Hype um vegane Ersatzprodukte ist vorbei, melden Detailhändler
Die Weihnachtsgans ist wieder aus Fleisch!

Die Aktien von veganen Vorzeigeherstellern wie Beyond Meat sind in den letzten Monaten stark eingebrochen. Dennoch wächst der Nischenmarkt: Konsumentinnen und Konsumenten haben den Geschmack an Fleischersatz nicht verloren, wie die Festvorbereitungen zeigen.
Publiziert: 23.12.2022 um 06:48 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2022 um 14:32 Uhr
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An der Börse scheinen vegane Produkte ihren Biss verloren zu haben.
Foto: Pascale Weber Photography
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Wer freut sich nicht schon auf den Festtagsschmaus an Weihnachten? Entenleber zur Vorspeise. Einen feinen Hackbraten zum Hauptgang. Und noch eine luftige Schoggimousse mit Weihnachtsguetzli zum Dessert. Das ganze Menü gibt es vegan! Sogar eine täuschend echte Weihnachtsgans lässt sich komplett ohne Fleisch oder andere tierische Produkte zubereiten.

Dennoch steckt der Markt für Fleisch auf Pflanzenbasis in der Krise. Das zeigt ein Blick auf die Aktienkurse der bekanntesten Hersteller veganer Produkte. Branchenprimus Beyond Meat, der weltweit grösste Hersteller von Fleischersatz ist an der Börse in den letzten zwölf Monaten um 81 Prozent nach unten gerasselt. Auch der grösste Hafermilchproduzent Oatly sowie die vegane Supermarktkette Veganz aus Deutschland mussten an der Börse ein Minus von über 80 Prozent hinnehmen.

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Die Investoren haben den Biss offensichtlich verloren, ihr Appetit auf Fleischersatz ist ihnen ordentlich vergangen. Diese Branchenleader sind also noch rund ein Fünftel so viel wert wie vor einem Jahr. Dennoch wächst der Markt in der Nische: Konsumentinnen und Konsumenten finden weiter Geschmack am Fleischersatz, aber auf tiefem Niveau.

Hype vorbei

«Der Markt für Fleischersatzprodukte in der Schweiz ist im Moment leicht rückläufig», bestätigt eine Sprecherin der Migros mit. Die Entwicklung komme aber nach dem starken Wachstum während der Pandemie und mit Blick auf die angespannte Weltlage nicht überraschend.

«Der Hype beim Fleischersatz ist vorbei. Es beginnt eine Phase der Normalisierung», heisst es auch vonseiten Nestlé. Trotzdem hat der Nahrungsmittelhersteller für die Weihnachtszeit Voie gras lanciert – vegane Gänseleber.

«Der Verkauf der limitierten Voie Gras ist sehr gut angelaufen und wir sind mit der Lancierung zufrieden», teilt Coop auf Anfrage von Blick mit. Besonders in der Westschweiz freuen sich die Kunden über die nachhaltige Stopfleber.

Kurz nach Lancierung gabs das Produkt dann bereits ab zwei Stück für 20 Prozent. Dabei handelte es sich aber um eine Aktion auf alle Produkte von Garden Gourmet – die vegetarische und vegane Produktmarke von Nestlé –, mit der der Detailhändler den Verkauf ankurbeln will.

So entsteht Filet aus dem Labor

Ein Hamburger für über 250'000 Franken – ohne Brötchen und Salat. So viel kostete 2013 das erste Burgerpatty aus dem Labor. Mittlerweile konnten diese Kosten durch Forschung um das 80-Fache reduziert werden. Dennoch ist der Weg zum Massenprodukt aus der Petrischale noch lang.

Die wohl am weitesten verbreiteten Fleischersatzprodukte sind aus natürlichen, proteinreichen Grundprodukten wie Erbsen oder Soja. Man stellt ein Püree aus der jeweiligen Basiszutat her und versucht mittels Zugabe von chemischen und natürlichen Zusatzstoffen sowie Gewürzen eine dem Ursprungsprodukt möglichst ähnliche Kopie herzustellen.

Die zweite Möglichkeit besteht in der Aufzucht des Fleisches in einer Petrischale im Labor. Das sogenannte In-vitro-Fleisch wird aus tierischen Muskelstammzellen hergestellt und dann als Zell- und Gewebekultur im Labor vermehrt. Dies funktioniert im Falle von Hackfleisch und Hühnerprodukten bereits gut. 2020 bekam die kalifornische Firma Eat Just in Singapur die Zulassung für den Verkauf von Chickennuggets und Brustfilets aus dem Labor. Deutlich komplizierter ist die Produktion eines Steaks. Muskel- und Fettzellen müssen miteinander verwoben werden und anschliessend in einem Inkubator gemeinsam reifen – nur so entsteht die charakteristische Struktur.

