Immoexperte Donato Scognamiglio
«Sein Traumhaus zu finden, braucht viel Nerven und Geduld»

Donato Scognamiglio kennt den Immobilienmarkt wie kaum ein anderer. Im Interview erklärt der Verwaltungsratspräsident des Immo-Dienstleisters Iazi, wie sich der Wert einer Immobilie bestimmen lässt. Und warum er froh ist, dass er selber kein Haus mehr suchen muss.
Publiziert: 22.04.2024 um 13:47 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2024 um 12:01 Uhr
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Der Wert des Gebäudes und der Wert des Bodens sind entscheidend für den Preis.
Foto: Keystone
Jasmine Alig
Jasmine Alig
Handelszeitung

Sind Sie selbst Eigenheimbesitzer?
Donato Scognamiglio: Ja.

Welche Kriterien waren matchentscheidend für den Kauf?
Als Familie wohnten wir lange zur Miete, einerseits in Mietwohnungen und später, als die Kinder grösser wurden, in einem Einfamilienhaus. Als sich die Möglichkeit ergab, unser Traumhaus zu kaufen, waren wir uns als Familie rasch einig, dass wir dies versuchen sollten. Neben der schön erhöhten Lage in den Reben war ich vom historischen Gebäude fasziniert.

Vor dem Kauf oder Verkauf einer Liegenschaft muss diese bewertet werden. Welche Faktoren beeinflussen diesen Wert?
Sehr vereinfacht kann gesagt werden, dass es der Wert des Gebäudes und der Wert des Bodens ist.

Das heisst?
Der Wert des Gebäudes hängt stark von der Grösse des Objekts (nutzbare Wohnfläche, Kubatur) beziehungsweise dessen Zustand und Bauqualität ab. Dabei gilt es auch, Ausbau- und Erweiterungsmöglichkeiten, Ausrüstung verschiedener Komponenten wie Heizung, Küche, Sanitäranlagen, aber auch einen möglicherweise benötigten Sanierungsbedarf zu berücksichtigen.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Welchen Einfluss hat dieser?
Eine Sanierung verlangt die notwendigen Mittel. Sind beispielsweise Sanierungsmassnahmen an der Heizung, am Dach oder an der Isolation und der Fassade notwendig, so gilt es, dies in der Bewertung zu berücksichtigen.

Was ist mit dem Wert des Bodens?
Der Wert des Grundstücks beziehungsweise des Bodens hängt von dessen Lage und den Nutzungsmöglichkeiten (Bau- und Zonenordnung) ab. Selbstverständlich gibt es eine Vielzahl von weiteren Faktoren, die es zu beachten gilt. Dazu zählen der Steuersatz, die Verkehrsanbindungen, vorhandene Infrastrukturen wie Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und öffentliche Institutionen.

Wie definiert sich der Marktwert einer Immobilie?
Gemäss dem «Swiss Valuation Standard» ist der Marktwert der geschätzte Betrag, für welchen ein Immobilienvermögen am Tag der Bewertung zwischen einem verkaufsbereiten Veräusserer und einer kaufbereiten Erwerberin nach angemessenem Vermarktungszeitraum in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ausgetauscht werden sollte, wobei jede Partei mit Sachkenntnis, Umsicht und ohne Zwang handelt.

Weshalb ist der Marktwert wichtig?
Ohne Marktwerte können keine Renditen und Risiken korrekt bewertet werden. Der Marktwert ist die Zahl, welche zeigt, wie hoch der Wert ist, wenn man das Objekt unter normalen Umständen verkaufen würde. Diese Marktwerte sind bei einer Vielzahl von Ereignissen gefragt, nicht nur bei der jährlichen Neubewertung von Immobilienportfolios und bei der Berechnung der Performance (Wertveränderung und Netto-Cashflow) von Renditeobjekten, sondern auch bei der Bestimmung von Steuern, im Rahmen von Erbschaften, Scheidungen oder schlicht bei jeder Transaktion.

Welche Methoden gibt es, um den Wert einer Immobilie zu bestimmen?
Viele. Es gibt die Möglichkeit, dass man den Wert der Immobilie ermittelt, indem man die Liegenschaft mit anderen Objekten vergleicht, von denen man die bezahlten Kaufpreise und die Eigenschaften kennt (Vergleichswertmethode beziehungsweise hedonische Methode). Mit einem anderen Ansatz ermittelt man den Substanzwert (Realwert) der Liegenschaft, das heisst, man überlegt sich, wie viel es kosten würde, das Objekt neu zu bauen (unter Berücksichtigung einer Altersentwertung und der Nebenkosten) und das Land zu kaufen. Bei sogenannten ertragsbasierten Verfahren wird der Barwert der nachhaltig erzielbaren Mieteinnahmen (Ertragswert) oder der sogenannte Free Cashflow (Discounted-Cashflow-Verfahren) ermittelt.

