Nicole Python wird Opfer eines Cyberangriffs
«Es ist, als hätte es mich nie gegeben»

Ein Hacker-Angriff wird für Nicole Python aus Küsnacht ZH zum Spiessrutenlauf. Am Schluss muss sie gar bei der Polizei Anzeige erstatten, um sich vom Vorwurf der Kinderpornografie-Verbreitung zu befreien. Bis heute bleibt ihre digitale Identität wie ausradiert.
Publiziert: 16.07.2022 um 10:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2022 um 19:28 Uhr
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Nicole Python wurde Opfer eines Hacker-Angriffes. Kurz darauf löschte Facebook ihr Profil.
Foto: zVg
Levin Stamm

Der Alptraum beginnt um 02:54 morgens: «Dein Facebook-Passwort wurde zurückgesetzt.» Als Nicole Python (50) das E-Mail in der Nacht auf den 6. Juli erhält, liegt sie im Tiefschlaf. Erst vier Stunden später öffnet sie schlaftrunken die Nachricht und sichert – wie im E-Mail angegeben – ihr Konto. Doch da ist es bereits zu spät. Python wurde Opfer eines Hacker-Angriffs.

Die wirkliche Überraschung folgt aber einige Tage später. Als Python versucht, sich auf ihrem Profil einzuloggen, poppt eine Fehlermeldung auf. Bald dämmert ihr: Internet-Riese Meta hat all ihre Accounts, auf Facebook und Instagram, gelöscht. Sie habe gegen die Gemeinschaftsstandards der Plattformen verstossen, heisst es auf der Webseite.

Über 2000 Kundenkontakte verloren

Ein herber Schock für Python: Sie führt in Küsnacht ZH eine Galerie für zeitgenössische Kunst. Mit einem Grossteil ihrer Kunden kommunizierte sie über über die Sozialen Medien des US-Technologiekonzerns. «Über 2000 Kundenkontakte sind einfach weg, ich erreiche sie nicht mehr», sagt sie. Auch auf Bilder von früheren Ausstellungen, die sie auf ihrem Business-Account über Jahre hinweg archivierte, hat sie keinen Zugriff mehr.

Die Chance auf eine Reaktivierung ihrer Konten schwindet immer mehr. Stundenlang durchforstet Python die Hilfeseiten von Facebook, schildert ihren Fall an jede Support-Addresse, die sie finden kann. Eine Antwort erhält sie nie. Selbst ein ihr bekannter Mitarbeiter, der am Meta-Sitz in Zürich arbeitet, kann ihr nicht weiterhelfen.

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Hacker verbreiten Kinderpornografie

In einem letzten Effort wendet sich Python schliesslich an die Cybercrime-Stelle der Kantonspolizei Zürich. Die Antwort, die sie kurz darauf erhält, bringt Licht ins Dunkel: «Erfahrungsgemäss laden die Täter kinderpornografischen Inhalt auf den Facebook-Account», schreibt ein Mitarbeiter an Python. Die fiese Masche: Die Betrüger sind einzig an Kreditkartendaten und anderen verwertbaren Daten interessiert. Durch den Upload von Kinderpornografie erreichen die Täter innert Kürze eine Sperrung des Profils – und verwischen damit ihre Spuren geschickt.

Damit nicht genug. Der Mitarbeiter empfiehlt Python gar, bei der nächsten Polizeistelle Anzeige zu erstatten. Aufgrund der Verbreitung von Kinderpornografie leitet Meta die Kontodaten des ahnungslosen Opfers direkt an die US-Strafverfolgungsbehörde weiter. Mit einer Anzeige konnte sich Python vom eventuellen Vorwurf, kinderpornografisches Material hochgeladen zu haben, befreien. Bei der Cybercrime-Stelle des Kantons Zürich haben sich bisher 23 Opfer eines solchen Hacker-Angriffs gemeldet.

Digitale Identität ausradiert

Bei Python bleibt vor allem wegen der fehlenden Hilfsbereitschaft der Facebook-Betreiberin ein schlechter Nachgeschmack. Denn nebst der totalen Funkstille lassen sich unter ihrem Namen auch keine neuen Profile mehr erstellen – Gift für Ihr Geschäft mit zeitgenössischer Kunst.

Selbst Fotos auf Profilen von Freunden, auf denen sie abgebildet war, wurden vom Konzern gelöscht. Der Konzern hat ihre digitale Identität praktisch ausradiert. Enttäuscht sagt Python: «Es ist, als hätte es mich nie gegeben.»

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