Derzeit ist mehr von Fachkräftemangel die Rede denn von Arbeitslosigkeit. Was nicht heisst, dass es keine Personen mehr gibt, die die Stelle verlieren. Besonders bitter ist es für ältere Arbeitnehmende, weil sie häufig keinen Arbeitsplatz mehr finden und ausgesteuert werden. Im ersten Halbjahr sind 3258 Personen über 55 ausgesteuert worden.
Man muss wissen, dass in den letzten Jahren für ältere Arbeitslose Verbesserungen eingeführt wurden. Wer nach 58 entlassen wird, kann verlangen, dass das Geld bis zum AHV-Alter in der Pensionskasse bleibt. Das hat den Vorteil, dass man sich eine lebenslängliche Rente auszahlen lassen kann.
Eine zweite Verbesserung ist das am 1. Juli 2021 in Kraft getretene «Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose». Der Gesetzgeber wollte damit die Existenz von Personen sichern, die kurz vor dem Rentenalter ihre Erwerbsarbeit verloren haben.
Glaubt man dem St. Galler SP-Ständerat Paul Rechsteiner, wird das Ziel mit diesem Gesetz nicht erreicht. In einer Interpellation, die kürzlich im Ständerat behandelt wurde, verweist der ehemalige Präsident des Gewerkschaftsbundes auf Erfahrungen von Vollzugsbehörde, RAV und Sozialämter. Sie zeigten, dass bisher nur wenige Gesuche für Überbrückungsleistungen bewilligt wurden.
Laut Rechsteiner liegt es an den «äusserst restriktiven Bedingungen», weshalb die Leistungen nur in wenigen Fällen zum Tragen kommen. Der Bundesrat bestätigt dies. Bis Mitte Juni sollen es lediglich 169 Personen gewesen sein, die von Überbrückungsleistungen profitieren können.
Etliche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Anspruch auf Überbrückungsleistungen zu haben. Man muss 20 Jahre in die AHV einbezahlt haben, davon mindestens fünf Jahre nach dem 50. Geburtstag. Das Vermögen darf bei Alleinstehenden 50'000 und bei Ehepaaren 100'000 Franken nicht übersteigen, wobei selbstbewohnte Liegenschaften nicht berücksichtigt sind. Dann sind auch noch wirtschaftliche Bedingungen zu erfüllen, ähnlich wie bei Ergänzungsleistungen. Die anerkannten Ausgaben dürfen die anrechenbaren Leistungen nicht übersteigen.
Die wohl umstrittenste Einschränkung ist jene des Alters: Überbrückungsleistungen gibts erst ab 60. Wer mit 58 den Job verliert, kann zwei Jahre Arbeitslosentagegeld und danach ab 60 Überbrückungsleistungen beantragen. Die Skos hatte als Altersuntergrenze das 57. Altersjahr vorgeschlagen.
Gemäss dem Gesetz über die Überbrückungsleistungen muss der Bundesrat fünf Jahre nach Inkrafttreten dem Parlament Bericht erstatten. Doch aufgrund der Interpellation seines Parteikollegen Rechsteiner will Bundesrat Alain Berset nicht so lange warten und der Sache nachgehen, weshalb im Vergleich zu den ausgesteuerten Personen so wenige Überbrückungsleistungen beanspruchten. Wir dürfen gespannt sein.