Ende dieser Woche lässt Sunrise die Katze aus dem Sack. Wie gut es tatsächlich im vergangenen Geschäftsjahr gelaufen ist, erfahren am Freitag Anlegerinnen und Kunden des Schweizer Telekomanbieters. In deren Hinterkopf: Nach einem durchzogenen dritten Quartal im letzten Jahr kündigte Sunrise eine Massenentlassung und grössere Umstrukturierungen an. Die Kündigungen sollen von Mitte Januar bis Ende März ausgesprochen werden.
Die Entlassungswelle rollt bereits. Davon betroffen sind auch Jungmütter. Wie die Nummer zwei im Schweizer Telekommarkt gegenüber dem Finanzblog Inside Paradeplatz bestätigte, wurden junge Frauen im Mutterschutz über eine anstehende Kündigung informiert.
«Sunrise hat selbstverständlich keine Kündigungen während den gesetzlichen Sperrfristen ausgesprochen», stellt ein Sprecher des Unternehmens auf Blick-Nachfrage klar. Man habe einzelne Mitarbeitende, die in der Mutterschaft sind, «vorinformiert», dass ihre Stelle durch die Reorganisation wegfallen werde und es nach Ablauf der Sperrfrist zu einer Kündigung kommen werde.
Der Sprecher: «Dies, um die Betroffenen frühzeitig über die bevorstehende, neue Situation sowie die Unterstützung durch den Sozialplan zu informieren.» Und weiter erklärt er: «Damit vermeiden wir, dass die Betroffenen erst nach getroffenen Vorbereitungen und bei Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub an den Arbeitsplatz von der neuen Situation erfahren.»
Im Rahmen der Reorganisation sei es unvermeidlich gewesen, einen Stellenabbau ganz zu verhindern. Die betroffenen Frauen haben sich bei der Vorinformation überrascht und auch enttäuscht über die Information gezeigt. «Sie haben aber geschätzt, dass über die bevorstehende Kündigung vorzeitig und damit vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz respektive dem Aussprechen der Kündigung informiert wurde.» Für die über die Kündigung informierten Frauen sowie alle bereits entlassenen Mitarbeitenden werde ein umfangreicher Sozialplan bereitstehen, verspricht Sunrise.
Experte: «Vorgehen ist zulässig»
«Wenn es sich tatsächlich nur um eine Vorankündigung handelt, um den Mitarbeitenden eine Vorlaufzeit zu gewähren, dann ist dieses Vorgehen zulässig», sagt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich. Bei der Vorinformation handelt es sich nicht um die eigentliche Kündigung, die während des Mutterschutzes unzulässig wäre.
«Es ist nicht direkt der Mutterschaftsurlaub, der den Schutz auslöst. Nach dem Gesetz sind es – unabhängig von der Dauer eines Mutterschaftsurlaubs – die ersten 16 Wochen seit der Niederkunft beziehungsweise der Geburt», so Rudolph. Bei Sunrise haben die Mitarbeitenden Anspruch auf einen erweiterten Mutterschaftsurlaub von 18 Wochen sowie einen erweiterten Vaterschaftsurlaub von 30 Tagen mit voller Lohnfortzahlung. Dass Mitarbeitende im Mutterschaftsurlaub über eine Kündigung vorinformiert werden, komme vor, sei aber nicht die Regel, meint der Rechtsanwalt.
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Schon länger kriselt es unter dem Dach des Telefonanbieters. Im dritten Quartal musste Sunrise einen Umsatzrückgang von 0,8 Prozent auf rund 759 Millionen Franken vermelden. Grund dafür sei vor allem ein inflationsbedingter Rückgang im Mobile-Geschäft von Privatkunden.
Im letzten November hatte Sunrise Stellenstreichungen in Aussicht gestellt. Nach einem Konsultationsverfahren wurden diese auf 166 Stellen beziffert, was rund 6 Prozent der Belegschaft entspricht. Berücksichtigt man natürliche Fluktuationen, beläuft sich der Stellenabbau bei Sunrise auf insgesamt 200 Stellen. Betroffen seien vor allem «Führungspositionen und Funktionen ohne direkten Kundenkontakt», so Sunrise damals.