Von dieser Villa in Zollikon hat Monique Hollinger lange geträumt: erbaut 1911, direkter Seeanstoss, ein Bootshaus und ein historischer Gartenpavillon. Als Georgios Dinapogias mit dem Verkauf dieser Luxusimmobilie beauftragt wird, weiss er sofort, wen er anrufen muss. In dem Adressbuch des Maklers von Sotheby’s International Realty stehen wohlhabende Familien, Celebrities und Investoren, die eine exklusive Bleibe an der Zürcher Goldküste suchen. Gleich nach der ersten Besichtigung wusste Familie Hollinger, dass sie eine Zusage für die denkmalgeschützte Liegenschaft abgeben würde.
Seeanstoss, Bootshaus, Gym, Spa, Indoor- und Outdoorpool, eine Garage für zehn Autos, und das alles am liebsten an der sonnenverwöhnten Zürcher Gold Coast; so liest sich die Wunschliste der Schönen und Reichen auf der Suche nach ihrem Traumhaus. Für einen zweistelligen Millionenbetrag – nach oben gibt es kein Limit – wird dieser Traum wahr. Sechs Player dominieren den Verkauf von Villen, Penthousewohnungen und ganzen Anwesen an den Zürcher Bestlagen. Ihr Geschäft basiert auf exklusiven Netzwerken, persönlichen Kontakten, viel Fleiss und noch viel mehr Diskretion. Die Topshots der Zürcher Maklergilde geben BILANZ Einblicke in ihr glamouröses Business.
Kontakte sind Gold wert
An der Zollikerstrasse 65 in Zollikon, mit traumhaftem Blick auf den Zürichsee, befindet sich der Hauptsitz von Walde Immobilien. Seit bald 40 Jahren im Geschäft, mit neun Niederlassungen und 75 Mitarbeitenden, ist Walde einer der grossen Protagonisten in der Deutschschweiz. Marianne Walde, die das Unternehmen mit ihrem Mann Geri gegründet hat, ist als eine der erfolgreichsten Match-Makerinnen im Luxussegment bekannt. Ihr Netzwerk ist im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert. Sie spielt Golf im vornehmen Dolder Golfclub, sitzt im Komitee der Rotkreuz-Gala in St. Moritz. Mit potenziellen Käufern von Liegenschaften ab zehn Millionen Franken steht sie in engem Kontakt und – ebenso wichtig – mit potenziellen Verkäufern solcher Traumhäuser. Über einen ihrer grössten Erfolge wird bis heute in der Branche gesprochen: den Verkauf einer Seeliegenschaft in Küsnacht für mehr als 80 Millionen Franken. Die Provision wird zwischen 1,5 bis 2 Millionen Franken gelegen haben. Anfang des Jahres hat ihr Sohn Claudio den Chefposten der Familienfirma übernommen, die Eltern sitzen im Verwaltungsrat.
Am Gesamtmarkt für Wohneigentum machen Luxusliegenschaften weniger als zehn Prozent aus. Das Geschäft ist trotzdem sehr attraktiv: Am Zürichsee werden Premium-Immobilien ab 25'000 Franken pro Quadratmeter gehandelt.
Die Makler von Walde hatten auch die Villa des ehemaligen CS-CEO Tidjane Thiam in Herrliberg im Portfolio. Obwohl es Interessenten gab, kam es nicht zum Verkauf. Die Zehn-Zimmer-Liegenschaft übernahm der Entwickler von Luxusimmobilien Xania. Laut seiner Homepage plant er auf dem Grundstück mit Seesicht nun einen Neubau mit sieben Wohneinheiten. Xania und CEO Thomas Prajer machten von sich reden, als für den Kauf mehrerer Luxuswohnungen am Zürichberg ein Porsche gratis mit angeboten wurde. Nicht gerade die Art von Publicity, die im diskreten Business für Premium-Immobilien erwartet wird. Die ungewöhnliche PR-Aktion schürte zudem Sorgen vor einer Krise am Markt für Schweizer Luxushäuser.
