Die Schweizer sind doch ein besonnenes Völkchen: Was wurde im Vorfeld der Generalversammlungen der beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS gewettert und gezetert, wie schlecht doch dieser Deal für den Finanzplatz und die Schweiz sei. Es wurden turbulente Veranstaltungen erwartet, doch der Aufstand der Aktionäre ist ausgeblieben.
Am Dienstag lag zwar ein Hauch von Wehmut über dem Oval im Zürcher Hallenstadion. Doch die Aktionäre wetterten vor allem gegen die Unfähigkeit des CS-Managements, den Untergang der Bank abzuwenden, Rufe nach Konsequenzen für die Verantwortlichkeiten wurden laut, der Abschied von den Traditionsbank Credit Suisse fällt auch vielen Aktionären schwer.
Viele Fragen bleiben unbeantwortet
Doch am Mittwoch fand in der St. Jakobshalle in Basel eine fast normale GV der UBS statt. Alle Traktanden wurden mit den üblichen grossen Ja-Stimmen-Anteilen durchgewunken. Dabei galt es auch in Basel Abschied zu nehmen. Denn die UBS in dieser Form wird es so nicht mehr geben. In nächsten Wochen und Monaten entsteht eine neue Mega-UBS, die künftig den Finanzplatz prägen wird. Wie das genau geschehen wird, ist noch völlig offen, viele Fragen blieben – zwangsläufig – unbeantwortet.
Lukas Gähwiler (57), Präsident der UBS Schweiz, warnt: «Für Spekulationen über die Zukunft der Arbeitsplätze ist es ganz einfach zu früh.» Die Integration der beiden Banken sei eine «Herkulesaufgabe, die kurzfristig eher mehr als weniger Leute benötigt.» Langfristig sei aber auch klar, dass Synergien anfallen würden. Das bedeutet: Tausende werden ihren Job verlieren, in der Schweiz und weltweit.
Viel Arbeit im Maschinenraum
Selten ist an Jahresversammlungen so viel von den Mitarbeitenden die Rede wie dieses Jahr bei den beiden Grossbanken. Selten wird ihre Arbeit so oft verdankt, werden Durchhalteparolen ausgegeben. Aus gutem Grund!
Zwar müssen oben an der Spitze UBS-Präsident Colm Kellerher (65) und der neue CEO Sergio Ermotti (62) die Integration der CS orchestrieren und durchziehen. Doch unten im Maschinenraum der beiden Grossbanken müssen die Mitarbeitenden einen mindestens so guten Job machen. Sie müssen die Kunden bei der Stange halten, Informatiksysteme verschmelzen, all die kleinen Details für ein erfolgreiches Gelingen der «Herkulesaufgabe». Noch sind sie Konkurrenten, in wenigen Wochen müssen sie auf Gedeih und Verderb zusammenarbeiten. Immer im Wissen, dass sie Opfer der angekündigten Synergien werden können.
Das darf auch Ermotti nicht vergessen, der seit dem Ende der GV der neue starke Mann bei der UBS ist. Das Vertrauen in die UBS und die Mitarbeitenden sind sein wichtigstes Kapital. Er muss nun dafür sorgen, dass der juristische Vollzug der Übernahme möglichst schnell über die Bühne geht. Denn erst dann bekommt die UBS den vollen Einblick in die Bücher der CS und weiss, welche Risiken dort noch schlummern.
Blumen und Tränchen für Hamers
Es geht darum, all die vielen offenen Fragen, eine um die andere, in der nächsten Zukunft zu beantworten. Nur dann wird die Aufbruchstimmung, die am Donnerstag in der St. Jakobshalle auch zu spüren war, lange genug anhalten, damit auch die neue UBS eine Erfolgsgeschichte werden kann.
Immerhin: Von seinem Vorgänger Ralph Hamers (57) muss Ermotti keine Querschüsse befürchten. Er hat sich mit seiner Absetzung abgefunden, wird der Bank noch eine Weile als Berater zur Seite stehen. Zum Abschied gab es für den Niederländer einen Fresskorb und einen herzlichen Applaus von Präsident Kelleher. Als sich Hamers für ein Selfie mit einigen Mitarbeitenden aufstellte, flossen auch ein paar Tränchen. Viele werden den jovialen Chef vermissen, der die Kultur in der Bank in seiner kurzen Wirkungszeit nachhaltig verändert hat.