Felix Schneuwly von Comparis prognostiziert für 2023 eine Erhöhung der Krankenkassenprämien um durchschnittlich fünf Prozent. Darauf angesprochen, erklärt Gesundheitsminister Alain Berset in einem Interview mit der «NZZ»: «Das sind Spekulationen. Die letzten Prämienrunden fielen oft kleiner aus, als es gewisse Leute prognostiziert hatten.»
Mit «gewisse Leute» meinte er wohl eben auch Felix Schneuwly. Das liess dieser nicht auf sich sitzen und wirft auf dem Branchenportal Medinside dem Gesundheitsminister leicht säuerlich vor, wichtige Sachverhalte zu verschweigen. Etwa, dass der Prämienanstieg der letzten Jahre nur deshalb unter den Erwartungen blieb, weil die Krankenkassen auf Druck von oben Reserven abbauen mussten. Vielen unter ihnen fehle nun das Reservepolster, um die aktuellen Kostenschwankungen abzufedern.
Wie auch immer: Eine überdurchschnittliche Prämienerhöhung unserer Krankenkassenprämien kommt zur Unzeit. Denn nach einer jahrelangen Abstinenz müssen wir uns wieder an eine Inflation gewöhnen. Und die Krankenkassenprämien, obschon für jeden Haushalt ein grosser Ausgabenposten, werden in der Berechnung der Inflation nicht mal berücksichtigt.
Und überhaupt: Ist einem Glücklichen entgangen, was uns die letzten zwei Jahre heimgesucht hat, dass die Spitäler am Anschlag waren und viele Menschen noch heute an den Folgen leiden? Ist jemand der Meinung, dass das keine Kosten nach sich zieht?
Sollte es jemandem entgangen sein: Die Krankenkassenprämien steigen nicht wegen gieriger Krankenkassenmanager. Sie spiegeln lediglich die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen.
So oder so: Das Geschrei um die Prämienerhöhungen ermüdet. Mir scheint, es sind vor allem Medien und Politiker, die bei jeder Prämienrunde aufheulen. Jeder dritte Prämienzahler leistet sich den Luxus einer privaten oder halbprivaten Spitalkostenzusatzversicherung; jeder dritte Haushalt kommt in den Genuss einer Prämienverbilligung. Und von der Möglichkeit, im Herbst zu einer weniger teuren Krankenkasse zu wechseln, machen die wenigsten Gebrauch.
Nun sind im Parlament zwei Volksinitiativen hängig: die Prämienentlastungs-Initiative der SP und die Kostenbremse-Initiative der Mitte. Doch wollen Herr und Frau Schweizer überhaupt Kosten sparen?
Wenn es darum geht, irgendwelche Abstriche zu machen, ist der Protest der Bevölkerung gewiss. Nichts scheint einfacher zu sein, als Unterschriften gegen eine Spitalschliessung zu sammeln. Und als wir 2012 über die Managed-Care-Vorlage abstimmen durften, sagten 76 Prozent Nein. Sie befürchteten eine Einschränkung der freien Arztwahl.
In bester Erinnerung ist uns allen die Pflege-Initiative. Es gibt keine ernst zu nehmende Kraft, die nicht der Meinung ist, dass die Pflege aufgewertet werden muss. Oder will jemand behaupten, das sei zum Nulltarif zu erhalten?