Auf einen Blick
- Obwohl Trump nicht anwesend war, dominierte er viele Gespräche am WEF 2025
- Sorge um die Zukunft der Ukraine und Europas waren zentrale Elemente
- Das Wirtschaftstreffen war dieses Jahr besonders politisch gesprägt
Es war gefühlt das kürzeste WEF aller Zeiten. Das diesjährige Jahrestreffen des World Economic Forum war geprägt vom Warten. Nicht an den Sicherheitsschleusen oder am kalten Buffet, sondern auf einen Mann, der in Davos physisch gar nicht anwesend war: US-Präsident Donald Trump (78). Sein Auftritt prägte schon im Vorfeld das gesamte WEF – und als er sich per Video an die Forumsteilnehmerinnen und -teilnehmer gewandt hatte, war die diesjährige Ausgabe vorbei. Alle stürmten aus dem Saal, viele reisten ab.
Die Botschaft von Trump: Ich mache, was ich will. Ihr könnt mitmachen, oder sonst handelt ihr euch Ärger ein. Erschreckend: Der willfährige Auftritt einiger Topmanager von Milliardenkonzernen auf der Bühne, die artig eine vorbereitete Frage an den mächtigsten Mann der Welt stellen durften und ihm demütig Honig ums Maul schmierten. Das lässt wenig Gutes erahnen, wenn Trump im kommenden Jahr wohl wieder persönlich in Davos vorbeischauen wird.
Eine Spanierin bietet Trump die Stirn
Einzig Ana Botin (64), Präsidentin der spanischen Banco Santander, begegnete Trump auf Augenhöhe und wies schnippisch darauf hin, dass ihre Bank wesentlich mehr Kunden habe als einige der grössten US-Banken. Dafür gab es im Saal Applaus.
Das muss auch das Rezept für Europa sein, wenn es seine geopolitische Position behaupten will. «Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel.» Mit diesen Worten wandte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) an die neue US-Regierung. Stärke gegen aussen, Einigkeit gegen innen, das ist nun von der EU gefordert – eine Herkulesaufgabe, wie in Davos immer mal wieder zu hören war.
Die Sorge um die Zukunft der Ukraine und Europas waren zentrale Elemente des Auftritts von Wolodimir Selenski (46) am WEF: «Wir müssen uns als starker, unabhängiger Player etablieren, ohne die ganze Zeit nach Washington zu schielen», forderte der ukrainische Präsident. Europa drohe endgültig in die Bedeutungslosigkeit abzudriften, es gäbe nur ein Rezept, um den alten Kontinent beim Anbruch der neuen Trump-Ära zu retten: Stärke zeigen.
Das Wirtschaftstreffen drehte sich um Politik
Und die Schweiz? Die hat sich kleiner gemacht, als sie eh schon ist. In vielen Auftritten der sechs Bundesrätinnen und -räte schwang die bange Frage mit: «Was macht Amerika?» Immerhin: Die Schweiz kehrt mit zwei neuen Freihandelsabkommen im Gepäck aus Davos zurück: eines mit dem Kosovo und eines mit Thailand.
Das Weltwirtschaftsforum ist dieses Jahr noch politischer geworden. Der Krieg in der Ukraine und die Rückkehr von Trump prägten das Treffen. Der Klimawandel rutschte auf der Agenda weit nach unten, Künstliche Intelligenz wurde mehr als nützliches Instrument denn als Bedrohung für Jobs verhandelt. Vorträge zu diesen Themen fanden vor halbleeren Rängen statt.
Backlash bei Klima und Diversität
Insgeheim freuten sich viele Topmanager in Davos, dass das Pendel auf die andere Seite schwingt, es sich dank des Drucks aus Washington wieder freier wirtschaften lässt – mit weniger Bürokratie und Regulierungen. Die Gewinne sollen sprudeln, befreit von den vermeintlichen Fesseln der Diversitäts- und Nachhaltigkeitsprogramme.
Andererseits werden diese Themen nicht verschwinden, zu tief sind sie in den Köpfen der Mitarbeitenden verankert. Wer auf Gleichstellung verzichtet, wird Schwierigkeiten haben, die benötigten Fach- und Führungskräfte zu finden. Unterm Strich lohnt sich nachhaltiges Geschäften für die allermeisten Firmen.
Die Attacken von Milei und Trump auf «Wokeismus» und Klimawandel haben gezeigt: Es ist ein Zeitalter der starken Männer angebrochen. Wer da mithalten will, muss ebenfalls Stärke zeigen – intelligente Stärke. Nur so sind die Populisten mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Die Zeit multilateraler Lösungen für globale Probleme scheint abgelaufen, das Motto «Wir zuerst» war in Davos weit verbreitet.
Das Credo des WEF lautet: Den Zustand der Welt verbessern. Dazu hat das diesjährige Jahrestreffen keinen Beitrag geleistet. Bleibt zu hoffen, dass sich die geo- und klimapolitische Lage bis zum nächsten Jahrestreffen wenigstens nicht dramatisch verschlechtert.