Welche Methode ist für Eigenheime am besten geeignet?
Die hedonische Methode der Iazi AG, und zwar aufgrund ihrer Präzision. Dank der hedonischen Methode ist es auch möglich, Preisindizes zu kalkulieren, was die Grundlage ist für eine Prognose über die weiteren Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt. Sie ist zudem sehr kostengünstig (weil automatisiert) und wird meistens für Online-Bewertungen gebraucht oder für die Berechnung der Tragbarkeit durch die Hypothekarinstitute.

Wie werden verschiedene Merkmale der Immobilie wie Grösse, Ausstattung oder Lage in die hedonische Methode einbezogen?
Die hedonische Bewertungsmethode erlaubt es explizit, die Bedeutung dieser Merkmale zu messen. Eine Liegenschaft wird dabei mit Tausenden gehandelten Objekten verglichen. Es wird statistisch der Preis ermittelt, den vergleichbare Objekte an vergleichbarer Lage in den vergangenen Monaten erzielt haben.

Welche Datenquellen werden zur Ermittlung der Werte der einzelnen Merkmale verwendet?
Die Daten werden in anonymisierter Form von Iazi-Kunden erfasst und stammen aus exklusiven Erhebungen, von Drittanbietern und öffentlichen Quellen wie dem Bundesamt für Statistik BFS.

Welche Rolle spielt hier künstliche Intelligenz?
Die neuen Verfahren der künstlichen Intelligenz erlauben es, eine Vielzahl von Faktoren zu ermitteln, indem beispielsweise auch Luftbilder von Liegenschaften ausgewertet werden können.

Was sind die Vor-, was die Nachteile der Vergleichswertmethode?
Der grosse Vorteil ist die Orientierung an den effektiv bezahlten Preisen, das heisst am Markt. Gerade die hedonischen Modelle haben sich im Bankbereich als Standard bei der Hypothekarvergabe etabliert, sie sind präzise, stets aktuell und sehr effizient. Der Nachteil ist der enorme Aufwand des Aufbaus und der Pflege der notwendigen Transaktionsdatenpools.

Kann der Wert einer Immobilie im Laufe der Zeit steigen oder fallen?
Der Markt, der auf dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage beruht, ist dynamisch. In der Schweiz sind die Preise in den letzten zwanzig Jahren bei privatem Wohneigentum tendenziell stetig gestiegen. Starke Preiseinbrüche deuten darauf hin, dass der Markt dysfunktional ist. Die Folgen sind schwerwiegend und können auch eine Wirtschaftskrise nach sich ziehen. Zudem werden die Objekte älter, was die Bewertung beeinflusst und somit den Marktwert. Wenn sich die Lagefaktoren ändern, kann das ebenfalls zu Preisveränderungen führen. Preise fallen zum Beispiel, wenn ein Kernkraftwerk in der Nähe entsteht oder eine Lärmquelle hinzukommt – etwa Fluglärm durch eine Änderung der Flugrouten. Preise steigen hingegen, wenn die Ortschaft besser mit ÖV oder Strassen erschlossen wird oder wenn die Steuern in der Gemeinde sinken.

Welche gesetzlichen Bestimmungen und Richtlinien für die Immobilienbewertung dominieren in der Schweiz?
Es gibt eine Vielzahl von Gesetzen, Artikeln und Normen, die zur Anwendung gelangen. Sei dies je nach verwendeter Rechnungslegung (etwa OR, Swiss Gaap FER, IAS, IFRS) oder auch schon nur bei der Bestimmung der relevanten Werte zur Ermittlung des Eigenmietwertes. So enthält beispielsweise auch das Kollektivanlagegesetz (KAG/KKV) Bestimmungen über die Bewertung der Immobilien. Hier wird beispielsweise keine Bewertungsmethode vorgeschrieben, sondern eine Offenlegung der Bewertungsmethoden und Parameter verlangt.

Wenn Sie heute ein Haus kaufen würden, wo würde dieses stehen und weshalb?
Ich bin froh, dass ich bereits mein Haus gefunden habe. Allein die Vorstellung, dass ich nochmals suchen müsste, macht mich schaudern.

Weshalb?
Es braucht heute viele Nerven und Geduld, um das eigene Traumhaus zu finden.

Und wenn Sie es doch nochmals wagen würden?
Die absolute Traumlage wäre ein zentral gelegenes Anwesen mit Seeanstoss, Blick auf die Alpen und viel Grün rundherum in einer steuergünstigen Gemeinde nahe bei einem Zentrum. Für die meisten Menschen natürlich ein schöner Traum, für sehr wenige eine greifbare Realität.

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