Gewerkschaft noch viel reicher als bekannt
Unia sitzt auf 950 Millionen Franken!

Immobilien, Obligationen, Aktien: Der Schatz der Unia ist weit grösser als bisher angenommen. Das Vermögen von fast einer Milliarde Franken bringt die Gewerkschaft in Erklärungsnot.
Publiziert: 17.09.2021 um 01:25 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2021 um 06:30 Uhr
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Unia-Zentrale in Bern: Die grösste Schweizer Gewerkschaft ist viel reicher als bisher bekannt.
Foto: Marc Iseli
Guido Schätti

Ein Bundesgerichtsurteil erlaubt einen Blick auf die Reichtümer der Gewerkschaft Unia. Demnach besass die grösste Arbeitnehmervertreterin der Schweiz 2018 Immobilien im Wert von 389 Millionen Franken. Die Tamedia-Zeitungen machten die Zahl Anfang Woche publik. Die Unia sei vermutlich die «finanzkräftigste politische Organisation der Schweiz», steht im Bericht.

Das ist allerdings nur rund die halbe Wahrheit. Blick konnte die Jahresberichte von 2005 – dem ersten vollen Geschäftsjahr nach der Gründung – bis heute einsehen. Sie zeigen, dass die Klassenkämpfer um Präsidentin Vania Alleva (52) noch weit bessere Kapitalisten sind. Die Unia führt zwei Rechnungen, eine für die als Verein organisierte Gewerkschaft und eine umfassendere für den Konzern – erst diese offenbart das wahre Ausmass der Schätze.

Finanzanlagen von über 300 Millionen sichern politische Schlagkraft

So ist der Wert des Immobilienportfolios per Ende 2020 vor Abschreibungen auf 623 Millionen Franken gestiegen. Es umfasst 2860 Wohnungen, aber auch Geschäftsliegenschaften, Hotels, Landreserven und laufende Bauprojekte. Zudem kontrolliert der Konzern drei Immobilienfirmen und ist an zwei weiteren beteiligt. Die mit Abstand wichtigste ist die Zivag Verwaltungen AG mit Sitz in Bern und Zürich, die 6500 Objekte verwaltet.

Betongold macht aber nur einen Teil des Konzernvermögens aus. Strategisch wichtiger sind die Finanzanlagen. 329 Millionen Franken – mehr als das Fünffache der jährlichen Mitgliederbeiträge – hortet die Gewerkschaft in Form von Obligationen und Aktien. «Als Liquiditätsreserven für allfällige Sonderausgaben wie Arbeitskämpfe etc. werden ausreichend rasch veräusserbare Obligationen gehalten», steht im Geschäftsbericht 2020.

Zusammengezählt schrammt der Wert von Immobilien und Wertschriften mit 952 Millionen Franken nur knapp an der Milliardengrenze vorbei. Zählt man Hypothekarschulden und Abschreibungen ab, bleiben immer noch 487 Millionen.

Nicht mal die Mitglieder erhalten Einblick in die Konzernrechnung

Die Konzernrechnung ist einem überschaubaren Kreis vorbehalten. Sie wird nur in kleiner Auflage gedruckt, 129 Delegierte befinden jährlich darüber, an die 180'000 Mitglieder verschickt wird sie nicht.

Oft Tieflöhner, überweisen diese im Schnitt jährlich 320 Franken an die Gewerkschaftskasse. Dass ihre Zahlungsmoral leiden könnte, wenn sie von den enormen Reserven wüssten, glaubt Unia-Kommunikationschef Serge Gnos (49) nicht: «Die Mitglieder sind bei der Unia, weil sie wissen, dass wir stark und unabhängig sind. Sie erhalten eine reale Gegenleistung in Form guter GAV, guter Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und Rechtsschutz.»

Unia profitiert von den Leistungen ihrer Vorgängerorganisationen

Das Vermögen der Unia sei historisch gewachsen, betont Gnos. Den Grundstock brachten die Vorgängerorganisationen GBI, Smuv und VHTL ein. Ziel sei der langfristige Werterhalt, an schnellen Gewinnen sei die Unia nicht interessiert.

Anders als die politischen Gegner Economiesuisse und Arbeitgeberverband könne die Unia nicht kurzfristig die Mitglieder um Millionen angehen, sagt Gnos. «Das Kapital ist in der Regel auf der Seite des Kapitals. Unser Vermögen gehört hingegen unseren Mitgliedern. Es hilft uns, Arbeitskämpfe durchzustehen und den Beteiligten Streikgelder zu bezahlen.»

Die Reichtümer waren nicht mal der politischen Konkurrenz bekannt. «Wir wussten, dass die Unia viele Immobilien besitzt», sagt Bernhard Salzmann (41), stellvertretender Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV). «Aber dass sie über ein so grosses Vermögen verfügt und dieses als Kriegskasse für Streiks und Arbeitskämpfe verwendet werden soll, hat selbst uns überrascht.» Das Vermögen der Baumeister beträgt gerade mal 20 Millionen Franken. «Wir verstehen uns nicht als Kriegspartei und verfügen darum auch nicht über eine Kriegskasse», sagt Salzmann.

Bürgerliche Beobachter stören sich an der Heimlichtuerei der Linken: «Jede Ortspartei schafft mehr Transparenz über ihre Finanzen», sagt Peter Grünenfelder (54), Direktor der liberalen Stiftung Avenir Suisse, deren Jahresbudget 5,5 Millionen Franken beträgt und von der Wirtschaft finanziert wird. «Die gewerkschaftliche Dunkelkammer, wo Hunderte von Millionen gebunkert werden, muss nur schon aus demokratiepolitischen Gründen endlich ausgeleuchtet werden», fordert Grünenfelder.

Ohne Immo- und Finanzgewinne wäre die Unia pleite

Klar ist: Ohne ihre bis dato geheimen Reichtümer wäre die Unia nicht überlebensfähig. Sie dienen nicht nur als strategische Reserve, sie finanzieren auch den Gewerkschaftsapparat. Seit ihrer Gründung 2015 schloss die Unia betrieblich kein einziges Jahr mit schwarzen Zahlen ab. Wuchernde Personalkosten von zuletzt 115 Millionen Franken stürzen sie regelmässig in die Verlustzone. Über die Jahre läppert sich ein betriebliches Defizit von 188 Millionen Franken zusammen. Einzig die Immobilien- und Kapitalgewinne von gut 200 Millionen verhinderten die Pleite.

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