Die Raiffeisen-Bürolisten müssen nachsitzen. Die Erarbeitung des Geschäftsberichts für 2017 dauert drei Wochen länger als geplant. Ursprünglich hätte man ihn schon am Dienstag publizieren wollen. Jetzt wird es der 24. April, wie die Bank auf ihrer Internetseite schreibt.
Doch warum? Und was hat der gefallene Ex-CEO Pierin Vincenz (61) – er sitzt mittlerweile schon seit mehr als einem Monat in Zürcher U-Haft – damit zu tun?
Auf Nachfrage von BLICK heisst es bei der Bank: «Die jüngsten Veränderungen im Verwaltungsrat sowie die Ereignisse nach Bilanzstichtag erforderten eine inhaltliche Überarbeitung des Geschäftsberichts.» Mit weiteren Details will Raiffeisen auch auf wiederholte Nachfrage nicht rausrücken.
Auf jeden Fall dauert es keine drei Wochen, um in den Bericht zu schreiben, dass Johannes Rüegg-Stürm (57) im März als Verwaltungsratspräsident abgesägt wurde und sein Interims-Nachfolger Pascal Gantenbein (47) heisst.
Ganz schlau wird man aus den Erläuterungen der Bank also nicht.
Konsequenzen aus Finma-Verfahren?
Doch es gibt mögliche Erklärungen: Vielleicht muss das Raiffeisen-Personal den langen Abschnitt zur Corporate Governance (englisch für gute Geschäftsführung) anpassen. Hintergrund: Die Finanzmarktaufsicht (Finma) ermittelt wegen Versäumnissen in diesem Bereich gegen die Bank, wie letzten Herbst bekannt wurde. Zum Beispiel geht es darum, wie man die Beteiligungen von Vincenz nicht sehen konnte – oder nicht wollte?
Für diese Erklärung spricht, dass CEO Patrik Gisel (55) Anfang März ankündigte, man werde schon bald erste Ergebnisse der Finma-Untersuchung präsentieren. In der Regel ordnet diese dann Auflagen zur Anpassung der Organisation an.
Sie wären nicht die Ersten, die verzichten
Möglich ist aber auch, dass Raiffeisen nun dem Ex-Präsidenten Rüegg-Stürm seinen letzten Lohn von einer halben Million Franken zusammenstreicht. Beziehungsweise ihn zum Teilverzicht drängt, was aber nicht über Nacht geschehen würde. Rüegg-Stürm hätte die Vincenz-Machenschaften schliesslich sehen müssen!
Wäre ein solches Abschenken ein Novum? Nein. CS-Präsident Urs Rohner (58) verzichtet seit Jahren auf Teile seiner Einkünfte, weil die Bank so miese Zahlen schreibt. Raiffeisen hatte zwar 2017 mit über 900 Millionen Gewinn ein Rekordjahr. Dafür war das erste Quartal 2018 ein Desaster für den einstmals so guten Ruf.
Dies könnte – noch eine Möglichkeit für die Verspätung – auch CEO Gisel zum Lohnverzicht bewegen. Vorbild: Bei Ausbruch der Finanzkrise verzichtete der damalige UBS-CEO Marcel Ospel (68) auf 90 Prozent seines Lohnes. Nach der staatlichen Rettungsaktion für die Bank zahlte er 22 Millionen zurück.