Beinahe so präzise wie digitale Lösungen: Ein Team von IBM-Forschern präsentiert im Fachmagazin Nature Electronics den vermutlich fortschrittlichsten analogen KI-Chip «Hermes». Er sei dabei sowohl schneller als auch genauer als zuvor vorgestellte analoge Lösungen, teilen die Forscher mit. Dabei spielt die Schweiz eine bedeutende Rolle: Die Hauptautoren des Berichtes forschen allesamt im IBM Research Center in Rüschlikon ZH.
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Zahlreiche Unternehmen und Startups arbeiten momentan an analogen Rechensystemen für die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz. Denn sie bieten zwei grosse Vorteile gegenüber digitalen Chips: Sie sind durch ihre Bauweise deutlich schneller und benötigen weitaus weniger Strom.
Energiefresser KI-Systeme
Heute werden für die Entwicklung von KI-Systemen mehrheitlich digitale Prozessoren verwendet. Sie rechnen äusserst präzise, sind jedoch ungemeine Energiefresser. Denn ihre Berechnungen werden bei ihnen nicht am selben Ort durchgeführt, wie die Daten gespeichert werden. Speicher und Prozessor sind getrennt, was zum sogenannten Von-Neumann-Flaschenhals führt: Das Verschieben der Daten verlangsamt die Berechnungen und führt zu einem höheren Strombedarf.
Dass nun die grossen Tech-Unternehmen an immer grösseren KI-Systemen arbeiten, katapultiert den Stromverbrauch in ungeahnte Höhen. Alleine das Training eines einzelnen KI-Modells benötigt heute so viel Strom, wie 100 amerikanische Haushalte in einem Jahr verbrauchen.
Berechnungen wie im menschlichen Gehirn
Das analoge «In-Memory Computing» (AIMC), das bei «Hermes» angewendet wird, bietet einen deutlich energieeffizienteren Ansatz: Die Berechnungen finden direkt im Speicher statt und passieren durch Veränderung der Leitfähigkeit in den Prozessorkacheln. Damit funktioniert der Chip ähnlich wie das menschliche Gehirn.
Dennoch ist es noch ein weiter Weg zum konkurrenzfähigen analogen KI-Chip. «AIMC ist eine neue Technologie und benötigt weitere Fortschritte, um als ausgereifte Lösung zu gelten», sagt Thanos Vasilopoulos (25), Forscher in Rüschlikon ZH und Mitautor der Studie, zu Blick. Noch könne der Chip erst gewisse Berechnungen durchführen und damit nicht ein gesamtes neuronales Netzwerk stemmen. Er sei daher weiterhin auf digitale Komponenten angewiesen.
Vom Datencenter bis zum Smartphone
Die Bauweise von «Hermes» habe jedoch gemäss IBM-Schätzungen das Potenzial, in Zukunft vollumfänglich mit digitalen Chips mitzuhalten. «Dabei könnte er bis zu 140-mal energieeffizienter sein, als ein marktüblicher, digitaler Grafikprozessor für maschinelles Lernen», sagt Vasilopoulos.
Das ist momentan noch Zukunftsmusik. Die raschen Fortschritte in der Forschung könnten dies aber bald ändern: «Analoge KI-Chips könnten in Zukunft etwa in der Bildverarbeitung oder für natürliche Sprachmodelle in Betracht gezogen werden», sagt Vasilopoulos. Zudem würden sie sich aufgrund ihrer Effizienz sowohl für grosse Datencenter als auch für dezentrale Anwendungen wie etwa in Smartphones eignen.