Über vier Jahre und ein juristisches Hickhack mit dem Behinderten-Verband Inclusion Handicap später nimmt der neue Pannen-Doppelstöcker der SBB Fahrt auf (BLICK berichtete): Heute war einer der sechs Züge, die vorletzte Woche vom Bundesamt für Verkehr (BAV) die Zulassung erhalten haben, das erste Mal mit Passagieren auf dem Schweizer Schienennetz unterwegs.
Pünktlich um 11.55 Uhr fuhr die Zugkombination des Herstellers Bombardier ab Zürich via Olten SO, Langenthal BE, Herzogenbuchsee BE und Burgdorf BE nach Bern ab. BLICK war mit an Bord und sprach mit den Passagieren der Jungfernfahrt.
«Mir wird nicht mehr schlecht»
«Toll, dass ich auf dem Bildschirm die Geschwindigkeits-Anzeige sehe», sagt Rentner Hans Bührer (72) aus Schaffhausen, der seine Tochter in Thunstetten BE besucht. «Der Zug ist ausserdem hell», so der Pensionär.
Sara Ghebray (37), die jeden Tag zur Arbeit pendelt, freut sich ebenfalls. «In den meisten anderen Zügen wird mir schlecht. In diesem nicht», sagt sie. «Ich würde am liebsten immer mit ihm fahren.»
Kritik vom Experten
Aber es gibt auch Kritik: «Grundsätzlich finde ich den Zug sehr gelungen. Aber es ist schade, dass es keine Tischchen an den Armlehnen mehr gibt wie im IC 2000», vergleicht Julian Ryf den Pannen-Doppelstöcker mit jenen Zugkombinationen, die seit 20 Jahren auf Schweizer Gleisen unterwegs sind.
Der 23-Jährige ist Hobby-Eisenbahnfotograf und extra für die Jungfernfahrt von Bern angereist. «Auch die automatischen Schiebetüren zwischen den Wagen öffnen sich nur sehr langsam», bemängelt Ryf.
Behindertenverband fordert Mängelbehebung
Angesichts der Probleme, die den SBB möglicherweise wegen der Beschwerde durch Inclusion Handicap ins Haus stehen, sind das jedoch Kleinigkeiten:
Der Behindertendachverband hat Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Der Verband rügte diverse Mängel an den Bombardier-Zügen. Hauptkritik: Rollstuhlfahrer könnten nicht selbständig aussteigen und Sehbehinderte seien in Stolpergefahr sowie in der Benutzung der Toiletten eingeschränkt.
Der Verband forderte eine sofortige Nachbesserung der bereits produzierten Züge und ein Umrüsten jener Züge, die noch produziert werden. Gibt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Entscheid bis Ende November dem Behindertenverband Recht, müssen Bombardier und die Bundesbahnen die neuen Züge nochmals massiv umrüsten und Millionen dafür ausgeben.