Nachdem es 2023 tatsächlich zu Preiskorrekturen gekommen ist, sieht man nun Zeichen einer Erholung. «In den vergangenen sechs Monaten stellen wir im gehobenen Segment am rechten Zürichseeufer ein moderates Wachstum fest», sagt Claudio Walde. Wachstumsraten von zehn Prozent, wie man sie 2022 noch gesehen habe, gebe es heute aber nicht mehr. Laut dem Immobilienmarktbericht von Julius Bär sind die Preise für Einfamilienhäuser an Bestlagen in Zürich und der Zentralschweiz im ersten Quartal 2024 um 1,5 Prozent gestiegen. Auch die Transaktionsvolumen haben zugenommen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wechselten 17 Prozent mehr Wohnobjekte mit Quadratmeterpreisen von über 15'000 Franken die Hand als vor einem Jahr. Wegen der Knappheit im gehobenen Segment gehen die Immobilienexperten von Julius Bär von weiterhin leicht steigenden Preisen aus.
Zu den alteingesessenen Immobilienfirmen zählt auch Ginesta. Achilles Ginesta legte bereits im Jahr 1944 den Grundstein für das heutige Unternehmen. Seit 2010 leitet sein Enkel Claude Ginesta das Küsnachter Traditionsunternehmen in dritter Generation, seit 2016 ist der 52-Jährige auch Besitzer der Firma mit neun Geschäftsstellen. Zwei der 65 Mitarbeitenden kümmern sich nur um Luxusobjekte ab zehn Millionen Franken.
Achtung, Erbschaftssteuer!
Anfang Juli traf Claude Ginesta bei einem Golfturnier die Manager einiger Family Offices. Thema Nummer eins war die Erbschaftssteuer-Initiative. Einige Kunden würden bereits das Vermögen neu strukturieren, Schenkungen und Nutzniessungen prüfen. Ginesta befürchtet eine gefährliche Mischung: «Aufgrund der Wechselkurse ist die Schweiz für ausländische Kunden noch mal teurer geworden, hinzu kommen Preissteigerungen von bis zu 25 Prozent an beiden Seeküsten. Käme noch die Erbschaftssteuer on top, würden wir viele Kaufinteressenten verlieren.» Erste Kunden seien schon nach Italien gezogen.
Von den höheren Steuern in der Stadt Zürich und den Seegemeinden lassen sich bisher nur wenige wohlhabende Househunter abhalten. Vor allem für Zuzüger aus dem Ausland sind alle Schweizer Gemeinden steuerlich attraktiv, ein paar Prozentpunkte schrecken da nicht ab. Viel wichtiger sind die Nähe zum Flughafen, das internationale Flair und dass man an der Goldküste auch als Promi unbehelligt in der Migros einkaufen kann. Längst beschränkt sich das Interesse aber nicht mehr nur auf das rechte Seeufer. «Heute sind alle Gemeinden rund um das Seebecken sehr beliebt», sagt Annelies Wüst und schaut aus ihrem Küsnachter Büro auf den See und das gegenüberliegende Ufer. In Kilchberg und Rüschlikon würden sich die Preise inzwischen auf dem gleichen Niveau bewegen wie in Zollikon und Küsnacht. «Wegen der internationalen Schulen und der Anbindung an den Süden ist die linke Seeseite extrem gefragt – und einige Käufer bevorzugen einfach die Morgensonne», fügt Wüst hinzu, die zusammen mit ihrem Mann Herbert an fünf Standorten in der Deutschschweiz exklusive Immobilien verkauft.
Ein Peoplebusiness
Der Maklerberuf sei derzeit sehr im Trend, hat Annelies Wüst beobachtet. Doch neben einer guten Ausbildung brauche man für diesen Beruf ein Gespür für Menschen: «Die Kontakte zu pflegen, ist mit sehr viel Fleiss verbunden und nicht mit einer Mail erledigt», sagt sie. Immer wieder mit Kunden zu sprechen, ihnen zuzuhören und zu verstehen, was sie sich wünschen, sei eine zentrale Aufgabe eines guten Maklers. «Manche haben das Gefühl, mit Immobilienvermittlung könne man das schnelle Geld verdienen. Aber das ist nicht so», betont Wüst.
