Dieser Tage flattern die Schreiben der Elektrizitätswerke und Stromversorger in die Briefkästen – und lösen bei vielen Wut und Verärgerung aus. Besonders hart trifft der Schlag die drei Aargauer Gemeinden Oberlunkhofen, Bettwil und Murgenthal.
«Alle, die ich kenne, sind schockiert», sagt Angela Peyer (69), Rentnerin aus Murgenthal, zu Blick. «Das Schlimmste ist dieses Gefühl der Ohnmacht. Man kann nichts dagegen tun, man kann nur zahlen.»
Gigantischer Aufschlag in Oberlunkhofen
Am härtesten betroffen: Oberlunkhofen. Hier muss nächstes Jahr für den in den Haushalt gelieferten Strom 263 Prozent mehr bezahlt werden. Aus einer Stromrechnung von 1000 Franken werden so 3630 Franken. Ein gigantischer Aufschlag.
Der Grund: Der lokale Stromversorger kauft auf dem freien Markt ein und hat es verpasst, sich noch rechtzeitig mit dem Strom einzudecken, den die Gemeinde fürs nächste Jahr braucht. «Wir haben einen Seich gemacht», muss Hans Hagenbuch (56) eingestehen. Er ist der Präsident der örtlichen Stromversorgungsgenossenschaft Elektra.
Die Bettwiler müssen 164 Prozent mehr für den Strom hinblättern. Auch hier wird der Strom an der Börse beschafft. «Leider laufen unsere Verträge Ende dieses Jahres aus und somit trifft uns der Preisanstieg extrem», heisst es auf der Website der Gemeinde.
Wichtig zu wissen: Der Preis, den die Haushalte bezahlen, setzt sich vor allem aus zwei Komponenten zusammen: dem effektiven Preis für die Energie, also die Stromlieferung, und die Kosten für die Netznutzung. Dieser Preis bleibt in den allermeisten Gemeinden unverändert. Deshalb bedeutet ein Strompreisanstieg sogar um mehrere Hundert Prozent nicht, dass der Gesamtpreis so stark ansteigen wird.
Grosse Diskussionen in Murgenthal
Trotzdem: Auch in Murgenthal sitzt der Schock tief, obwohl hier die Preiserhöhung mit 144 Prozent weniger stark ist als in den anderen Gemeinden. «Die Wogen gehen hoch, vor allem auch auf Social Media wird die Strompreiserhöhung heiss diskutiert», sagt Raphael Ryser (29), Präsident der SVP Murgenthal.
«Das ist eine happige Geschichte!», meint IT-Spezialist Stefan Peter (36). «Aber das war zu erwarten. Auch in diesem Ausmass.» Für den Murgenthaler ist klar: «Die nationale Politik hat versagt. Das Thema ist seit den Nullerjahren auf dem Tisch, gehandelt hat man aber nicht.» Nun schiebe man einfach den Ukraine-Krieg als Erklärung vor.
Zu spät reagiert
Ganz so einfach will es sich der Gemeindeammann nicht machen. «Das ist schon schmerzhaft, wenn man so etwas mitteilen muss», erklärt Max Schärer (62) auf Blick TV. «Vielleicht haben wir etwas spät reagiert, aber einen Teil des Strombedarfs können Sie nicht planen, den müssen Sie kurzfristig auf dem Strommarkt einkaufen.»
Die Zeche dafür bezahlen nun die Einwohner von Murgenthal. So wie Angela Peyer: «Stromsparen ist ein grosses Thema, allerdings kann ich nicht mehr viel mehr sparen.» Den Boiler heizt sie zwar mit Solarstrom, doch die umweltfreundliche Wärmepumpe wird in diesem Jahr zum grossen Budgetposten. Denn für den Betrieb braucht diese Strom.