«Plan Z» und «weisse Ritter»
Die acht schrägsten Fakten zum PUK-Bericht

Der Bericht der PUK zum Aus der Credit Suisse ist eine trockene Sache. In den 550 Seiten finden sich aber auch lustige, bemerkenswerte oder überraschende Fakten.
Publiziert: 20.12.2024 um 17:43 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2024 um 17:47 Uhr
Der Bericht der Parlamentarischen Kommission zum Aus der Credit Suisse liegt im Bundeshaus auf.
Foto: keystone-sda.ch
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Michael Heim und Holger Alich
Handelszeitung

Fast 600 Seiten, mehr als 2000 Fussnoten und das Who’s who der Schweizer Bankenregulierung. Der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Niedergang der Credit Suisse enthält viel harten Stoff und komplexe Erklärungen, aber auch interessante Einblicke in das politische Bern.

Und so kann nicht selten auch staunen oder schmunzeln, wer sich durch den dicken PUK-Bericht kämpft. Wir haben ein paar bemerkenswerte Dinge zusammengetragen, die wir dank des Berichts auch noch gelernt haben.

Die CS wollte die Finma gegen Moody’s einspannen

Die PUK berichtet, dass das Credit-Suisse-Management die Finma jahrelang zu Narren gehalten habe. Die Beziehungen seien nicht die besten gewesen. Das hinderte die Bankführung in der Ära Körner/Lehmann aber nicht daran, die Finma auch mal für ihre Zwecke einspannen zu wollen. Auf Seite 222 erfährt man, dass die CS die Aufsicht im Oktober 2022 gebeten hat, in ihrem Sinne bei der Ratingagentur Moody’s zu intervenieren.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Denn die Analysten und Analystinnen von Moody’s waren vom neuen Strategieplan der CS-Führung, welchen Ueli Körner im Oktober 2022 präsentiert hatte, nicht wirklich überzeugt. Die Ratingagentur kündigte daher dem CS-Management an, die Note für die Grossbank senken zu wollen. Das sorgte für einige Unruhe im CS-Management, Körner fürchtete weitere Geldabflüsse. Die Ratingapezialisten hätten bei ihrer Einschätzung «nicht alle Informationen» der Bank berücksichtigt. Daher habe er die Finma gefragt, «ob sie bereit wäre, das Gespräch mit Moody’s zu suchen, um Missverständnisse auszuräumen», heisst es im Bericht.

Die Finma sei aber nur bereit gewesen, in allgemeiner Form über ihre Aufsichtsarbeit mit Moody’s zu reden. Auf dieses Angebot ging das CS-Management dann laut Bericht nicht mehr ein. 

Rekordleistung: Gegen keine Bank gab es mehr Enforcementverfahren

Die Credit Suisse darf sich offiziell Enforcementrekordhalterin nennen. Das zumindest hielt die Finma in ihrem jährlichen Assessmentbrief, den sie im Mai 2021 zum Jahr 2020 ausstellte, fest: «Never in the history of Finma has a major financial firm exhibited simultaneously so many issues requiring enforcement proceedings and urgent remediation measures.»

Alle, nur nicht die UBS: Mögliche Retter der CS

Den Verkauf an die UBS bezeichnete CS-Präsident Axel Lehmann noch im Dezember 2022 nicht als Plan B, Plan C oder Plan D, sondern als «Plan Z». Dieser sollte noch nicht einmal offiziell im Verwaltungsrat besprochen werden.

Dafür brachte die Bank andere Banken als Käuferinnen ins Spiel. Dass in letzter Minute Mitte März der Assetmanager Blackrock als Weisser Ritter hätte dienen sollen, ist bekannt. Allerdings bestanden dafür eher geringe Chancen, da Blackrock die CS höchstens ohne Banklizenz habe übernehmen wollen. Zuletzt ärgerte man sich im Bundesrat offenbar über diese vorgeschobene «Pseudolösung». Die Rede ist im PUK-Bericht von einem «Pokerspiel», mit dem man in der kritischen Phase mehrere Stunden verloren habe.

Als der Verkauf der CS noch ein eher unrealistisches Szenario war, nannte Lehmann in einer Sitzung mit der Finma auch andere Banken, die als Käuferinnen infrage kommen könnten. Man wolle «alle Optionen» prüfen und «befand BNP, Morgan Stanley und HSBC» ebenfalls für geeignet. Effektive Gespräche führte die Bank jedoch auch dann nicht, als sie von der Finma später dazu aufgefordert wurde.

