Parfums sind beliebte Geschenke zu Weihnachten
Duft-Industrie steht unter Kinderarbeitsverdacht

Auch vielerorts in der Schweiz beschenkt man sich zu Weihnachten mit Parfums. Nun steht die Industrie mit den edlen Duftstoffen unter Kinderarbeitsverdacht. Was Givaudan mit Sitz in Genf damit zu tun hat.
Publiziert: 24.12.2023 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 24.12.2023 um 13:00 Uhr
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Duftstoff-Hersteller Givaudan aus dem Kanton Genf ist ein Riese im Geschäft mit edlen Riechstoffen.
Foto: Keystone

Gut 160 Millionen Mädchen und Jungen weltweit sind gemäss Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und Unicef von Kinderarbeit betroffen. Als Hilfskräfte im Dienstleistungssektor, in der Industrie, aber zum grössten Teil in der Landwirtschaft. 

So auch auf Feldern in der Türkei, neben Bulgarien der Hauptlieferant von Rosenextrakt, das von der Duftstoff-Industrie verwendet wird. Das kostbare Öl der Damaszener-Rosen steckt in zahlreichen Parfums, die zu den Geschenke-Klassikern an Weihnachten gehören. «Kleine, flinke Hände können am besten die Blüten zupfen», sagt ein Vorarbeiter in der türkischen Provinz Isparta der «NZZ am Sonntag».

Die Ernte dauert wenige Wochen. Wanderarbeiter wohnen in dieser Zeit unter prekären Verhältnissen, wie die Zeitung beobachtete. Bis letztes Jahr halfen Kinder ab sechs Jahren bei der Ernte mit, teils auf abgelegenen Feldern fernab der Kontrolle der türkischen Polizei und Inspektorinnen von Kosmetikfirmen. Seit diesem Jahr ist das gesetzlich verboten. Kinderarbeit ist in der Türkei seit 50 Jahren illegal.

L’Oréal oder Chanel sind Grossabnehmer des türkischen Rosenöls, in der Schweiz ist es Givaudan.

Givaudan kann Kinderarbeit nicht ausschliessen

Pikant: Das Schweizer Unternehmen Givaudan, der weltweit grösste Hersteller von Aromen und Duftstoffen, schliesst Kinderarbeit für seine Produkte nicht aus, heisst es in dem Bericht. «Es gibt keine hundertprozentige Garantie», sagt eine Sprecherin. Givaudan beschäftige Kinder erst, wenn sie ihre vorgeschriebene Schulausbildung abgeschlossen hätten, und keinesfalls vor Vollendung des 15. Lebensjahres, so der Wortlaut der Menschenrechtsrichtlinie des Genfer Unternehmens.

Was muss sich ändern, damit türkische Wanderarbeiterfamilien ihre eigenen Kinder nicht mehr zur Arbeit heranziehen? Erwachsene Erntehelfer müssten genug verdienen, sagt Ertan Karabiyik, ein renommierter Bürgerrechtler, der «NZZ am Sonntag». Karabiyik pocht seit langem auf bessere Arbeitsbedingungen und ein Ende der Kinderarbeit in der Türkei.

In Isparta kommen Saisonarbeiterinnen und -arbeiter auf einen Tageslohn von umgerechnet etwa sechs Franken. Für ein Kilo Rosenblätter zahlen die Abnehmer rund 30 Rappen. Der Tagesverdienst reicht in der Türkei gerade mal für vier Liter Milch oder ein Kilo Billigkäse. Die Parfum-Industrie dagegen fährt Milliarden-Profite mit ihren Luxus-Produkten ein, zu denen auch Cremes und Shampoos mit dem Inhaltsstoff Rosenöl «Made in Turkey» gehören. Das Geschäft brummt, gerade jetzt zur Weihnachtszeit. (uro)


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