Während in den USA Verkäufer und Käufer je eine Provision von drei Prozent des Verkaufspreises an den Makler zahlen – unabhängig davon, wie viel für eine Liegenschaft bezahlt wird –, nimmt die Provision in der Schweiz mit steigendem Preis ab. Sie fängt bei etwa drei Prozent an und kann bei 20-Millionen-Villen unter zwei Prozent fallen. Wirklich lukrativ ist das Geschäft vor allem für die Eigentümer der Immobilienfirmen. Viele zahlen ihren Angestellten ein Fixgehalt und einen Bonus, abhängig vom Teamerfolg. Bei Engel & Völkers (E&V) werden Mitarbeiter hingegen für einen guten Verkauf spürbar belohnt.
Immobilien-Know-how wird von Kunden ebenso erwartet wie tadellose Umgangsformen, Fingerspitzengefühl und viel Einsatz. Mit einem Rückruf wartet man besser nicht bis Montag, sondern steht auch am Abend und am Wochenende zur Verfügung. Wenn es die Kunden wünschen, holt man sie am Flughafen ab, denkt auch an die Bedürfnisse der vierbeinigen Familienmitglieder und empfängt beim Besichtigungstermin die gesamte Entourage – inklusive Bodyguards. Dass man über all das kein Wort verliert, versteht sich von selbst. «Diskretion ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Die namentliche Nennung von Kunden ausserhalb des internen E&V-Kreises ist ein absolutes No-Go, losgelöst davon, ob es bekannte Personen sind oder nicht», sagt Lars Keller, der vor 20 Jahren als Lizenznehmer des Hamburger Immobilienkonzerns Engel & Völkers ins Maklergeschäft eingestiegen ist und heute in der obersten Liga mitspielt.
Seiner Frau und ihm gehören inzwischen acht Standorte im Kanton Zürich. Den Shop an der beliebten Gold Coast leitet Birte von Seggern. Die 34-Jährige ist zusammen mit ihrem Team verantwortlich für die Gemeinden von Zollikon bis Meilen. Der Shop befindet sich an Eins-a-Lage im Dorfkern von Küsnacht gegenüber dem Feinkostgeschäft Moreira, wenige Meter entfernt von Gemeindehaus, Bahnhof und Restaurants. Damit ist das wichtigste Kriterium des E&V-Franchisekonzepts erfüllt: Die Shops mit den weissen Schaufensterauslagen, gefüllt mit Immobilienangeboten, sollen Laufkundschaft anlocken. Ein Mitarbeiter ist immer vor Ort, um Interessenten zu beraten – sei es in Kampen auf Sylt, in Santa Ponça auf Mallorca, in Aspen, Colorado, oder an einem der anderen 1000 Standorte.
International vernetzt
Die Kunden von Sotheby’s International Realty werden in Zürich am Rennweg empfangen – in den Büros im zweiten Stock. «Wir dürfen oft bekannte Persönlichkeiten begrüssen, die sich Diskretion wünschen. Da eignen sich Räume im Erdgeschoss mit Schaufenstern nicht», sagt Andreas Kron, CEO und Miteigentümer von Sotheby’s International Realty in der Deutschschweiz. Wie E&V ist auch die US-Firma ein Franchisekonzept, gemanagt von der Anywhere Group, einem börsenkotierten Unternehmen mit Sitz in New Jersey. Mit mehr als 1000 Büros für Luxusimmobilien in 84 Ländern profitiert auch die Zürcher Niederlassung vom internationalen Netzwerk, welches für rund 143 Milliarden Dollar Immobilien pro Jahr verkauft. Allein wegen sogenannter Referrals – also Empfehlungen innerhalb der Gruppe – werden 4,4 Milliarden Dollar Umsatz gemacht.
Auch für die Makler von Engel & Völkers ist die internationale Datenbank mit mehr als einer Million Suchkunden ein grosses Plus. Noch exklusiver sind die Kontakte im sogenannten Private Office – ursprünglich das private Adressbüchlein von Firmengründer Christian Völkers. Zu den Telefonnummern und E-Mail-Adressen dieser VIPs haben nur wenige Makler Zugang – in Zürich ist es einzig Lars Keller.
