Ansgar Gmür geht als Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV) im September in Pension. Dann will er sich vollzeitlich auf sein Theologiestudium konzentrieren. Für BLICK stellt Gmür sein Prediger-Talent nochmals in den Dienst der Eigentümer und Vermieter.
BLICK: In Zürich hat ein Vermieter 27’000 Franken Kaution in bar gefordert. Was halten Sie davon, Ansgar Gmür?
Ansgar Gmür: Dieser Fall gehört zu den extremen Ausnahmen. Wie überall gibt es auch bei den Vermietern schwarze Schafe. Aber falls hier Absicht dahinter steckt, dann ist das jenseits von Gut und Böse. Aber da muss er hinstehen und sich erklären, nicht wir vom Hauseigentümerverband.
Erleben Sie oft solche Fälle?
Nein, sie sind glücklicherweise sehr selten. Fakt ist, die grosse Mehrheit der Schweizer Mieter sind zufrieden mit ihren Vermietern und auch dem Mietzins, das zeigt eine jährliche Umfrage. Überhaupt gehen Kündigungen nur in acht Prozent der Fälle von den Vermietern aus. Und dann meist, weil die Mieten nicht bezahlt wurden.
Wer vermietet Wohnungen in der Schweiz?
Die Mehrheit der Wohnungen gehört Privaten. Leuten etwa, die ein Mehrfamilienhaus geerbt haben und sich mit Vermietung nicht auskennen. Und das ist kein Wunder, selbst Juristen macht das heutige Mietrecht Mühe. Es darf doch nicht sein, dass normal intelligente Leute ohne Anwalt keine Wohnung mehr vermieten können.
Bietet Ihr Verband hier Unterstützung?
Wir veranstalten rund 70 Kurse pro Jahr für Vermieter an. Dazu gibt es auch die Möglichkeit für Beratungen.
Ökonom Ansgar Gmür (64) steht seit bald 18 Jahren dem Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) als Direktor vor. Dabei setzt er sich für die Interessen der Eigentümerinnen und Eigentümer ein. Im September wird er an der HEV-Spitze vom 56-jährigen Markus Meier abgelöst. Gmürs neues Leben als Theologiestudent hat bereits begonnen, das Fach Alt-Hebräisch hat er erfolgreich abgeschlossen. Ab dem Herbstsemester 2018 widmet er sich seinem Studium als Vollzeitstudent. Mindestens bis zum Bachelor will er durchhalten. Gmür ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Töchtern.
Ökonom Ansgar Gmür (64) steht seit bald 18 Jahren dem Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) als Direktor vor. Dabei setzt er sich für die Interessen der Eigentümerinnen und Eigentümer ein. Im September wird er an der HEV-Spitze vom 56-jährigen Markus Meier abgelöst. Gmürs neues Leben als Theologiestudent hat bereits begonnen, das Fach Alt-Hebräisch hat er erfolgreich abgeschlossen. Ab dem Herbstsemester 2018 widmet er sich seinem Studium als Vollzeitstudent. Mindestens bis zum Bachelor will er durchhalten. Gmür ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Töchtern.
Lange Schlangen bei Besichtigungen und langwierige Bewerbungsverfahren – gerade in Städten sind bezahlbare Wohnungen Mangelware.
In Zürich gibt es 83’000 günstige Wohnungen, teils dank Genossenschaften, teils dank der Stadt etc. Zum Vergleich, das ist zweimal die Stadt St. Gallen. Das Problem ist nun aber, dass zur Hälfte Leute in diesen subventionierten Wohnungen wohnen, die gar keinen Bedarf dafür haben. Sie verdienen eigentlich zu viel und könnten sich auch eine normale Wohnung leisten. Eine Untersuchung in Bern hat das gezeigt.
Es gibt also genügend bezahlbare Wohnungen?
Der Leerwohnungsbestand hat zugenommen und wird noch weiter zunehmen. Auch günstige Wohnungen gibt es. Laut Bundesamt für Statistik kostet eine 3-Zimmer-Wohnung im Schnitt 1238 Franken.
Der Leerstand ist aber höchst ungleich verteilt. Offenbar will niemand im Appenzellerland wohnen.
Natürlich, aber in Basel und Zürich zu bauen, ist praktisch unmöglich. Die gleichen Kreise, die mehr günstige Wohnungen fordern, sind gegen Abbrüche und höheres Bauen.
Wurde für die falschen Leute gebaut – Wohnungen für Reiche statt Normalbürger?
Bis vor Kurzem gingen die Wohnungen für Reiche in Zürich noch weg. Gebaut wurde, was nachgefragt wurde. Die Tendenz, dass teure Wohnungen nicht mehr weggehen, ist neu.
Wie gross ist denn der Leerstand aktuell?
65’000 leere Wohnungen gibt es momentan, das entspricht der Stadt Winterthur. Nicht alle davon sind optimal, das ist klar. Aber sicher die Hälfte davon ist gut gelegen. Die Situation der Mieter ist also so schlecht nicht und trotzdem fordert der Mieterverband noch mehr Wohnungen.
