Gopfried Stutz
Das mit dem Koordinationsabzug verstehe auch ich nicht

Publiziert: 23.07.2017 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 08:50 Uhr
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Heute wollen wir uns mit dem Koordinationsabzug in der beruflichen Vorsorge befassen. Wenn es Ihnen, liebe Leserschaft, bei dieser Wortschöpfung gleich ablöscht, so habe ich volles Verständnis dafür. Doch wie wir wissen, strotzt die 2. Säule nicht nur von unverständlichen Fachbegriffen. Sie ist auch heillos kompliziert. Und sie soll noch komplizierter werden.

Der Koordinationsabzug könnte man auch AHV-Abzug nennen. Mit diesem Abzug sollen die Renten der AHV und der Pensionskasse, also der ersten und der zweiten Säule, koordiniert werden. Das geht so.

Eine wichtige Grösse in der beruflichen Vorsorge ist der versicherte Verdienst. Das ist jener Betrag, auf dem die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge berechnet werden. Am einfachsten wäre es, wenn Bruttolohn und versicherter Verdienst identisch wären. Doch den Gestaltern unserer Vorsorgewerke wäre das zu einfach. Sie sagten sich, man müsse nicht den ganzen Lohn versichern, da es im Alter noch die AHV gebe. Also wird vom Bruttolohn ein Abzug vorgenommen, um den versicherten Verdienst zu ermitteln. Bruttolohn minus Koordinationsabzug gibt versicherter Lohn.

So entsprach der Koordinationsabzug einer einfachen maximalen AHV-Rente. Er wurde vor ein paar Jahren auf 87,5 Prozent der AHV-Rente begrenzt, um tiefere Einkommen zu begünstigen. Derzeit beträgt er 24'675 Franken. 

Das tönt nach Mathematik, einer exakten Wissenschaft. Doch unsere Vorsorgelösungen sind alles andere als exakt. Wir sprechen hier allein vom obligatorischen Minimum laut BVG. Dieses regelt nur Löhne bis 84'600 Franken, abzüglich des Koordinationsabzugs von 24'675 Franken gibt 59'925 Franken. Dies ist der maximale koordinierte Jahreslohn.

Doch um die 80 Prozent verdienen mehr als 59'925 Franken. Sie erwerben überobligatorische Leistungen. Diese sind auch der Grund, weshalb die Mehrheit der BVG-Versicherten von einer Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes gar nichts merken werden. Sie haben heute schon einen tieferen Umwandlungssatz. Merken werden sie dagegen die 70 Franken, um die die AHV-Rente erhöht werden soll. Doch ich weiche ab. Es geht hier ja um den Koordinationsabzug.

Bundesrat Alain Berset wollte in seiner Altersreform, über die wir am 24. September abstimmen, den Koordinationsabzug abschaffen. Bravo. Endlich. Das Parlament wollte davon leider nichts wissen und machte alles noch schlimmer, noch komplizierter. Künftig wird der Koordinationsabzug dreigeteilt: Für Löhne zwischen 21'150 und 35'250 Franken soll er 14'100 Franken betragen; bei Einkommen zwischen 35'250 und 52'875 Franken würde er auf 40 Prozent des Lohnes festgelegt und bei Einkommen zwischen 52'875 und 84'600 Franken läge er bei 21'150 Franken. 

Haben Sie, liebe Leser, das alles verstanden? Macht nichts. Ich auch nicht. 

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