Sollte es jemandem entgangen sein: Wir stimmen am kommenden Sonntag zur AHV nicht nur über die Anpassung des Frauenrentenalters und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ab. Wir stimmen auch darüber ab, ob Männer und Frauen, die übers AHV-Alter hinaus erwerbstätig bleiben, besser gestellt werden als heute.
Was gerne vergessen geht: Für viele ist mit dem Erreichen des AHV-Alters nicht einfach Schluss mit Arbeiten. Zwölf Prozent der Personen im Alter von 65 und älter sind noch erwerbstätig. Bei der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen beträgt die Erwerbstätigenquote knapp 19 Prozent. Bei den 66-jährigen Männern sind es sogar 30 Prozent, die zumindest teilzeitlich einem Erwerb nachgehen, dafür in eine höhere Steuerprogression geraten und unter Umständen erst noch AHV-Beiträge abliefern müssen.
Unter Umständen deshalb, weil Rentnerinnen und Rentner von einem monatlichen Freibetrag von 1400 Franken profitieren – und zwar pro Arbeitgeber. Nur wer ein höheres Monatseinkommen erzielt, zahlt darauf AHV-Beiträge, ohne dass aber die AHV-Rente dadurch aufgebessert würde. Im Fachjargon heisst das: Nach dem AHV-Alter einbezahlte AHV-Beiträge sind nicht rentenbildend.
Das soll sich mit der zur Abstimmung kommenden AHV-Revision ändern. Wobei nur jene Rentnerinnen und Rentner von einer Aufbesserung ihrer Rente profitieren können, die nicht Anspruch auf eine Maximalrente haben. Im Abstimmungsbüchlein steht es so: «Neu werden unter bestimmten Bedingungen die zusätzlichen Beiträge bei der Berechnung der Rente berücksichtigt, wenn die Maximalrente von 2390 Franken, Ehepaare 3585 Franken, noch nicht erreicht ist.» Damit mache es AHV 21 attraktiver, über das Alter von 65 hinaus erwerbstätig zu bleiben.
Was aber im Abstimmungsbüchlein nicht geschrieben steht: Wer mit 66 noch Teilzeit arbeitet und dabei ein Einkommen von zum Beispiel 1600 Franken erzielt, vermag seine AHV-Rente wegen des genannten Freibetrags nicht nennenswert aufzubessern. Nur gerade auf 200 Franken, der Differenz von 1400 und 1600 Franken, würden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge berechnet.
Deshalb hat die nationalrätliche Sozialkommission eine Wahlmöglichkeit eingebaut, die dann vom Ständerat im Differenzbereinigungsverfahren übernommen wurde. Das geht so: Wer eh schon Anspruch auf eine Maximalrente hat, wählt den Freibetrag von 1400 Franken. Wer aber nicht aufs Maximum kommt und die AHV-Rente aufbessern möchte, verzichtet auf den Freibetrag und kann daher mehr in die AHV einzahlen und später von einer höheren Rente profitieren.
Die Ständeratskommission wollte übrigens den Freibetrag ohne Wahlmöglichkeit auf 2000 Franken erhöhen. Er wollte damit Anreize schaffen, damit Arbeitnehmende länger erwerbstätig bleiben. Rentnerinnen und Rentnern ohne Maximalrente wäre damit kaum gedient gewesen. Zudem hätte dieses Zückerchen die AHV 88 Millionen Franken gekostet – abstimmungstaktisch wohl nicht die richtige Massnahme.