Alte und neue Player
Klassische Markteintrittsbarrieren gibt es im Immobiliengeschäft nicht. Der Maklerberuf ist in der Schweiz nicht geschützt. «Wenn Sie morgen aufwachen und Makler für Luxusimmobilien werden wollen, können Sie das machen», scherzt Keller. Sich in einem Markt von alteingesessenen und international vernetzten Firmen zu etablieren, ist jedoch nicht einfach. Gelungen ist dies David Hauptmann. Vor zwölf Jahren hat er in Zürich Nobilis Estate gegründet. «Von dem Namen haben mir alle abgeraten – viel zu grossspurig. Deswegen habe ich ihn gewählt. Wenn er dermassen polarisiert, bleibt er in Erinnerung», sagt er schmunzelnd. Hauptmann startete mit einem exklusiven Portfolio, darunter eine Villa am Zürichberg, ein Mehrfamilienhaus im Seefeld und eine Wohnung in St. Moritz. Bis dahin war der Markt fest in der Hand der etablierten Firmen. Obwohl jeder in der Branche betont, der Kuchen sei gross genug und man schätze den Wettbewerb, dürften sich die alteingesessenen Player nicht gefreut haben, als Hauptmann auf den Markt kam und einige der schönsten Objekte im Portfolio hatte – hört man hinter vorgehaltener Hand. Seither haben Hauptmann und seine stellvertretende Geschäftsführerin Daniela Doychinova rund 275 Liegenschaften verkauft.
Nur ein Teil davon war im öffentlichen Verkauf. Bei den Objekten, die «off-market» verkauft werden, handelt es sich in der Regel um bekannte Liegenschaften, bei deren Verkauf zu viel öffentliches Interesse vermieden werden soll. «In einigen Fällen wünscht der Verkäufer aus persönlichen Gründen keine Publicity», fügt Hauptmann hinzu. «Im gehobenen Segment vermitteln wir bis zu 50 Prozent der Liegenschaften direkt an die Kaufinteressenten», bestätigt auch Claudio Walde.
Eine der grössten Herausforderungen im Luxussegment ist die Preisfindung, was unter anderem am Mangel an Referenzobjekten liegt. Es seien schon Makler in Konkurs gegangen, obwohl sie zahlreiche Objekte im Angebot hatten, aber keine Transaktionen zustande kamen, erzählt man sich in der Branche. Ginesta lehnt nach eigenen Angaben zehn Prozent der Mandate ab, weil die Preisvorstellungen der Kunden überrissen sind. «Es bringt nichts, überteuerte Liegenschaften anzubieten, die am Schluss niemand kaufen möchte», sagt Claude Ginesta. Für die Preisbestimmung beschäftigt er ein eigenes Schätzungsdesk. «Wenn man das nicht richtig macht, bringt auch der beste Verkäufer nichts», fügt er hinzu.
Understatement statt Pomp
Während andernorts Tapeten aus Nerz oder Blattgold Besucher beeindrucken sollen, wird an der Zürcher Goldküste Understatement gelebt. «Auch hier sehen wir unterschiedliche Geschmäcker und Einrichtungsstile, aber es geht selten darum, zu zeigen, was man hat», weiss Kron, der zusammen mit dem Office in der Westschweiz auch schon ein Anwesen für einen dreistelligen Millionenbetrag verkauft hat. Selbst wenn der Luxus nicht immer sichtbar ist, werden bei den Materialien keine Kosten gescheut. Kron erinnert sich an einen Kunden, der für die Sanierung seines neu erworbenen Anwesens eine ganz spezielle, 300 Jahre alte Holzart benötigte. Während der aufwendigen Renovierungsarbeiten ging das Holz aus. Experten machten sich in ganz Europa auf die Suche nach dem Rohstoff. Fündig wurden sie auf einem Bauernhof in Österreich. Der Liebhaber exquisiten Interiors kaufte die ganze Farm und nutzte sie als eine Art Ersatzteillager für sein Haus in der Schweiz.
Die Preise für exklusive Immobilien werden Hand in Hand mit der Zahl der Superreichen in der Schweiz steigen. Allein 2023 gab es über zehn Prozent mehr Milliardäre – dieser Trend wird die Nachfrage nach Luxushäusern stützen. Für die Familie Hollinger sind das gute Neuigkeiten, ihr Traumhaus in Zollikon ist mit Sicherheit auch eine gute Wertanlage.