Gopfried Stutz
Der Bundesrat und die BVG-Reform

Der Bundesrat nimmt einen neuen Anlauf zur Reform der zweiten Säule. Er übernimmt Vorschlag der Sozialpartner. Damit dürfte er im Parlament auflaufen – und eine Lösung in weite Ferne rücken.
Publiziert: 28.11.2020 um 11:56 Uhr
Claude Chatelain, Publizist und Wirtschaftsjournalist.
Foto: Paul Seewer
Claude Chatelain

Was lange währt, wird endlich gut. Ach wirklich? Ich spreche hier vom beruflichen Vorsorgegesetz, dem BVG, dessen Revision nicht vom Fleck kommt. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft an die Räte überwiesen. Dass die genannte Redewendung «… ,wird endlich gut» auch in diesem Fall zutrifft, übersteigt jede Vorstellungskraft.

Keine Angst, ich werde Sie hier nicht mit Koordinationsabzug, Freizügigkeitsguthaben, Umwandlungssatz, Altersgutschriften, Beitragsprimat, überobligatorisch und obligatorisch langweilen. Wir werden dazu noch Gelegenheit haben.

Zuerst wird sich die vorberatende Kommission der einen Kammer, dann das Plenum ebendieser Kammer, später die Sozialkommission der zweiten Kammer und so weiter beschäftigen. Dann werden Differenzen bereinigt. Irgendwann gibt es im Parlament eine Schlussabstimmung. Und weil die Minderheit mit dem Abstimmungsergebnis nicht einverstanden ist, wird sie das Referendum ergreifen, sei es auch nur, um das Ganze absichtlich zu verzögern. Es wird also noch eine Weile dauern, bis wir an der Urne das Ganze absegnen oder (erneut) bachab schicken können.

Gleichzeitig läuft noch die Revision der AHV, der ersten Säule. Hier ist man etwas weiter. In der zurückliegenden Herbstsession hätte der Ständerat darüber brüten sollen. Doch die vorberatende Kommission tut sich offensichtlich schwer. Sie verlangt von der Verwaltung Zusatzberichte um Zusatzberichte. Im September hiess es, der Ständerat werde sich in der Wintersession mit der AHV beschäftigen, die kommende Woche beginnt. Auch das erwies sich als zu optimistisch. Es wird Frühling, bis der Ständerat als Erstrat die AHV-Revision, die nun wirklich nicht kompliziert ist, beraten will.

Wesentlich komplexer ist die Revision der beruflichen Vorsorge. Was da an Begriffen umherschwirren, habe ich eben geschrieben. Das gibt mir Gelegenheit, in der Vergangenheit zu schwelgen. Ja, ich bin ein Nostalgiker.

1974 wars. Bundesbern will neben der ersten Säule, der AHV, eine zweite errichten, die berufliche Vorsorge. Es findet eine Vernehmlassung statt. Ein Ausschuss erstattet dem Bundesrat Bericht. Und nun, liebe Leser, passen Sie auf: Der Bundesrat weist den Bericht zurück, weil er zu kompliziert ist. Schon mal so was gehört?

Zu kompliziert? Aus heutiger Sicht klingt das wie ein schlechter Witz. Und jetzt zu den Nostalgikern. Was waren das für Bundesräte, die sich im Interesse von uns allen für ein verständliches Gesetzeswerk einsetzten? Ernst Brugger (ZH, FDP), Georges-André Chevallaz (VD, FDP). Kurt Furgler (SG, CVP), Rudolf Gnägi (BE, SVP), Pierre Graber (NE, SP), Hans Hürlimann (ZG, CVP), Willy Ritschard (SO, SP).

Naja, eine Frau sucht man hier vergebens. Vielleicht der einzige Makel des damaligen Gremiums.

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