahm (†85) in Hallau SH, wo er für kurze Zeit auch als Betriebsleiter wirkte. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die christliche Grundhaltung und das Engagement für sozial Schwache, die Davaz mit der Familie Rahm teilt. Heute besitzt er ein eigenes Weinimperium mit Sitz in Fläsch GR und setzt pro Jahr 32 Millionen Franken um. Andrea Davaz führt die Firma in zweiter Generation und beschäftigt an den Standorten Fläsch, Landquart GR und Pontresina GR 50 Angestellte. Der Vater von sechs Kindern sitzt für die SVP im Bündner Grossrat und ist ein passionierter Marathon- und Langläufer. In Fläsch baut er auf einer Fläche von zwölf Hektaren Trauben an. In Pontresina führt Davaz eine Weinhandlung mit 3000 verschiedenen Weinen. Seine Spezialität sind edle Tropfen für die Spitzengastronomie. Bruder Johannes Davaz (54) führt seit 1990 in der Toskana das Weingut Poggio al Sole zwischen Florenz (I) und Siena (I). Patrik Berger

Andrea Davaz (52) ist einer der Grossen im Business mit Schweizer Weinen. Sein Handwerk erlernte er bei Emil Rahm (†85) in Hallau SH, wo er für kurze Zeit auch als Betriebsleiter wirkte. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die christliche Grundhaltung und das Engagement für sozial Schwache, die Davaz mit der Familie Rahm teilt. Heute besitzt er ein eigenes Weinimperium mit Sitz in Fläsch GR und setzt pro Jahr 32 Millionen Franken um. Andrea Davaz führt die Firma in zweiter Generation und beschäftigt an den Standorten Fläsch, Landquart GR und Pontresina GR 50 Angestellte. Der Vater von sechs Kindern sitzt für die SVP im Bündner Grossrat und ist ein passionierter Marathon- und Langläufer. In Fläsch baut er auf einer Fläche von zwölf Hektaren Trauben an. In Pontresina führt Davaz eine Weinhandlung mit 3000 verschiedenen Weinen. Seine Spezialität sind edle Tropfen für die Spitzengastronomie. Bruder Johannes Davaz (54) führt seit 1990 in der Toskana das Weingut Poggio al Sole zwischen Florenz (I) und Siena (I). Patrik Berger

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