«Wir sind absolut geschäftsfähig», beteuerte Christian Müller, VR-Präsident der Karl Vögele AG, im Sommer gegenüber den Medien. «Wir wollen Vögele Shoes bis zum Frühjahr 2023 auf eine unternehmerisch und ökonomisch nachhaltige Basis stellen, wenngleich in deutlich kleinerem Format», sagte Müller Mitte Oktober zu Blick.
Grund für die Zweifel an den Aussagen des Deutschen: die provisorische Nachlassstundung im Juni. Heisst: Die schlingernde Firma mit der Schuhkette Vögele Shoes – seit 2021 in deutscher Hand – hat für rund vier Monate erwirkt, nicht betrieben werden zu können. Diese von einem Gericht genehmigte Massnahme soll Firmen mit finanziellen Problemen helfen, wieder in die Spur zu finden.
Nur noch 28 Filialen übrig
Offenbar ohne Erfolg. Von den einst über 200 Filialen sind gerade noch 27 übrig geblieben. Letztere gehen nun auch zu, wie eine Vögele-Verkäuferin* gegenüber Blick ankündigt. Laut der Frau, die anonym bleiben möchte, wurden alle Mitarbeitenden der verbliebenen Filialen heute Dienstag über das definitive Aus von Vögele Shoes unterrichtet. Mündlich. «Die schriftliche Kündigung sollen wir alle morgen Mittwoch bekommen», sagt die Verkäuferin, die 26 Jahre für die Schuhkette im Sold stand, zuletzt als Filialleiterin.
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Die Karl Vögele AG bestätigt das Aus gegenüber Blick. «Vögele Shoes stellt Geschäftstätigkeit per Ende Jahr ein», sagt Christian Müller auf Anfrage. Der Geschäftsgang habe sich seit Beginn der Nachlassstundung nicht wie geplant entwickelt, die Gespräch mit potenziellen Investoren nicht den gewünschten Erfolg gehabt. «Dies schmerzt enorm und bedaure ich sehr», sagt Müller weiter.
Betroffen sind von diesem Entscheid 131 Mitarbeitende. HR-Verantwortliche und Gewerkschaften stünden im Kontakt mit dem Management und den Betroffenen.
«Das ist ein bitterer Tag für uns alle, ebenso für die Traditionsmarke Vögele Shoes, an die wir alle nach wie vor glauben», sagt Müller.
Nun laufen Gespräche mit den Partnern und Lieferanten, «um die Abwicklung der Standorte und Warenbestände bis Ende Jahr geordnet zu organisieren. Der Betrieb von Vögele Shoes wird komplett eingestellt.»
Mit Versprechungen hingehalten worden
Die deutsche Cm.shoes GmbH und der Münchner Finanzinvestor GA Europe haben Vögele Shoes Mitte letzten Jahres übernommen. Damals galt es, die 116 Schuh-Shops finanziell zu stabilisieren – und damit so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. Laut der Vögele-Verkäuferin ist das bis heute verbliebene Personal mit Versprechungen hingehalten worden, damit es nicht kündigt und die verbleibenden Filialen weiter betrieben werden konnten.
Stossend: Es ist noch nicht lange her, da wurde in Davos GR eine Vögele-Shoes-Filiale mit grossem Tamtam neu eröffnet. Nun ist Schluss. Ende Jahr gehen definitiv die Läden runter. Der Abverkauf der Ware startete bereits, natürlich will man die Weihnachtsumsätze noch mitnehmen.
Besonders bitter: Im 2022 feiert Vögele Shoes das 100-Jahr-Jubiliäum. Die Ursprünge der Firma gehen auf das Jahr 1922 zurück. Damals eröffnete Karl Vögele in Uznach SG eine Schuhmacherei. 38 Jahre später wurde die Karl Vögele AG gegründet. 2015 verkaufte das Familienunternehmen seine Anteile zunächst nach Österreich, dann erwarb eine polnische Handelsgruppe die Mehrheit und schliesslich 2021 wurde das St. Galler Traditionsunternehmen nach Deutschland verkauft. Mit nun bekanntem Ende.
*Name der Redaktion bekannt