Jerome Powell (69) sieht seine Mission noch lange nicht beendet: Der US-Notenbank-Chef hat am Mittwochabend den dritten massiven Zinsschritt seit Juni entschieden. Die US-Notenbank Fed erhöht den Leitzins, wie von vielen Experten erwartet, erneut um 0,75 Prozentpunkte. Damit steigt die Zinsspanne in den USA auf 3 bis 3,25 Prozent.
Powell sieht den Kampf gegen die hohe Inflation in den USA noch lange nicht durchgestanden. Im August ist die Inflation im Land zwar von 8,5 auf 8,3 Prozent gesunken. Wirtschaftsexperten hatten im Vorfeld jedoch mit einem deutlicheren Rückgang gerechnet. Wie Powell an der Pressekonferenz erklärt, will er eine starke Lohn-Preisspirale verhindern. «Je länger die Inflation hoch bleibt, desto stärker werden die Inflationserwartungen steigen.» In einer solchen Spirale verlangen die Angestellten immer höhere Löhne, worauf die Firmen mit höheren Preisen reagieren müssen.
Besonders alarmierend: Die Teuerung hat die Verbraucherpreise in den USA mittlerweile auf breiter Ebene erfasst. Anfänglich schlugen vor allem die Energie- und Lebensmittelpreise auf. Nun aber erhöhen immer mehr Firmen in anderen Branchen ihre Preise wegen der hohen Energiepreise ebenfalls. Das hat dazu geführt, dass die Kerninflation, die ohne Energie und Lebensmittel berechnet wird, im August sogar um 0,6 Prozentpunkte gestiegen ist. Einige Experten hatten deshalb gar mit einem Zinsschritt von einem Prozentpunkt gerechnet.
Inflationsziel soll 2025 erreicht werden
Powell will mit seiner harten Linie im Kampf gegen die Inflation die US-Wirtschaft weiter abkühlen – und so die Inflationsrate wieder in die Nähe des Ziels von zwei Prozent senken. Powells massive Zinsschritte sorgen bei Wirtschaftsgrössen zunehmend für Kritik. Sie fürchten, dass die Fed die USA unnötig tief in eine Rezession stürzt. Die US-Wirtschaft ist bereits in den letzten beiden Quartalen geschrumpft, was gemäss Definition einer Rezession entspricht.
Entsprechend sagt die Fed in diesem Jahr ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum als noch vor drei Monaten angenommen voraus. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) der weltgrössten Volkswirtschaft soll demnach um 0,2 Prozent wachsen. Das wären 1,5 Prozentpunkte weniger als noch im März prognostiziert.
Powell geht davon aus, dass die Inflation ohne starke Zunahme der Arbeitslosigkeit reduziert werden kann. «Aktuell haben wir auf dem Arbeitsmarkt deutlich mehr offene Stellen als Stellensuchende», sagt der Fed-Chef. Mit einer abkühlenden Wirtschaft kehre der Arbeitsmarkt wieder zu einem Gleichgewicht zurück. Die Arbeitslosigkeit werde nur leicht steigen, sagt Powell voraus.
Die US-Notenbank rechnet im laufenden Jahr auch mit einer etwas höheren Inflationsrate als zuvor angenommen. Die Teuerungsrate soll trotz der Erhöhungen des Leitzinses 2022 durchschnittlich bei 5,4 Prozent liegen. Powell rechnet damit, dass die Inflation erst 2025 wieder auf 2 Prozent gesenkt werden kann.