Als der südafrikanische Milliardär Elon Musk im vergangenen April den Online-Nachrichtendienst Twitter akquirierte, zählte das Unternehmen 7000 Angestellte. Trotz 5,1 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2022 hat Twitter in den letzten zehn Jahren aber nur gerade zweimal schwarze Zahlen geschrieben. Deshalb setzte Musk den Rotstift an. Aktuell zählt Twitter noch 2300 Angestellte, wie Musk am Samstag selber tweetete.
Doch reicht der Personalabbau, um das schlingernde Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen? Bis Ende Januar ist eine erste Zinszahlung in Höhe von 300 Millionen Dollar fällig.
Der Grund: Musk hat die 44 Milliarden Dollar, mit denen er Twitter kaufte, nicht nur aus eigener Tasche berappt, sondern auch einen Kredit über 13 Milliarden Dollar aufgenommen. Dieser ist über ein kompliziertes Konstrukt in den Büchern von Twitter eingerechnet.
Ein im Guardian zitierter Analyst geht zwar davon aus, dass Twitter den Kredit bezahlen kann – dieses Mal jedenfalls. Die Frage ist eher, wie lange Twitter diese Schulden bedienen kann.
Der Turnaround lässt auf sich warten
Als Musk den Nachrichtendienst übernahm, inszenierte er sich als Retter, der die Firma restrukturiert, ohne dass sie sich unter Gläubigerschutz nach amerikanischem Recht begeben muss.
Dieses Konstrukt erlaubt einem Unternehmen in Schwierigkeiten, sich restrukturieren zu können, ohne dass Gläubiger – etwa die von Musk – in dieser Zeit ihre Schulden zurückfordern können. Doch handkehrum untersteht das Unternehmen in dieser Zeit auch starken behördlichen Regulierungen.
Genau dies könnte Twitter trotzdem blühen, sollte es den Turnaround nicht schaffen. Denn Musk hat der Firma bislang eher geschadet als genützt. Twitter nimmt 90 Prozent des Umsatzes mit Werbung ein, doch das Werbevolumen ist laut jüngsten Zahlen um 40 Prozent eingebrochen.
Die Gründe: Die Probleme bei der Neulancierung der «verified accounts», die Rückkehr von zuvor verbannten Profilen wie jenem von Donald Trump – und natürlich die persönlichen Tweets von Musk, der sich als politisch rechts stehend entpuppt hat und damit das Vertrauen der Werbekunden in die Plattform nicht gerade gestärkt hat.
Musk will keine Aktien verkaufen
Musk versicherte noch letzte Woche, dass Twitter über eine Milliarde Dollar in Cash habe. Damit lassen sich die fälligen Zinszahlungen Ende Januar gut begleichen. Aber: Vor seiner Übernahme hatte Twitter laut Wall Street Journal zwei Milliarden Dollar in Cash und nur 600 Millionen Dollar Nettoverschuldung.
Musk gibt sich – was nicht anders zu erwarten ist – trotzdem zuversichtlich und erklärte in einem Podcast, dass das Unternehmen nicht mehr unmittelbar von einem Konkurs bedroht sei.
Doch soll man ihm glauben? Dass Musk eine grosse Klappe hat, sieht man an Tweets von 2018, die ihn nun einholen.Damals hatte er verkündet, eines seiner anderen Unternehmen, den Autobauer Tesla, von der Börse zu nehmen, weil er private Investoren gefunden habe. Wie sich später herausstellte, gab es jedoch keine festen Zusagen.
Image als Business-Genie schützen
Was wird also mit Twitter passieren? Wenn sich der Cash-Flow nicht schnell bessert, könnte Musk gezwungen sein, weiteres privates Kapital einzuschiessen. Dazu müsste er weitere Telsa-Aktien verkaufen, was er gemäss eigenen Angaben derzeit nicht tun will.
Doch das alternative Szenario ist für den Narzissten Musk wohl um einiges schlimmer: Twitter kann die Schulden nicht bedienen und kommt unter behördlichen Gläubigerschutz. Für Musk geht es letztlich auch darum, sein Image als Business-Genie zu schützen. (rae)