Das Geschäft mit Secondhand-Luxusgütern befindet sich im Aufwind. Mittlerweile ist das Wachstum stärker als bei neuen Luxusprodukten. Vor allem bei jüngeren Generationen sind gebrauchte Luxusgüter beliebt. Deshalb wollen verschiedene schweizerische und internationale Anbieter Marktanteile in der Uhren-, Schmuck-, Lederwaren- oder Modebranche gewinnen.
«Wir haben in den letzten Jahren ein zweistelliges Umsatzwachstum im Luxussegment verzeichnet», sagt Tirath Kamdar, Leiter der Luxusabteilung von Ebay, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Der US-Riese hat in den vergangenen Jahren in Authentifizierungssysteme für die auf der Online-Handelsplattform weiterverkauften Produkte investiert.
Schweiz ist Beschaffungsmarkt
Damit wuchs das Vertrauen der Kunden und auch das Transaktionsvolumen. «Das zeigt, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen», sagt der Manager. Nachdem Ebay in den letzten Jahren Marktanteile im Onlinehandel an den Konkurrenten Amazon verloren hat, versucht das Unternehmen sein Kerngeschäft, also den Verkauf von Secondhand-Artikeln, insbesondere im Bereich der Luxusgüter zu stärken.
Um seine Bekanntheit zu erhöhen, unterstützt der amerikanische Konzern seit kurzem Veranstaltungen im Luxussektor, auch in der Schweiz. Darunter befindet sich etwa Reluxury, die erste Schweizer Messe für Occasionsluxusgüter.
«Die Schweiz ist vor allem ein Beschaffungsmarkt, da viele Uhrenmarken hier ihren Sitz haben», sagt Ebay-Manager Kamdar. Denn die Zusammenarbeit mit der Uhrenindustrie sei wichtig, da der Occasionsmarkt stark wachse.
Gemäss der Studie «Luxury Outlook 2022» der Boston Consulting Group (BCG) und des französischen Luxusgüterverbands Comité Colbert wächst das Occasionsgeschäft doppelt so schnell wie der Markt mit neuen Luxusgütern. Das weltweite Marktvolumen im Secondhand-Bereich wird von 33 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf schätzungsweise über 50 Milliarden bis im Jahr 2025 steigen. Wachstumsmotoren sind hier die jüngeren Generationen.
Ein Markt von 35 Milliarden Franken
Ebay arbeitet unter anderem mit Watchfinder zusammen, das sich auf den Online-Verkauf von hochwertigen gebrauchten Uhren spezialisiert hat und zum Genfer Luxusgüterkonzern Richemont gehört. Watchfinder hat vor kurzem mit dem Verkauf von Produkten auf Ebay begonnen. Im Moment erstrecke sich die Partnerschaft auf Deutschland und Grossbritannien, sagt Kamdar.
Der US-Konkurrent Watchbox, der auch auf den Verkauf von Occasions-Luxusuhren spezialisiert ist, zeigt sich ebenfalls sehr zuversichtlich: «Wir verzeichnen ein fantastisches Wachstum und waren von Anfang an profitabel», sagt Schweiz-Chef Patrik Hoffmann.
Laut dem Beratungsunternehmen Deloitte belief sich der Markt für gebrauchte Luxusuhren im Jahr 2021 schätzungsweise auf etwa 20 Milliarden Franken und soll bis 2030 auf etwa 35 Milliarden wachsen. Dies würde mehr als die Hälfte des Marktes mit neuen Luxusuhren ausmachen. Der Occasionsbereich ist in den vergangenen Jahren insbesondere durch die Einführung von Garantiesystemen (Certified Pre-Owned, COP) professioneller geworden.
30'000 Dollar pro Uhr
Der Durchschnittspreis bei der vor allem auf Nischenmarken spezialisierten Watchbox beläuft sich auf 30'000 Dollar pro Uhr. Das ist deutlich höher als bei der Konkurrenz. Aufgrund des Erfolgs hat die US-Firma im vergangenen Jahr die Westschweizer Luxusuhrenmanufaktur De Bethune mit Sitz im Waadtländer L'Auberson übernommen.
Beim deutlichen Preisrückgang bei einigen sehr bekannten Marken wie Rolex in diesem Sommer auf den Secondhand-Plattformen handle es sich um eine Marktanpassung, sagt Watchbox-Schweiz-Chef Hoffmann. Es zeige sich eine gewisse Normalisierung nach den Preisrekorden bei manchen Marken.
«Trotz dieses drastischen Rückgangs ist der Preis bei einigen renommierten Marken immer noch zwei- bis zweieinhalbmal so hoch wie der Preis für ein neues Modell im Laden.» Die Branche sei gesund, betonte Hoffmann.
Markt steckt in Kinderschuhen
Der Secondhand-Markt für Luxusuhren stecke noch in den Kinderschuhen. Trotz der Turbulenzen im vergangenen Sommer gehe die Aufwärtsentwicklung weiter, sagte der Watchbox-Schweiz-Chef. Die Akzeptanz des Occasionmarktes seitens der gesamten Schweizer Uhrenindustrie nehme zu. Kein Markenverantwortlicher könne sich mehr den Luxus leisten, wie in der Vergangenheit diesen Sektor zu ignorieren.
Nachdem der Markt zunächst von unabhängigen Unternehmen dominiert wurde, die Luxusgüter von grossen Häusern weiterverkauften, verstehen die grossen Konzerne allmählich die Bedeutung dieses Segments. Sie bieten inzwischen den Rückkauf oder Verkauf alter Kollektionen auf ihren eigenen Websites oder über Partner an.
Die Ankündigung von Rolex, in den Markt für zertifizierte gebrauchte Uhren (CPO) einzusteigen, wurde letzte Woche als historischer Schritt für die Branche gewertet. Dies gilt als weiterer Beweis für die wachsende Bedeutung des Occasionmarktes. (SDA/pbe)