Evergrande, der zweitgrösste Immo-Riese Chinas, hat gigantische Ausmasse: 200'000 Angestellte zählt der Konzern. Gigantisch ist jedoch auch der Schuldenberg von Evergrande. Er beträgt 300 Milliarden Dollar. Die Gläubiger warten vergebens auf ihr Geld.
Das hat Aktienmärkte rund um die Welt in helle Aufregung versetzt: Evergrande ist so stark mit der chinesischen Wirtschaft verflochten, dass die Angst vor einer Ansteckung die Finanzmärkte in Atem gehalten hat.
Nun hat sich die Lage etwas beruhigt. Evergrande hat nämlich mitgeteilt, dass sie eine bald fällige Cuponzahlung über 232 Millionen Yuan (33 Millionen Franken) pünktlich begleichen werde. Zum Aufatmen ist es aber zu früh: In den kommenden Tagen werden nämlich weitere 130 Millionen Dollar Zinsen fällig. Ob Evergrande auch diese Zahlungen wird leisten können, liess das Unternehmen offen.
Bei Investoren an den weltweiten Finanzmärkten sorgte die Nachricht für Erleichterung. Die US-Futures, die chinesische Währung Yuan und der risikosensitive australische Dollar legten zu. Dagegen gaben US-Staatsanleihen und der japanische Yen, die als sicherer Hafen gelten, nach.
Kein chinesischer Lehman-Moment
Der Shanghai Composite Index stoppte den Kursrutsch der vergangenen Tage und legte 0,3 Prozent zu. Der Immobilienindex gewann fünf Prozent. Die Börse in Hongkong, an der die Evergrande-Titel gehandelt werden, blieb wegen eines Feiertags geschlossen. Die Schieflage von Evergrande hatte zum Wochenanfang die Börsen auf Talfahrt geschickt.
Evergrande-Verwaltungsratschef Hui Ka Yuan beteuert immer wieder seine Zuversicht. In einem Schreiben an seine Angestellten heisst es: «Ich bin fest davon überzeugt, dass Evergrande mit Ihrem Einsatz und Ihrer harten Arbeit aus seinem dunkelsten Moment herauskommen wird und so schnell wie möglich die Bauarbeiten in vollem Umfang wieder aufnehmen wird.» Evergrande werde seine Verpflichtungen gegenüber den Immobilienbesitzern, Investoren, Partnerfirmen und Banken erfüllen.
Analysten der Citigroup warnten vor Risiken für das ganz Finanzsystem in China, sehen aber keinen «chinesischen Lehman-Moment» voraus. Entwarnung gibt es auch für Schweizer Hausbesitzer: Dass die Turbulenzen beim chinesischen Immo-Giganten die Häuserpreise in der Schweiz purzeln lassen, ist laut Experten unwahrscheinlich. (SDA/sfa)