Miet-Jurist über miese Spielchen der Vermieter
«Tiefe Nebenkosten sind oft Lockvogel-Angebote»

Am Montag schrieb BLICK, wie eine ganze Siedlung in Beringen SH gegen die Nebenkosten-Abrechnung der Wincasa-Verwaltung auf die Barrikaden geht. Die Diskussion danach zeigt: Das ist ein landesweites Problem – und wohl kein Missgeschick der Verwaltungen.
Publiziert: 10.07.2019 um 07:36 Uhr
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Unzufrieden: 39 Mietparteien in Beringen SH wehren sich seit Jahren gegen die Praxis der Verwalterin Wincasa.
Foto: Philippe Rossier
Konrad Staehelin

Riesen-Frust in der Neubau-Siedlung Genesis in Beringen SH: Die Verwaltung Wincasa aus Winterthur ZH verrechnet den Mietern Nebenkosten, die in deren Augen ungerechtfertigt hoch sind.

Seit Jahren wehren sich Dutzende Parteien gemeinsam gegen die Abrechnung, die nach den bezahlten Akonto-Rechnungen zusätzlich ins Haus flatterte. Bisher nur mit mässigem Erfolg, obwohl Teile der Wincasa-Rechnung rechtlich tatsächlich fragwürdig sind.

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2015 ziehen die ersten Mieter in die Siedlung Genesis in Beringen SH ein. Es sind Neubauten. Die Wohnungen sind modern und grosszügig geschnitten.
Foto: Philippe Rossier

Häufung in den letzten Jahren

BLICK hat am Montag über den Konflikt berichtet. Die Reaktionen darauf zeigen, dass er kein Einzelfall ist. Zahlreiche Leser schreiben, dass ihnen ähnliche Dinge widerfahren sind – unter anderem in Wincasa-Liegenschaften. Am Montag beteuerte Wincasa, dass man die Anliegen der Mieter ernst nehme und mit ihnen nach einer Lösung suche. Ins Detail will sie auch auf erneute Anfrage nicht gehen.

Fabian Gloor (34), Rechtsberater beim Mieterverband, will die Wincasa nicht mit anderen Verwaltungen vergleichen. Aber er beobachtet, dass fragwürdige Nebenkosten-Abrechnungen in den letzten Jahren häufiger geworden seien.

Kalkül bei grossen Verwaltungen?

«Vor allem in Regionen mit hohem Wohnungsleerstand wie dem Mittelland kämpfen die Vermieter mit allen Bandagen um Mieter», sagt Gloor zu BLICK. Auch in Beringen beträgt die Leerwohnungsziffer mit 4,2 Prozent fast das Dreifache des Schweizer Schnitts.

Neben Mieterlass oder Geschenken sei ein beliebter Trick, die Akonto-Rechnung für die Nebenkosten tief zu halten. «So macht die Miete auf den ersten Blick einen tiefen Eindruck. Das böse Erwachen kommt hinterher mit der umso saftigeren Nebenkosten-Abrechnung.» Das ist unappetitlich, aber meist legal.

«Daneben gibt es Fälle wie jene in Beringen, bei denen gewisse Positionen juristisch nicht zu rechtfertigen sind», sagt Gloor. «Wenn Einzelpersonen vermieten, können solche Missgeschicke passieren. Bei grossen Verwaltungen könnte man fast Kalkül vermuten.» Viele Mieter würden ihre Rechte nicht kennen und darum klaglos bezahlen. Umso wichtiger sei es, sich in diesem komplexen Thema schlau zu machen.

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