Hohe Kosten, viele Vorschriften
Aus Büros kann man nicht einfach Wohnungen machen

In Schweizer Städten gibt es zu wenig Wohnungen. Gleichzeitig stehen aber viele Büros leer. Sie werden aber nur selten zu Wohnraum umgebaut. Verschiedenste Regulierungen sind schuld, dass wir nicht in ehemaligen Büros wohnen können.
Publiziert: 22.04.2024 um 19:01 Uhr
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Gerade in den Städten – hier in Zürich – ist Wohnraum begehrt und entsprechend teuer.
Foto: Sven Thomann

Die Umwandlung von Büros in Wohnungen scheint ein probates Mittel gegen die Wohnungsnot zu sein. Es ist aber kompliziert. Einerseits kann ein Umbau sehr teuer werden, andererseits wirken die Regulierungen in den Städten dagegen.

In den beiden grössten Städten der Schweiz, Zürich und Genf, ist das Wohnungsproblem am akutesten. In Zürich liegt die Zahl der leerstehenden Wohnungen bei 0,53 Prozent und in Genf mit 0,42 Prozent gar noch etwas tiefer. Gleichzeitig stehen 10 oder mehr Prozent der Büroflächen leer.

Umnutzungen von Büros in Wohnungen werden und wurden zwar schon realisiert. So richtig in Schwung kommt die Sache aber noch nicht, vor allem da sie nicht zuletzt auch politisch nur wenig Unterstützung erhält. Woran hapert es also?

400'000 Franken pro Wohnung

Einerseits ist da das leidige Problem der Baunormen. «In Bürogebäuden herrschen andere Bedingungen als in Wohngebäuden», erklärte Isabel Concheiro Guisan gegenüber AWP. Die Professorin an der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (HEIA-FR) streicht etwa die Gebäudetiefe in Bürokomplexen hervor, welche oft nur eine ungenügende Helligkeit für eine Wohnung gewährleistet. Zudem kommt auch den Wunsch der Mieter nach einem Balkon.

Darüber hinaus stehen einer Umnutzung laut Concheiro Guisan auch unterschiedliche Erdbeben- und Brandschutznormen oder solche für die Isolation von Schall oder Energie im Weg. Technisch ist dies laut Guisan alles machbar. Beispielhaft nannte sie den Einbau von Loggias im Inneren eines alten Bürogebäudes. Ein weiteres seien neue Typen von Wohnungen, wie sie etwa in einem ehemaligen Gebäude des Bundesverwaltungsgerichts im bernischen Zollikofen geschaffen worden seien.

Technisch machbar, aber zu welchem Preis, lautet da die Frage. Denn das dies mit hohen Kosten verbunden ist, liegt auf der Hand. «Die Kosten für einen Umbau mit strukturellen Eingriffen in einem bestehenden Gebäude liegen zwischen 2500 und 4000 Franken pro Quadratmeter», sagte dazu Robert Weinert, Experte beim Immobilienberater Wüest Partner. Die Einrichtung einer Wohnung mit 100 Quadratmetern würde damit 250'000 bis 400'000 Franken kosten.

Strenge Vorschriften und Zonenordnungen

Diese Kosten will ein Investor oder der Vermieter natürlich wieder hereinholen. «Der Bauträger oder Vermieter wird versuchen, diese Investitionen über die Mieten abzuschreiben», erklärte Stefan Fahrländer vom Beratungsbüro Fahrländer Partner. Entsprechend attraktiv müssten die Lage und das Umfeld der Immobilien sein, was wiederum die Möglichkeiten einschränke.

Schliesslich kommen noch die strengen Vorschriften und Zonenordnungen in den Städten hinzu. Fahrländer weist darauf hin, dass viele Büros in Industrie- und Gewerbezonen liegen, wo Wohnen nicht vorgesehen beziehungsweise sogar verboten ist.

Für potenzielle Projektentwickler ist dies ein weiteres Hemmnis. «Solche Projekte, welche sowohl technisch als auch wirtschaftlich realisierbar sind, kommen am ehesten für langfristig orientierte Investoren wie Pensionskassen in Frage», sagte Philippe Salvi, Fondsmanager des Bonhôte-Immobilier SICAV. Für diese sei der Return der Investition zeitlich nicht so dringend. Er sieht aber auch den Bund, die Kantone und die Gemeinden in der Verantwortung.

Trennung von Arbeits- und Wohnbereich

Verschiedene Experten haben denn auch schon vorgeschlagen, dass die Behörden einerseits in solche Projekte investieren sollten. Andererseits sei es an ihnen, die Kriterien für Umnutzungen dort zu lockern, wo die Wohnqualität nicht durch das Gewerbe gestört werde.

Solche Lockerungen hat der Bund in seinem im Februar vorgestellten Aktionsplan zur Bekämpfung der Wohnungsnot auch schon aufs Tapet gebracht. «Die Trennung von Arbeits- und Wohnbereichen, die ursprünglich auch dem Schutz vor schädlichen Immissionen diente, hat heute vielerorts einen Teil ihrer Bedeutung verloren, da viele handwerkliche und industrielle Tätigkeiten emissionsarm sind», stellt ein vom Bund veröffentlichtes Dokument fest. Bern will also die Verfahren zur Erteilung von Baugenehmigungen erleichtern und hat entsprechend die Kantone, Städte und Gemeinden dazu ermutigt, Machbarkeitsanalysen durchzuführen.

Wenig Wohnungen gebaut

In der Zwischenzeit wächst der Druck. In der Schweiz ging die Zahl der freien Wohnungen im letzten Jahr zum dritten Mal in Folge zurück, und zwar im zweistelligen Prozentbereich. Gleichzeitig werden so wenige Wohnungen gebaut wie schon lange nicht mehr.

Die Zahl der Genehmigungen für neue Wohnbauten ist innert acht Jahren zwischen 2016 und 2023 um 30 Prozent zurückgegangen. Und es gebe keine Anzeichen dafür, dass sich dieser Trend rasch verflüchtigen werde, warnte der Bund.

Im Gegensatz dazu steigt der Anteil leerstehender Büros stetig an und nimmt seit der Corona-Pandemie und der stärkeren Verbreitung vom Homeoffice strukturellen Charakter an. Laut einer Studie der UBS hat der Anstieg der Zinsen dem bereits angeschlagenen Sektor der Büroimmobilien zudem einen weiteren Schlag versetzt. (pbe/SDA)

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