Im Nobelort Gstaad BE spielt sich ein Immobilienkrimi der Extraklasse ab. Es geht um das «Chalet Flora». Es hat eine bewegte Vergangenheit, war unter anderem ein Internat mit internationaler Schülerschaft. Und liegt auf einem 10'000 Quadratmeter grossen Anwesen. Haus und Garten sind unbewohnt und reichlich heruntergekommen. Seit Jahren. Und doch dürfte sich der Wert des Anwesens im zweistelligen Millionenbereich bewegen. Kein Wunder bei der Lage!
Ein Betrag, der demnächst an die Berner Behörden gehen könnte. Denn das Chalet soll zwangsversteigert werden. Das ist aus dem Berner Amtsblatt ersichtlich, wie die «Berner Zeitung» schreibt. Dieser Schritt wird nötig, weil der Eigentümer, ein 24-jähriger Student aus Kasachstan, eine Rechnung nicht bezahlt hat. Ihm gehört das Haus mit über 300 Quadratmeter Gebäudefläche an bester Lage in Gstaad.
1913 Franken nicht bezahlt
Doch wie kommt es, dass ein solches Grundstück einfach aufgegeben wird? Und sogar zwangsversteigert werden soll? Der Kasache hat die Jahresrechnung 2021 der Gebäudeversicherung Bern (GVB) bis heute nicht beglichen. Es geht um einen vergleichsweise läppischen Betrag von 1913 Franken für das Millionenchalet. Der reiche Student ist für die Behörden nicht mehr erreichbar. Eine letzte Zahlungsfrist ist laut dem Bericht Anfang Juni ungenutzt verstrichen.
Mehr zum Thema Oligarchen
Doch wie wird ein junger Student aus dem fernen Kasachstan überhaupt Besitzer einer so exklusiven Liegenschaft? Die Lex Koller soll genau solche Transaktionen von Nicht-EU/Efta-Angehörigen verhindern. Offenbar ohne Erfolg. «Die genannte Person ist bei uns nicht aktenkundig», sagt Michael Teuscher (SVP), Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Obersimmental-Saanen zur «Berner Zeitung». Wenn der Kasache tatsächlich der Lex Koller unterstellt wäre, hätte er bei ihm zwingend vorstellig werden müssen, bestätigt Teuscher.
Verbindungen zu Genfer Rohstoffhändler
Einzige Erklärung: Der Kasache besitzt in der Schweiz eine gültige Niederlassungsbewilligung. So kann er wie ein Einheimischer Liegenschaften kaufen. Dazu müsste er aber seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz haben. Entsprechende Recherchen der Tamedia-Zeitungen sind im Sande verlaufen. Offenbar soll er sich seit 2017 in den USA aufhalten und dort auch studieren.
Auf seinem Linkedin-Profil wird ersichtlich, dass er als Projektmanager bei einem Infrastrukturunternehmen in der Hauptstadt Astana tätig ist. Geschäftsführer der Firma ist sein Vater. Und der soll seit Jahren enge Beziehungen zur Schweiz haben, insbesondere zu einem grossen Genfer Rohstoffhändler. Die Nichtregierungsorganisation Public Eye schuf Transparenz über die engen Verstrickungen zwischen dem Rohstoffhändler und der kasachischen Regierung. Und siehe da: In diesen Recherchen tauchte auch der Name des Vaters des 24-jährigen Kasachen auf. Wie Dokumente zeigen, hat dessen Familie in Gstaad schon vor mehr als zehn Jahren Fuss gefasst. (pbe)