In einer «Kurzanalyse» per Mail schickte die CS der Finma Ende Dezember zudem Auswertungen zu möglichen Käuferinnen: J. P. Morgan, Bank of America, Morgan Stanley, Goldman Sachs, BNP Paribas, Barclays, Deutsche Bank, Standard Chartered, Saudi National Bank. Und zu Lehmanns Plan Z, der UBS.

Weil die CS bockte, plante man auch eine Zwangsfusion

CS-Präsident Lehmann kommt in dem Bericht generell nicht gut weg. Bis zum Schluss habe er der Wahrheit nicht ins Auge sehen wollen, dass es mit seiner CS bald aus sein würde. Der Kaufpreis war ihm zu tief und die Bedingungen zu schlecht. Diese Halsstarrigkeit machte die staatlichen Stellen sichtlich nervös.

Laut PUK-Bericht wurde daher ernsthaft erwogen, die Credit Suisse zu einer Zwangsfusion mit der UBS zu verdonnern, um einen Fallout im Weltfinanzsystem abzuwenden. Es waren dann SNB-Chef Thomas Jordan und SIF-Staatssekretärin Daniela Stoffel, welche die Preisverhandlungen mit der UBS führten. Im Gegenzug für mehr Staatsgarantien für Verluste aus der Abwicklungseinheit, in der die UBS Teile der CS entsorgen wollte, erhöhte Kelleher auf den letzten Metern den Preis auf 3 Milliarden Franken. Lehmann willigte ein, und die Option Zwangsfusion kam nicht zum Tragen.

IT from Hell und eine bundesrätliche Chatgruppe

Die verschiedenen Akteure im Umfeld der CS-Rettung kämpften laut PUK-Bericht mit inkompatiblen Systemen. So sei das Dokumentenmanagementsystem des Bundes «nicht geeignet, um in einer Krisensituation verwendet zu werden», weil es nicht ermögliche, dass mehrere Personen gleichzeitig an einem Dokument arbeiten.

Auch fehlten sichere Kanäle zwischen EFD, SNB und Finma. Wollten die Mitarbeitenden des Finanzdepartements verschlüsselte Mails verschicken, mussten sie auf die Systeme von Finma und Nationalbank ausweichen. Die Bundesratsmitglieder kommunizieren untereinander über einen Chat des Schweizer Anbieters Threema.

Out of Africa: Projektnamen für die Rettung der CS

Hat da jemand ein Afrika-Trauma? Projekte werden auch bei der Credit Suisse und der Finma gerne mit geografischen Bezeichnungen versehen: Darunter das Projekt «Africa» im Jahr 2022, bei dem es um die Restrukturierung der Bank ging. Das Projekt «Egypt» wiederum beinhaltete den angestrebten Verkauf des Geschäftsbereichs Structurized Products.

Die naheliegende Lösung trug am Ende dann einen weniger exotischen Namen: Das «Project Como» stand für die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Das Finanzdepartement wiederum verwendete ab Herbst 2022 den Code «Aare» für eine mögliche Rettung der Credit Suisse. Vielleicht, weil da längst klar war, dass alles den Bach abgehen würde?

Gruss an Schrödingers Katze: Wenn Treffen keine Treffen sind

Bereits bekannt war, dass es zwischen Vertretern der Credit Suisse, Ueli Maurer und der Nationalbank Sitzungen gab, die nicht protokolliert wurden und deren Ergebnisse auch nicht zurück ins Bundeshaus getragen wurden. Neu ist, dass diese Meetings als «Non-Meetings» bezeichnet wurden. Über den Sinn und Zweck der Nichttreffen scheint sich die PUK nicht ganz einig gewesen zu sein; die Bewertung im Bericht bleibt diffus. Zwar könne es Sinn machen, sich informell zu treffen. Die Erkenntnisse dieser Sitzungen nicht zu teilen, sei hingegen weniger sinnvoll. «Kei Luscht» auf solche Treffen hatte indes nicht der mit diesem Spruch bekannt gewordene Finanzminister Ueli Maurer, sondern Finma-Präsidentin Marlene Amstad.

30’000 Seiten – und Berichte mit Korrekturanmerkungen

Kein Bericht über einen Bericht ohne Angabe zu dessen Umfang: Rund 30’000 Seiten Dokumentation musste die PUK auswerten. Als besonders herausfordernd stellte sich laut PUK-Bericht heraus, dass die Ämter teilweise nicht nur die relevanten Dokumente erhielten, sondern auch «Dokumente mit Randdaten und Vorversionen von Übersetzungen». Bei der Auswertung habe dann eine Software geholfen, die aber – so der Bericht explizit – «den Anforderungen des Informationsschutzes vollumfänglich genügte».

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