Als J.V.* am 12. Juli 2020 an der Hohlstrasse 481 in Zürich ankommt, ist es fünf Minuten nach Mitternacht. Er will seinen Kollegen in der neuen Überbauung besuchen und parkiert sein Auto auf einem der dafür vorgesehenen Parkplätze. So zumindest steht es auf der Tafel: «Berechtigt sind nur Besucher und Lieferanten der (...) Hohlstrasse 481 und 485 (...) für die Dauer ihres Besuches (...)».
Doch bereits fünf Minuten später hat J.V. unter seinem Scheibenwischer eine Rechnung für 50 Franken. Es handelt sich dabei um eine sogenannte «Umtriebsentschädigung» der Winterthurer Firma Parkon. Diese führt für private Eigentümer – in diesem Fall die Immobiliengesellschaft Mobimo – kostenlose Parkplatzkontrollen durch.
Besucher müssen sich online registrieren
Denn auf Privatgrund kontrolliert und büsst nicht die Polizei. Es liegt am Grundeigentümer, Verstösse zu melden. Die Grundeigentümer beauftragen meistens entweder den Hauswart oder ein spezialisiertes Unternehmen mit der Überwachung. In diesem Fall Mobimo die Firma Parkon.
Diese darf Falschparkierer jedoch nicht direkt büssen, sondern verlangt in einem ersten Schritt eine «Umtriebsentschädigung». Wird diese nicht innert zwei Wochen bezahlt, kommt es zu einer Anzeige. Und eine solche kostet den Lenker oft deutlich mehr als die Umtriebsentschädigung.
Aber warum hat J.V. überhaupt eine Rechnung auf der Frontscheibe? Als er bei Mobimo nachfragt, erhält er folgende Erklärung: Besucher der Hohlstrasse müssen sich im Vorfeld oder spätestens zehn Minuten nach Ankunft online registrieren. «Davon hatte mein Kollege, den ich dort besuchte, jedoch nichts mitbekommen», sagt er zu BLICK. Und auf der Tafel, die beim Besucherparkplatz angebracht ist, steht nichts davon.
Anmeldung muss innert zehn Minuten erfolgen
Parkon bestätigt gegenüber BLICK, im Auftrag von Mobimo bei der Liegenschaft an der Hohlstrasse Parkplatzkontrollen vorzunehmen. Die Online-Registrierung läuft über ein Anmeldeportal der Firma. «Wir arbeiten seit dem 1. November 2019 mit der Online-Registrierung», sagt Mobimo-Sprecherin Marion Schihin. Zuvor habe es regelmässig das Problem gegeben, dass Besucher nicht parkieren konnten, weil die entsprechenden Parkplätze besetzt waren.
«Unsere Mieterinnen und Mieter wurden per Brief, per Newsletter und per Treppenaushang über die Einführung der Registrierungspflicht informiert», sagt Schihin. Neue Mieter werden bei der Schlüsselübergabe informiert und erhalten eine Anleitung in Papierform. Wird ein Besucher vom Mieter über dieses Vorgehen nicht informiert, muss er die Umtriebsentschädigung der Firma Parkon bezahlen – selbst wenn er von der Online-Registrierung nichts wusste.
Auch wer sich nicht innerhalb der ersten zehn Minuten nach Ankunft online registriert, muss bezahlen. Rechnet man die paar Minuten mit ein, die es braucht, um seinem Besuch dieses Vorgehen zu erklären, bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Begrüssung.
Mobimo prüft Info-Tafel beim Parkplatz
Mobimo sieht darin aber kein Problem: Die Online-Registrierung, die auch für eine Handvoll anderer Liegenschaften in der Deutschschweiz gelte, habe zum Zweck, sicherzustellen, dass die Parkplätze von Besuchern der Mieterschaft genutzt werden. «Die meisten Mieter sind froh, dass sie ihrem Besuch einen Parkplatz anbieten können», sagt Schihin zu BLICK. Es habe zwar schon negative Rückmeldungen gegeben. «Meist, nachdem das Registrieren vergessen ging», fügt sie an.
«Wir prüfen nun zusätzlich noch eine Information in Form einer Tafel bei den Parkfeldern», so Schihin. Die Umtriebsentschädigung von J.V. wurde nach mehrfacher Beanstandung durch Mobimo storniert. Nicht etwa weil er nichts von der Online-Registrierung wusste. Sondern weil er mittels eines Aktivitätenprotokolls von Google Maps beweisen konnte, dass die Umtriebsentschädigung bereits fünf Minuten nach seinem Ankommen ausgestellt wurde. Damit hatte die Firma Parkon die Frist von zehn Minuten nicht eingehalten.
* Name der Redaktion bekannt