Nach Swisscom-Panne – Cloud gelöscht, wie weiter?
Beteuerungen der Cloud-Anbieter nicht blind vertrauen!

100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, auch nicht in der digitalen Welt. Deshalb raten Experten, nie nur auf eine Speichermethode zu setzen, sondern auch mal ein Backup anzulegen. Und den Beteuerungen der Cloud-Anbieter nicht blind zu vertrauen.
Publiziert: 13.07.2019 um 10:58 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2019 um 11:04 Uhr
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Die Swisscom hat ein Datenproblem: Mit der Panne beim Speicherdienst ...
Foto: Keystone
Christian Kolbe und Sven Zaugg

Das ist der GAU für alle Computerbenutzer: Die schönsten Ferienfotos, Erinnerungen an die silberne Hochzeit der Eltern oder wichtige Dokumente und Zeugnisse – alles weg! Wegen einer Datenpanne bei einem Cloud-Speicherdienst.

So geschehen beim Speicherdienst MyCloud des Telekom-Riesen Swisscom. Ein Programmierfehler führte zur Löschung von persönlichen Daten einiger Hundert Nutzer. Das brachte gestern der «Tages-Anzeiger» ans Licht. Auch wenn der Vorfall aufs Jahr 2018 zurückgeht, das Vertrauen in die Cloud-Speicherung – und in die Swisscom – ist ganz schön angeknackst. 

Nicht die erste Panne 

Auch bei Telekomspezialisten wie Ralf Beyeler (40) vom Vergleichsdienst Moneypark. «Die Datenpanne ist überraschend. Swisscom spuckt jeweils grosse Töne und betont, wie überragend gut sie arbeitet und wie viel Swissness drinsteckt», geht Beyeler mit dem Telekom-Riesen hart ins Gericht. 

Zumal dies die zweite grössere Datenpanne bei der Swisscom innert kurzer Zeit ist. So hat die Telekomfirma Ende 2017 festgestellt, dass die Daten von 800'000 Privatkunden – Namen, Adressen, Geburtsdaten und Telefonnummern – in falsche Hände geraten waren.

Swisscom schützt demnach vor Schaden nicht. «So ein Fehler hat mich nicht überrascht. Ein Datenverlust kann leider immer passieren», erklärt Martin Steiger (40), Rechtsanwalt und Experte für IT-Recht. 

Immerhin: Der Telekomriese weiss um seine Verantwortung und auch um sein teilweise aggressives Werben mit Sicherheit und Swissness. Auf Anfrage von BLICK heisst es: «Es stimmt, Swissness, Sicherheit und höchste Verfügbarkeit unserer Dienste sind uns sehr wichtig und gehören zum Kern von Swisscom.» Die Swisscom sei sich der grossen Tragweite des Vorfalls bewusst – und verspricht Besserung: «Wir haben alle Massnahmen getroffen, damit ein solcher Vorfall in Zukunft nicht mehr vorkommt.»

Ein Programmierfehler mit grossen Folgen

Trotz dieser Beteuerung der Swisscom rät Rechtsanwalt Steiger: «An einem Backup, einer zusätzlichen Speicherung der Daten, führt kein Weg vorbei. Als Faustregel gilt: Sich nie auf nur einen Anbieter oder Speicherort verlassen.» Denn, so ergänzt Beyeler: «Daten sind nie – bei keinem Anbieter – 100 Prozent sicher.» 

Auch nicht bei den Branchenriesen Amazon, Google oder Dropbox, bei denen auch viele Schweizer Konsumenten ihre Daten in der Cloud gespeichert haben. «Cloud-Speicher sind zwar relativ einfach, aber mit nur wenigen Zeilen falschem Programmier-Code kann man erheblichen Schaden anrichten», erklärt Beyeler. 

Das war bei Swisscom der Fall: Bei Arbeiten zur Speicheroptimierung seien Dateien von MyCloud-Konten versehentlich in den Bereich des Speichersystems zum endgültigen Löschen verschoben worden, schreibt Swisscom. Der Fehler sei bei der internen Entwicklung einer Software-Komponente entstanden. Also ein Programmierfehler. 

Für den Cloud-Spezialisten Zoltán Majó (36) von der Zürcher IT-Firma Ergon kommt die Swisscom-Panne überraschend. Auch er hat eine hohe Ausfallsicherheit vom MyCloud-Dienst erwartet. Der ausfallsichere Betrieb von Cloud-Diensten benötige eine umfangreiche Infrastruktur und viel Erfahrung, gibt Majó zu Bedenken und weist noch auf einen weiteren Faktor hin – das Tempo beim Aufbau: «Swisscoms MyCloud gibt es erst seit knapp vier Jahren. Als Vergleich wurde Amazons Speicherungsdienst S3 vor mehr als zehn Jahren gestartet.»

Lieber zu viel als zu wenig sichern

Bei allen potenziellen Gefahren in der Cloud, auch zu Hause sind die Daten nicht völlig sicher, auch hier kann jederzeit eine Fehlmanipulation zu Datenverlust führen – und sei es nur eine über den Laptop geschüttete Tasse Kaffee. Deshalb gibt Steiger zu bedenken: «Bei einem guten Datenanbieter sind die Daten sicherer als auf der eigenen Festplatte.»

Beyeler schlägt sogar eine dreifache Sicherung vor, um das Risiko zu minimieren: «Eine Lösung kann sein, die Daten bei Cloud-Diensten zu speichern und zusätzlich noch zwei externe Festplatten zu verwenden. Eine davon sollte an einem anderen Ort aufbewahrt werden.»

Klingt ganz schön aufwendig. Aber wie wäre es, das eine oder andere Foto oder wichtige Dokument auch mal auszudrucken, um mit einer analogen Speichermethode die Sicherheit in der digitalen Welt noch mehr zu erhöhen?

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