Gopfried Stutz zu Vermögenskonzentration
Jeder ist seines Glückes Schmied

Wie lässt sich Vermögen besser verteilen? Indem man Eigentümerschaft fördert, etwa mit Mitarbeiterbeiligungen. Nachzulesen im Buch «Vermögen für alle» von Beat Kappeler.
Publiziert: 10.12.2022 um 15:16 Uhr
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In der Schweiz besitzen die reichsten 13 Prozent 82 Prozent des Vermögens.
Foto: imago images/MIS
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Die Reichen werden immer reicher. Die Vermögen konzentrieren sich vorab in den obersten Schichten. Und um konkret zu werden: Die reichsten 13 Prozent besitzen 82 Prozent des Vermögens. 40 Prozent des Vermögens in der Schweiz werden von einem Prozent der Bevölkerung kontrolliert.

Was ist die Quelle dieser Vermögenskonzentration? Manche führten das auf Erbschaften zurück. In der Schweiz werden laut groben Schätzungen jährlich 90 Milliarden Franken vererbt. Die deutsche Politikerin und Buchautorin Sarah Wagenknecht gehört zu jenen, die die Vermögenskonzentration in erster Linie auf Erbschaften zurückführt.

Also könnte man doch ganz einfach die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen wieder einführen und generell erhöhen, um eine gerechtere Vermögensverteilung zu erreichen. Buchautor Beat Kappeler ist damit nicht einverstanden. Die steuerliche Abschöpfung von bisherigem Vermögen bezeichnet er gar als «Konfiskation». Das stifte bloss politischen Zwist und entmutige persönlichen Einsatz. «Ausserdem gelangen die Steuern an den Staat und streuen die Vermögen der Privaten nicht besser», schreibt der ehemalige Gewerkschafter in seinem kürzlich veröffentlichten Buch «Vermögen für alle».

Was ist demnach vorzukehren, um das Vermögen besser zu verteilen? Gemäss Kappeler ist es der Einkommensfluss, der den Boden künftiger Vermögen legt. Und zwar in dem Mass, wie daraus gespartes und produktives Kapital gebildet wird. Vereinfacht gesagt: Beim Einkommen muss man ansetzen, will man Vermögen schaffen. Hier wiederum ist zu unterscheiden zwischen Lohn und Kapitaleinkommen, sprich Zinsen und Dividenden-Gewinnen.

Damit Personen mit tieferen Einkommen auch Vermögen akkumulieren können, müssen sie eben auch Kapitaleinkommen erwirtschaften. Dorthin führen laut Kappeler viele Wege. Er benennt etwa Mitarbeiterbeteiligungen, die vielen Selbständigen der IT-Branche oder die per App vermittelten Selbständigen wie etwa Uber. Kurz: Die Eigentümerschaft müsste gefördert werden. Kappeler zitiert das Beispiel der britischen Warenhauskette John Lewis. Sie ist seit 1929 im Besitz ihrer 80'000 Angestellten.

Doch automatisch wird die Vermögensverteilung nicht besser. Jeder ist seines Glückes Schmied. «Selbstsorge statt Fürsorge», sagt Kappeler. Jeder Einzelne könne heute selber dafür sorgen, gebildet, gesund, aktiv und bemittelt zu sein. Selbstsorge bestimme den Alkohol- und Tabakkonsum von Menschen ebenso wie ihre Bildungsbeflissenheit, Körperpflege oder Sparsamkeit. «Jeder ist auch ein Täter und nicht nur ein Opfer.»

Das letzte Wort in Kappelers Buch gehört dem britischen Dichter William Blakes (1757–1827): «Wer etwas begehrt, aber nicht handelt, brütet Verderben.»

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