Der unter Anklage stehende frühere Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn hat Japan überraschend verlassen. Ghosn, der zuletzt wegen Vorwürfen des finanziellen Fehlverhaltens unter Hausarrest in Tokio gestanden hat, floh am Montag in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in den Libanon - ohne Wissen der japanischen Behörden.
Nach Angaben libanesischer Medien reiste Ghosn über die Türkei und von da weiter nach Beirut. Laut der «New York Times» erklärte der 65-Jährige nach seiner Landung im Libanon, er wolle «nicht länger von einem manipulierten japanischen Justizsystem als Geisel gehalten werden».
Damit sucht Ghosn in dem Land Zuflucht, wo er als so etwas wie ein Volksheld gilt, um dem zu entgehen, was er «Ungerechtigkeit und politische Verfolgung» nannte. Der ehemalige Automanager besitzt neben der französischen auch die libanesische und brasilianische Staatsbürgerschaft.
Ghosn spricht von Verschwörung
Ghopsn hatte eine Kaution von 9 Millionen Dollar hinterlegt, musste seinen Pass abgeben und wurde von den japanischen Behörden scharf beobachtet. Trotzdem gelang ihm die Flucht. Laut libanesischen Medien soll er sich derzeit in einem streng bewachten Anwesen befinden, auch seine Frau Carole sei bei ihm.
Ghosn steht in Japan unter Anklage wegen Untreue und finanziellen Fehlverhaltens beim japanischen Renault-Partner Nissan. Dem einst gefeierten Automanager wird in einer Reihe von Punkten finanzielles Fehlverhalten vorgeworfen. Er soll unter anderem persönliche Verluste auf Nissan übertragen haben. Ihm wird vorgeworfen, sein Einkommen als zu niedrig angegeben, den Autobauer Nissan um fünf Millionen Euro geschädigt und sich persönlich bereichert zu haben.
Ghosn weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer Verschwörung bei Nissan, um ihn loszuwerden. Grund soll gewesen sein, dass er Nissan näher an den französischen Autobauer Renault heranführen wollte. Die beiden Konzerne bilden gemeinsam mit Mitsubishi Motors eine Allianz. (kes/SDA)