Wo die Leute aber wohnen wollen, da fehlen die freien Wohnungen.
Es gibt kein Anrecht auf eine bestimmte Wohnung oder eine bestimmte Lage. Mieter müssen flexibel sein.
Was meinen Sie damit?
Mieter müssen bereit sein, zu pendeln. 17 Minuten von der Zürich Innenstadt, im Zürcher Oberland, gibt es bereits günstige Wohnungen. Wer günstig wohnen will, soll in den Aargau. Dort ist der Leerwohnungsbestand riesig. Alle reden davon mobil, zu sein, wenn es aber ums Wohnen geht, dann gilt das nicht mehr. Dabei ist die Verkehrsinfrastruktur in der Schweiz so gut wie wohl nirgends sonst.
Pendeln also ist die Lösung. Welche weiteren Tipps haben Sie für Mieter?
Überall suchen und auch die Ansprüche herunterschrauben. Manchmal braucht es Verzicht, etwa auf Ferien oder ein Auto. Jungen Leuten empfehle ich zudem, früh Geld auf die Seite zu legen. Wer 200’000 Franken angespart hat, kann selbst Wohneigentum kaufen. Aber viele geben das Geld heute lieber gleich aus.
Viele Mieter betreiben beim Bewerbungsprozess für eine Wohnung einen riesigen Aufwand. Ist das nötig?
Sicher gibt es hier auch Übertreibungen. Aber viele Vermieter haben schlechte Erfahrungen gemacht. Da begreife ich, wenn sie mit den Nachfragen kleinlich sind. Vermieter wollen sich schützen. Denn ein Messi oder Mietnomade verursacht schnell Kosten von mehr als 10’000 Franken. Mir ist ein aktueller Fall bekannt, wo Vermieter jetzt auf einem Schaden von 100’000 Franken sitzt.
Welche Auskünfte empfehlen Sie einzuholen?
Normal ist der Betreibungsauszug. Doch immer häufiger gibt es dabei Fälschungen. Wenn jemand häufig umzieht, dann kann er Betreibungen auch so verschleiern. Ich rate daher, beim Arbeitgeber und vorherigen Mieter nachzufragen. Das Einholen von Referenzen hat sich bewährt.
Warum sind die Schweizer Mieter so brav und fordern nur selten tiefere Mieten, wenn der Referenzzinssatz sinkt?
Ich sehe dafür drei Gründe. Erstens kennen viele Mieter ihre Vermieter. Seit Jahren haben die den Mietzins nicht erhöht. Dann zeigen Umfragen, dass die Mieter grundsätzlich mit ihrer Miete zufrieden sind. Drittens ist die Senkung nicht immer gerechtfertigt, viele Mieter könnten gar nichts geltend machen.
Tiefere Mieten sind gar kein dringendes Bedürfnis?
Alle Mieten müssen runter, das ist Hysterie vom Mieterverband. Für mich kommt das einer Aufhetzung des Volkes gleich. Und es ist völliger Unsinn. Denn seit 25 Jahren zahlen wir anteilsmässig vom Einkommen gleich viel für die Miete. Von zu hohen Mieten kann also nicht die Rede sein. Man findet günstige Wohnungen, aber Mieter haben grosse Ansprüche.
Vom Mieterverband ist aktuell eine Initiative für bezahlbare Wohnungen hängig. Auch der HEV ist mit drei Motionen politisch sehr aktiv gerade.
In den letzten Jahren waren politische Vorstösse allesamt für die Mieter. Man könnte meinen, das Menschenrecht für Vorstösse sei nur auf Mieterseite. Der Vorstoss von HEV-Präsident Hans Egloff zielt darauf ab, dass die Anfechtung der Anfangsmiete schwieriger wird. Für Mieter ist das eine Verschlechterung. Für mich ist klar: Wer einen Vertrag unterschreibt, ist mit dem Inhalt einverstanden. Das gilt auch für die Miete. Nachher soll nicht jeder kommen können und nachträglich weniger zahlen wollen. Nur wer den Vertrag aus einer persönlichen Notlage heraus unterschrieben hat, soll diesen nachträglich anfechten können.
Was darf der Vermieter bei Wohnungsbewerbern an Unterlagen einfordern? Wie erhöhen Interessenten die Chancen auf eine Zusage? Ruedi Spöndlin ist Rechtsberater vom Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband. Diese und andere Fragen beantwortet der Experte heute im BLICK Live-Talk. Stellen Sie ihm Ihre Fragen live ab 11.45 auf blick.ch.
Als Mieter sitzt man oft am kürzeren Hebel. Das Angebot an bezahlbaren Wohnungen ist knapp, die Nachfrage hingegen riesig. Das Ungleichgewicht hat manchmal absurde Folgen.
Als Mieter sitzt man oft am kürzeren Hebel. Das Angebot an bezahlbaren Wohnungen ist knapp, die Nachfrage hingegen riesig. Das Ungleichgewicht hat manchmal absurde Folgen.