Die dritte Option ist die Herstellung mittels Fermentation. Hier greifen dieselben Mechanismen wie etwa bei der Herstellung von Bier oder Joghurt. Dabei werden mithilfe von Mikroorganismen grosse Mengen von Protein mit einer fleischähnlichen Textur kultiviert. Dominique Schlund

Ein Hamburger für über 250'000 Franken – ohne Brötchen und Salat. So viel kostete 2013 das erste Burgerpatty aus dem Labor. Mittlerweile konnten diese Kosten durch Forschung um das 80-Fache reduziert werden. Dennoch ist der Weg zum Massenprodukt aus der Petrischale noch lang.

Die wohl am weitesten verbreiteten Fleischersatzprodukte sind aus natürlichen, proteinreichen Grundprodukten wie Erbsen oder Soja. Man stellt ein Püree aus der jeweiligen Basiszutat her und versucht mittels Zugabe von chemischen und natürlichen Zusatzstoffen sowie Gewürzen eine dem Ursprungsprodukt möglichst ähnliche Kopie herzustellen.

Die zweite Möglichkeit besteht in der Aufzucht des Fleisches in einer Petrischale im Labor. Das sogenannte In-vitro-Fleisch wird aus tierischen Muskelstammzellen hergestellt und dann als Zell- und Gewebekultur im Labor vermehrt. Dies funktioniert im Falle von Hackfleisch und Hühnerprodukten bereits gut. 2020 bekam die kalifornische Firma Eat Just in Singapur die Zulassung für den Verkauf von Chickennuggets und Brustfilets aus dem Labor. Deutlich komplizierter ist die Produktion eines Steaks. Muskel- und Fettzellen müssen miteinander verwoben werden und anschliessend in einem Inkubator gemeinsam reifen – nur so entsteht die charakteristische Struktur.

Die dritte Option ist die Herstellung mittels Fermentation. Hier greifen dieselben Mechanismen wie etwa bei der Herstellung von Bier oder Joghurt. Dabei werden mithilfe von Mikroorganismen grosse Mengen von Protein mit einer fleischähnlichen Textur kultiviert. Dominique Schlund

Bei Coop sei bisher kein Abwärtstrend bei Fleischersatzprodukten zu spüren. «Die Nachfrage bewegt sich auf hohem Niveau», so die Sprecherin. 2021 haben die Kundinnen und Kunden bei Coop so viele pflanzenbasierte Ersatzprodukte gekauft wie noch nie. Wie hoch der Umsatz mit diesen Produkten ist, ist nicht öffentlich.

Vegane Produkte in Discountern gefragt

Die Discounter Aldi, Lidl und Denner nehmen eine steigende Nachfrage wahr. «Die Beliebtheit von Fleischersatzprodukten bei unserer Kundschaft nimmt zu», heisst es bei Aldi. Der Discounter führt 60 Prozent mehr Fleischersatzartikel im Sortiment als noch zu Jahresbeginn. Und auch Denner baut aus.

Die Schweizer Firma Planted hat nach eigener Aussage den «schweizweit ersten pflanzenbasierten Braten» lanciert. Dieser besteht aus Erbsen-, Sonnenblumen- und Haferproteinen. Das Start-up merkt nichts von einer sinkenden Nachfrage. «Wir haben unsere Produktion im Jahr 2022 mehr als verdoppelt und planen dies auch für das nächste Jahr», sagt Sprecherin Vicky Kummer.

Detailhändler bauen aus

Nun stellt sich die Frage, ob vegane Produkte wie Fleischersatz und Hafermilch einfach bei Investoren nicht mehr gut ankommen. Oder ob die Schweizer Detailhändler den Hype überschätzt haben.

Sicher ist: Trotz Ende des Booms halten die Detailhändler am Sortimentsausbau fest. «Wir stellen eine immer grösser werdende Offenheit gegenüber pflanzlichen Produkten fest», teilt die Migros mit. Im Januar dürfte mit dem Veganuary bei den Detailhändlern nochmals ordentlich die Werbetrommel für vegane Ersatzprodukte gerührt werden.


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