«Leute werden wie kleine Kinder behandelt»
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Maskenpflicht auf Schiff:«Leute werden wie kleine Kinder behandelt»

Maskenpflicht nervt die Schiffahrts-Betreiber
«Leute werden wie kleine Kinder behandelt»

Auch im Freizeitverkehr gilt jetzt die Maskenpflicht. Betreiber von Schifffahrten dürfen dadurch zwar mehr Leute transportieren. Sie fürchten aber, dass das Erlebnis von der Maske beeinträchtigt wird.
Publiziert: 08.07.2020 um 23:08 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2020 um 13:46 Uhr
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Die Maskenpflicht gilt für Gäste auf Schiffen wie hier auf dem Zürichsee.
Jenny Wagner

Im öffentlichen Verkehr gilt seit Montag: Maske aufziehen! Dazu gehören nicht nur Züge, Trams, Busse und Bergbahnen, sondern auch auch Verkehrsschiffe.

Die Schifffahrtsgesellschaften befürchten, dass das Masken-Obligatorium abschreckt und sie gerade jetzt in der Ferienzeit weniger Gäste an Bord begrüssen können.

Stefan Schulthess (56), Geschäftsführer der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee, nervt die Maskenpflicht. «Damit werden mündige Bürger wie Kinder behandelt, denen man alles vorschreibt», sagt Schulthess zu BLICK. Er habe die davor geltende Selbstverantwortung sehr geschätzt.

Volle Auslastung

Die Maskenpflicht gilt laut Sicherheitskonzept überall auf dem Schiff. Auch in den Aussenbereichen an der frischen Luft. Die einzige Ausnahme: das Bordrestaurant.

Schwacher Trost: Die Schiffe dürfen so nun wieder voll ausgelastet auslaufen. Thomas Mühlethaler (59), Geschäftsführer der Bielersee Schifffahrtsgesellschaft, sieht die Maskenpflicht ebenfalls kritisch. «Die Schifffahrt stellt für unsere Gäste ein Erlebnis dar. Jetzt ist die Frage, inwieweit die Gäste das noch geniessen können, wenn sie eine Maske tragen müssen.»

Schluss also mit frischer Seeluft und Sonne im Gesicht. Ob die Menschen auch mit Maske an Bord gehen möchten, zeigt sich in den nächsten Wochen.

Und davon hängt viel ab: Zahlreiche Schifffahrtsgesellschaften kämpfen um ihr finanzielles Überleben. Während die Schifffahrten am Bielersee normalerweise in den ersten sechs Monaten 100'000 Gäste zählen, seien es dieses Jahr gerade mal 20'000 gewesen. Luzern ist von dem Minus an Touristen ebenfalls betroffen. «Das Schutzkonzept wird im touristischen Freizeitverkehr leider zu einer rückläufigen Nachfrage führen», ist sich Geschäftsführer Schulthess sicher.

Mehr inländische Touristen

Hoffnung auf inländische Feriengäste haben die Betreiber in der französischen Schweiz. Aber auch Jean-Luc Rouiller (55), Direktor der Schifffahrtsbetriebe Neuenburger- und Murtensee (LNM), macht die Maskenpflicht einen Strich durch die Rechnung.

«Es ist momentan schwer einzuschätzen, ob trotzdem mehr Gäste kommen», sagt Rouiller. «Vielleicht bleiben die Gäste länger im Bordrestaurant und geben etwas mehr Geld aus.»

Auf dem Genfersee wird zum Schutz der Gäste trotz Maskenpflicht auch weiterhin auf eine volle Auslastung der Schiffe verzichtet.

Verwirrung an der Grenze

Remo Rey (44), Chef der Schifffahrt am Untersee und Rhein (URh), spricht von einer grotesken Situation. «Wir haben bereits einige Anrufe von Gästen bekommen, die keine Freude daran haben, die Maske auf dem Freideck des Schiffs zu tragen.» Deshalb häufen sich bereits die Stornierungen.

Ausserdem kommt es zu grosser Verwirrung im Grenzgebiet. Denn in Deutschland müssen Gäste keine Maske auf dem Aussendeck tragen. Da die Schiffe der URh unter Schweizer Flagge fahren, gelten aber auch Schweizer Verordnungen. Unabhängig davon, dass auch in Deutschland angelegt wird. «Die Regeln sind nicht gleichwertig», findet Rey.

Auf dem Zürichsee sieht man die Maskenpflicht etwas entspannter. Vom Gesichtsschutz sei die Gästezahl nicht primär abhängig, sagt Wiebke Sander, Sprecherin der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft. «Schlussendlich ist die Schifffahrt ein wetterabhängiges Vergnügen.»

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