Mysteriöse Verkäufer aus der Ukraine – wie Retro-Trikots von GC, Basel und Co. in Kiew landen
Big Business mit alten Schweizer Fussball-Shirts

Fussballtrikots aus längst vergangenen Tagen sind im Trend – und sehr begehrt. Auch in der Schweiz. Auf der Suche nach einem Fetzen Geschichte landen Fans schnell in der Ukraine. Warum? Blick hat mit einem Verkäufer aus der Ukraine gesprochen.
Publiziert: 25.12.2024 um 17:21 Uhr
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Aktualisiert: 25.12.2024 um 17:48 Uhr
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Die Jonas Brothers – und ein GC-Trikot?
Foto: Instagram

Auf einen Blick

  • Retro-Fussballtrikots sind wieder in Mode
  • Alte Schweizer Trikots werden oft aus der Ukraine zurück in die Schweiz verkauft
  • Vintage-Shirts können bis zu 1200 Franken kosten, besonders seltene Exemplare
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Ist Joe Jonas (35) ein Hopper? Vor gut einem Jahr trug der Lead-Sänger der Jonas Brothers an einem Konzert ein Shirt des Grasshopper Club Zürich aus den frühen 1980er-Jahren. Nicht etwa bei einem Auftritt im Hallenstadion, sondern während eines Konzerts in Sacramento (USA). Joe Jonas hat das GC-Libli nicht aus Fanliebe getragen, sondern folgte einem Modetrend: Alte Fussball-Trikots, sogenannte Retro-Shirts, sind wieder in! 

Hoch im Kurs stehen die Trikots von den grossen europäischen Fussballklubs wie Manchester United, Barcelona und Co. Diese gibts im Original von anno dazumal oder auch als günstige Replikate.

Als Faustregel gilt: je seltener und älter das Fussball-Shirt, desto teurer. Das kriegen insbesondere die Schweizer Fussballfans zu spüren. Hierzulande gibts vergleichsweise wenige Anbieter. Jene, die im Retro-Geschäft sind, führen meist internationale Shirts – historische Trikots von Schweizer Fussballvereinen sucht man vergebens.

Warum in der Ukraine?

Oft die einzige Möglichkeit sind grosse internationale Online-Verkaufsplattformen wie beispielsweise Ebay. Wer dort nach alten Schweizer Fussball-Shirts sucht, erhält eine grosse Auswahl an Trikots, die teilweise bis in die 80er-, 70er- oder 60er-Jahre zurückreichen. Kostenpunkt für einen Fetzen alter Fussballgeschichte: 400 bis 1200 Franken. 

Auffällig: Die Verkäuferinnen und Verkäufer der Schweizer Shirts sind fast alle in der Ukraine zu Hause. Wie kann das sein? Blick hat sich in der Branche umgehört. Hundertprozentig sicher ist sich niemand. Die Theorie, die am meisten Unterstützer findet: In den 90er- und frühen 2000er-Jahren sind unzählige alte Schweizer Fussball-Trikots in der Altkleidersammlung gelandet. Diese wurden dann direkt in die Ukraine geliefert. 

Kinder und Erwachsene liefen plötzlich in Shirts von Basel, Luzern und Co. durch die Strassen von Lwiw oder Kiew. Einige von ihnen dürften wiederum Jahre später erkannt haben, dass alte Fussball-Shirts hoch im Kurs stehen. Und so verkaufen sie nun die Retro-Trikots wieder zurück in die Schweiz. Vereinzelt durchaus ein grosses Geschäft, wie Blick erfahren hat.

Verkäufer aus der Ukraine: «Der Krieg macht mir das Leben schwer»

So zum Beispiel im Fall von Stanislav Chepil. «Ich bin seit etwa 15 Jahren in diesem Bereich tätig. In der Ukraine ist dieses Thema sehr beliebt – viele Sammler haben Shirts von mir gekauft», erzählt er gegenüber Blick. Er betreibt in Lwiw einen Fussball-Retroshop und verkauft die Shirts über Ebay weltweit – auch in die Schweiz. «Ich bin nicht der Einzige. Wir haben einige Privatpersonen in der ganzen Ukraine, die hier mitmischen und alte Sportkleidung in die Schweiz verkaufen.»

Woher die Shirts ursprünglich kommen? Auch Chepil kann das Rätsel nicht gänzlich auflösen. Er habe sie vor einigen Jahren von verschiedenen Secondhand-Shops in der Ukraine zusammengekauft. «Ich hatte eine gute Nase», sagt er. Aktuell sei das Business schwieriger geworden. «Der Krieg macht mir das Leben schwer. In die Schweiz darf ich noch Päckli liefern, aber andere Länder akzeptieren keine Post aus der Ukraine mehr.» Trotz der Umstände ist Chepil ein grosser Fussballfan und hat selbst Freude an den alten Shirts: «Es ist eine gute Ablenkung, und ich mache gerne Menschen aus aller Welt happy.»

Modetrend erobert die Welt

Übrigens: Hinter dem Retrohype steckt der Modetrend Blokecore. Ein Look, der Vintage-Nostalgie mit Fankultur vereint. Im Namen steckt der Begriff «Blokes», eine Beschreibung für die Männer aus der britischen Arbeiterklasse, die ihre Looks vom Sportplatz auf die Strasse brachten.

Was damals kein modischer Gassenfeger war, ist heute ein Mainstream-Trend. So zeigte sich Kim Kardashian (43) im alten Roma-Heimshirt, Luxusmarken wie Gucci, Louis Vuitton und Co. bringen den Retro-Look auf den Laufsteg, und auf Tiktok präsentieren sich junge Frauen und Männer in alten Inter-, Barça- und PSG-Trikots.

Oder eben Joe Jonas, der im blau-weiss-klassischen GC-Shirt die Fans in Kalifornien verzückt. Erstaunlich ist die modische Wahl des Lead-Sängers der Jonas Brothers übrigens nicht. Die Heimtrikots der Hoppers werden zuverlässig auf den ersten Platz der schönsten Fussballtrikots der Schweiz gewählt.

imago/UPI Photo
American Football und die Schweiz – mach mit!

American Football wird in der Schweiz populärer. Die Einschaltquoten für NFL-Spiele steigen hierzulande stetig an. Gleichzeitig ist American Football in der Schweiz immer noch eine Nische. In Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) bitten Blick und das Schweizer American-Football-Portal Endzone.ch um deine Mithilfe. Im Rahmen einer Bachelorarbeit wird die Entwicklung der Sportart hierzulande analysiert. Mach mit und hilf mit, indem du diese Umfrage ausfüllst. Es ist unerheblich, ob du die Sportart aktiv verfolgst. Damit leistest du einen wertvollen Beitrag – vielen herzlichen Dank.

imago/UPI Photo

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