Konkurse, Entlassungen und Staatshilfen
So schlimm steht es weltweit um die Aviatik-Branche

Die Aviatik-Branche befindet sich in der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Corona hat 21 Airlines und zehntausende Jobs vernichtet. Auch Flughäfen sind bedroht. Was das für die Zukunft bedeutet, dürfte den Kunden nicht freuen.
Publiziert: 04.03.2021 um 18:27 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2021 um 15:15 Uhr
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Ein passendes Bild zur Lage der Aviatik-Branche: Die Leere an den Terminals macht den Airlines zu Schaffen.
Foto: keystone-sda.ch
Nicola Imfeld

Wir machen uns Sorgen ums Fliegen! Das Debakel-Jahr der Swiss kommt zwar nicht überraschend, aber der hohe Verlust von 654 Millionen Franken ist besorgniserregend. Der einstige Gewinn-Garant Swiss innerhalb der Lufthansa-Gruppe wird zum Sorgenkind und steht sinnbildlich für eine Branche in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Corona-Pandemie macht vor keiner Fluggesellschaft Halt – egal ob sie United, British oder Austrian Airlines heisst. Alle sind 2020 in die tiefroten Zahlen gerutscht.

«Die Situation ist dramatisch», sagt Jürg Stettler (55), der das Institut für Tourismuswirtschaft an der Fachhochschule Luzern leitet, zu BLICK. «Die erhoffte Erholung hat sich nicht eingestellt.»

Der Weltverband der Fluggesellschaften (Iata) hatte damit gerechnet, dass es das Fluggeschäft im laufenden Jahr wieder auf die Hälfte des Niveaus von 2019 schaffen wird. Doch der Verband musste seine Prognose bereits anpassen. Jetzt geht man eher von einem Niveau von 40 statt 50 Prozent aus. «Das würde ein ohnehin hartes Jahr noch härter machen», sagt Iata-Chef Alexandre de Juniac (58).

21 Airlines sind schon pleite

Dabei war bereits das vergangene Jahr ein Albtraum für die Branche. 21 Airlines sind innert Monaten verschwunden, darunter klingende Namen wie Germanwings oder Air Italy. Zehntausende Stellen weltweit sind verloren gegangen – ebenso viele bleiben auch 2021 bedroht.

«Dass es eine weitere Konsolidierung des Marktes geben wird, ist sicher», sagt Stettler. «Die Frage ist nur noch, in welchem Ausmass und wie schnell einige Fluggesellschaften pleitegehen werden.»

Bislang konnten sich viele Airlines auf Staatshilfen verlassen – wie auch die Swiss und deren Mutterkonzern Lufthansa. Doch irgendwann wird der öffentlichen Hand bei kleineren Fluggesellschaften der Geduldsfaden reissen, ist Stettler überzeugt.

193 Flughäfen in Europa bedroht

Nicht nur die Airlines, auch die Flughäfen sind in finanziellen Nöten. Zürich-Kloten ist da fast noch eine Ausnahme. Der grösste Flughafen des Landes will es ohne Staatshilfe durch die Krise schaffen. Man hat frühzeitig auf die Krise reagiert, die Dividende gestrichen, am Kapitalmarkt Geld aufgenommen und kann nun von den Reserven zehren.

Doch europaweit droht die grosse Zäsur. 193 Flughäfen auf dem Kontinent droht in den nächsten Monaten die Insolvenz, wie ein Bericht des Airports Council International (ACI) im Winter zeigte. An diesen Flughäfen hängen 277'000 Arbeitsplätze. Das ist dramatisch.

Fliegen wird langfristig teurer

Und auch in einem Best-Case-Szenario in Sachen Pandemie ist die Luftfahrtbranche ihre Sorgen längst nicht los, wie Experte Stettler sagt. «Der Geschäftstourismus wird sich nicht erholen. Warum sollte man noch viermal jährlich nach London fliegen, wenn man an der Konferenz auch virtuell teilnehmen kann.»

Auch für die Kunden hat Stettler keine guten Nachrichten. Kurzfristig werden die Preise für Ferienflüge zwar eher sinken, weil es ein Überangebot gebe und die Airlines schnell zu Liquidität kommen müssen. Aber: «Es wird in Zukunft weniger Fluggesellschaften geben. Das bedeutet, dass der Preiskampf unter den Airlines abnehmen wird.» Die Konsequenz langfristig: Das Fliegen wird wieder teurer.

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