Gewerkschafter sieht bei SBB Handlungsbedarf nach schlampigem Umgang mit Datenleck
«Ich sehe hier Parallelen zum tragischen Unfall vor drei Jahren»

Die SBB haben vor einem Hackerangriff mehrere interne Warnungen in den Wind geschlagen. Das war nicht das erste Mal. Der Gewerkschaftssekretär des Zugpersonals sieht Parallelen zu einem tragischen Unglück.
Publiziert: 17.08.2022 um 18:53 Uhr
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Die SBB haben vor einem Hackerangriff interne Warnungen über die Systemschwachstelle ignoriert.
Foto: Keystone
Martin Schmidt

Arbeitgeber können sich glücklich schätzen, wenn Angestellte gravierende Sicherheitsprobleme entdecken und sie darauf hinweisen. So kann die Firma das Problem im Idealfall beheben, bevor ein Unglück geschieht.

Bei den SBB lagen Hunderte Millionen Kundendaten jahrelang ungeschützt im Netz – bis im Januar 2022 schliesslich ein Hacker zuschlug. Der Konzern wurde zuvor mehrfach auf die Sicherheitslücke aufmerksam gemacht – ergriff jedoch keine Massnahmen, wie Blick publik machte.

Für Jürg Hurni (60) war das kein Einzelfall. «Ich sehe hier Parallelen zum tragischen Unfall vor drei Jahren. Es scheint also noch Handlungsbedarf zu bestehen», sagt der Sekretär der Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV).

SBB weisen Vorwurf von sich

Am 4. August 2019 wurde ein SBB-Zugbegleiter bei der Abfahrt von einer sich schliessenden Zugtür erfasst, mitgeschleift und tödlich verletzt. Wie damalige Recherchen des SonntagsBlicks ans Licht brachten, hatte ein SBB-Ingenieur die Bahnen mehr als anderthalb Jahre zuvor vor einem «schwerwiegenden Unfall» gewarnt, falls die technischen Probleme beim Klemmschutz der Türen im Wagentyp EW IV und der Kontrolllämpchen im Führerstand nicht behoben würden. Davon waren 493 Zugwagen betroffen. Trotzdem machten die SBB lange Zeit keine Anstalten, das Sicherheitsrisiko zu beheben.

Das tragische Unglück und der Vorfall mit den gestohlenen Daten lassen sich natürlich nicht vergleichen. Die vorangegangenen Fehlerketten hingegen schon. Nehmen die SBB interne Meldungen folglich zu wenig ernst? «Diesen Vorwurf weisen wir klar zurück», schreibt ein SBB-Sprecher dazu.

Überprüfung ergab Mängel

Nach dem Unglück 2019 hatte eine externe Überprüfung Mängel in dem internen Meldeprozess ergeben. Als Reaktion darauf setzten die SBB das Programm «Sicuro!» um. Die externen Experten schlugen unter anderem Verbesserungen «beim Handling des Meldetools» vor, so der SBB-Sprecher. «Diese Massnahmen haben wir umgesetzt. Alle Meldungen wurden und werden sorgfältig abgeklärt.» Nach Angaben der SBB habe man die Zahl der offenen Meldungen in einem halben Jahr von 2000 auf 500 abarbeiten können.

Das Programm «Sicuro!» betrifft die Sicherheit für Fahrgäste und Mitarbeitende. «In diesem Bereich haben die SBB den Meldeprozess verbessert», ist auch Hurni überzeugt. In anderen SBB-Bereiche sieht er aber weiterhin Nachholbedarf: «Von den SBB darf man aber erwarten, dass sie konzernweit das interne Meldesystem überprüfen und durchgängiger gestalten und nicht warten, bis ein Ereignis eintritt.»

«Intern gemeldete Sicherheitslücken sofort schliessen»
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IT-Experte zu Datenlecks:«Intern gemeldete Sicherheitslücken sofort schliessen»
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