In Nachtarbeit Tausende KMU gerettet
Der Mit-Architekt der Corona-Kredite erzählt

Vor einem Jahr endete das Notprogramm mit den Corona-Krediten. Andreas Gerber (53), Leiter Firmenkunden bei der Credit Suisse, hat im Frühling 2020 mit seinem Team die Eckpunkte des Programms ausgearbeitet.
Publiziert: 31.07.2021 um 00:29 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2021 um 12:03 Uhr
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CS-Firmenkundenchef Andreas Gerber (53) hat mit seinem Team ...
Foto: Thomas Meier
Christian Kolbe

Das Gespräch mit Andreas Gerber (53) findet im Uetlihof statt, einem riesigen Bürokomplex der Credit Suisse in Zürich. Menschen sind nur wenige anzutreffen, die meisten Angestellten sind in der Mittagspause oder im Homeoffice. So ähnlich war wohl auch die Atmosphäre in jener Nacht im März 2020, als Gerber mit seinen Leuten das Corona-Kreditprogramm entwarf. Der Befehl kam von ganz oben, das Ziel: die Rettung der Schweizer KMU. Seit dem 31. Juli 2020 ist das Programm geschlossen, können keine neuen Kredite mehr bezogen werden.

Blick: Was ist das grösste Verdienst des Corona-Kreditprogramms?
Andreas Gerber: Die Sicherung der Liquidität. Geht einer Firma das Geld aus, kann es sehr schnell zu Ende sein. Eine Liquiditätskrise ist das Schlimmste für die Wirtschaft. Dank der Kredite haben die Unternehmen Zeit gewonnen. Die KMU haben sehr rasch und unbürokratisch Hilfe erhalten.

Waren die Firmen dankbar?
Es gab viele positive Reaktionen. Das war bei allen Banken so, aber gerade die CS hat damals reputationsmässig stark profitiert. Denn die Idee zum Programm hatte ja unser CEO Thomas Gottstein.

Dieses positive Image wird wegen der aktuellen Finanzskandale gerade wieder verschenkt. Schmerzt das?
Ich bedaure sehr, dass dieser positive Reputationsschub wieder ein wenig verspielt wurde. Das ist schade. Trotzdem: Wir haben deswegen keine Firmenkunden verloren, haben sogar neue dazugewonnen.

Was war Ihre erste Reaktion nach dem Anruf von CS-Chef Gottstein?
Ich hatte Respekt vor der Aufgabe, war aber gleichzeitig sehr motiviert und habe mein Team zusammengetrommelt. Je länger wir diskutiert haben, desto mehr wurde uns die Komplexität des Themas bewusst. Aber schnell war auch klar: Ein Kreditprogramm ist alternativlos.

Der KMU-Kenner

Andreas Gerber (53) leitet seit Anfang Jahr das Schweizer Firmenkundengeschäft der Grossbank Credit Suisse. Zuvor war der Betriebsökonom von 2015 bis 2020 für das schweizweite KMU-Geschäft zuständig. In dieser Funktion war er massgeblich an der Ausarbeitung des Corona-Kreditprogramms von Bund und Banken beteiligt. Zudem ist Gerber seit Herbst 2017 Präsident des Swiss Venture Club (SVC), dem grössten Netzwerk von mittelständischen Unternehmen in der Schweiz.

Andreas Gerber (53) leitet seit Anfang Jahr das Schweizer Firmenkundengeschäft der Grossbank Credit Suisse. Zuvor war der Betriebsökonom von 2015 bis 2020 für das schweizweite KMU-Geschäft zuständig. In dieser Funktion war er massgeblich an der Ausarbeitung des Corona-Kreditprogramms von Bund und Banken beteiligt. Zudem ist Gerber seit Herbst 2017 Präsident des Swiss Venture Club (SVC), dem grössten Netzwerk von mittelständischen Unternehmen in der Schweiz.

Was geschah dann?
Wir haben Lösungen erarbeitet und diese am Morgen dem CEO präsentiert. Der Anruf traf uns nicht ganz unvorbereitet. Wir hatten schon im Vorfeld mögliche Folgen eines Lockdowns für die Wirtschaft diskutiert. Unsere Vorschläge stiessen auf positives Echo, Gottstein hatte diese Finanzminister Ueli Maurer vorgestellt und Partnerbanken ins Boot geholt.

Worin lag die grösste Herausforderung?
Die erste war, die Vorstellung des CEO, in einen konkreten Plan umzuwandeln, der auch wirklich funktionieren könnte. Die zweite war die Tempovorgabe des Finanzministers: Maurer hat vor den Medien versprochen, jeder der wolle, haben seinen Kredit nach einer halben Stunde auf dem Konto. Das war ein Gamechanger.

Wie hat sich denn dadurch das Spiel geändert?
Damit war klar, es wird keinen ausführlichen Prozess der Abklärung und Prüfung geben. Wenn der Finanzminister das verspricht, müssen wir uns an diese Vorgabe halten.

Der Bund hat bis zu 40 Milliarden Franken für das Kreditprogramm garantiert, warum wurden nur 17 Milliarden bezogen?
Im Frühling 2020 ging alles sehr schnell, der Bedarf war schwer abzuschätzen, die erste Ansage war 20 Milliarden Franken. Als innert kürzester Zeit die Grenze von 10 Milliarden geknackt wurde, hat der Bund das Programm ausgeweitet. Doch ab 15 Milliarden ist die Dynamik zurückgegangen, es wurden immer weniger Kredite beansprucht.

Woran lag das?
Viele Firmen haben realisiert, dass das Geschäft nicht ganz so schlecht läuft wie zunächst befürchtet. Vor allem exportorientierte Firmen haben sich rasch erholt. Während wir noch im Lockdown waren, hat in China bereits eine kräftige Erholung eingesetzt.

Wie läuft es mit der Rückzahlung?
Die Banken haben sich gegenüber dem Bund verpflichtet, sich um die Rückzahlung der Corona-Kredite zu kümmern. Denn schliesslich sind diese Gelder mit Volksvermögen verbürgt. Das Verbot, eine Dividende auszubezahlen, während der Corona-Kredit läuft, das ist bei vielen Firmen ein wirksames Mittel, den Kredit möglichst rasch zurückzuzahlen.

Mit der Rückzahlung kann man sich aber bis zu zehn Jahre Zeit lassen. Werden das viele Firmen ausreizen?
Das glaube ich nicht. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Wirtschaft nicht gerne mit einer Bundesbürgschaft in den Büchern unterwegs ist. Das ist typisch schweizerisch. Der Stolz, nicht auf Hilfe des Bundes angewiesen zu sein, ist bei einigen Firmen gross.

Es gab auch Betrugsversuche. Hat Sie das enttäuscht?
Es gab vereinzelte Betrugsversuche. Selbstverständlich ist es unschön, wenn ein solches Programm missbräuchlich genutzt wird. Die Anzahl solcher Fälle ist aber marginal.

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